Leitsatz

Wird nach einer Betriebsprüfung für Vorjahre ein für das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres maßgebender Wertansatz korrigiert, der sich auf die Höhe des Gewinns in einem bestandskräftig veranlagten Feststellungsbescheid eines Folgejahres auswirkt, so stellt dies ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung hinsichtlich des Feststellungsbescheids für das Folgejahr dar. Der Bilanzenzusammenhang ist in diesem Fall auch dann gewahrt, wenn das betreffende Folgejahr nicht unmittelbar an den Prüfungszeitraum der Betriebsprüfung anschließt und der Feststellungsbescheid für das zwischen dem Betriebsprüfungszeitraum und dem streitigen Folgejahr liegende Jahr nicht geändert worden ist. Die vierjährige Festsetzungsfrist zur Änderung des bestandskräftigen Feststellungsbescheids des Folgejahres beginnt in diesem Fall erst mit Bekanntgabe des aufgrund der Betriebsprüfung geänderten Feststellungsbescheids für die Vorjahre und nicht schon früher, etwa bei Erstellung des Betriebsprüfungsberichts.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Publikums-KG mit über 800 Beteiligten und erklärte in ihrer Feststellungserklärung für 1978 einen Verlust, der bestandskräftig veranlagt wurde. In der Zeit bis 1984 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 1972 bis 1976 statt. Durch die Betriebsprüfung änderten sich die Kapitalkonten der Treugebergesellschafter in dem Sinn, dass bisherige Verluste im Wesentlichen nicht anerkannt wurden. Wegen der veränderten Kapitalkonten der Treugeberkommanditisten zum 31.12.1976 erließ das Finanzamt im Jahr 1989 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid für 1978. Der Einspruch hiergegen blieb ohne Erfolg. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Änderungsbescheids vom 03.07.1989, da die Änderung des bestandskräftigen Feststellungsbescheids des Jahres 1978 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO unzulässig sei, weil die durch die Betriebsprüfung vorgenommene Bilanzberichtigung kein Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO sei. Nehme man dennoch ein Ereignis im Sinn dieser Vorschrift an, komme diesem Ereignis aber keine Rückwirkung zu. Selbst wenn man dies bejahe, sei das Ereignis mit Rückwirkung die Bilanzberichtigung, so dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei und daher der Feststellungsbescheid nicht mehr habe ergehen dürfen. Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

 

Entscheidung

Die Klage ist nicht begründet. Gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Diesbezüglich hat der BFH entschieden, dass für den Fall einer Korrektur eines für das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres maßgebenden Wertansatzes, der sich auf die Höhe des Gewinns eines Folgejahres auswirkt, ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung hinsichtlich der Veranlagung für das Folgejahr vorliegt (BFH, Urteil v. 19.8.1999, IV R 73/98, BStBl 2000 II S. 18). Daraus ergibt sich, dass die Änderung der Kapitalkonten des Jahres 1976 durch die Betriebsprüfung bezogen auf den bestandskräftigen Feststellungsbescheid für 1978 ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Feststellungsbescheids für 1978 war noch nicht Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Festsetzungsfrist für die Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO beginnt mit Ablauf des Jahres, in das das betreffende Ereignis fällt (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AO). Das Ereignis im Sinn dieser Vorschrift ist das geänderte Betriebsvermögen aufgrund der durch die BP geänderten Bilanzansätze in der Bilanz zum 31.12.1976. Dieser Vorgang wurde wirksam mit der Bekanntgabe des Änderungsbescheids für 1976 vom 13.12.1985. Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des 31.12.1985 und endete mit Ablauf des 31.12.1989 (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Da das Finanzamt vor diesem Zeitpunkt den angefochtenen Änderungsbescheid erlassen hat (am 3.7.1989), war Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

 

Hinweis

Das Urteil des FG Münchens überrascht nicht, da der BFH bereits entschieden hat, dass im Fall der Bilanzänderung bzw. Bilanzberichtigung eines der Vorjahre ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung hinsichtlich der Veranlagung für ein Folgejahr gegeben ist. Diese Rechtsprechung muss allerdings nicht immer zum Nachteil des Steuerpflichtigen gereichen, wie es im vorliegenden Sachverhalt der Fall war, sondern kann sich auch vorteilhaft für den Steuerpflichtigen auswirken.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 16.04.2002, 13 K 2597/92

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