Entscheidungsstichwort (Thema)

Korrektur eines Bilanzansatzes mit Auswirkung für das Folgejahr als Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung hinsichtlich des Folgejahres

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein für das Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres maßgebender Wertansatz korrigiert, der sich auf die Höhe des Gewinns eines Folgejahres auswirkt, so stellt dies ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung hinsichtlich der Veranlagung für das Folgejahr dar.

 

Normenkette

AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 4 Abs. 1 S. 1; DMBilG § 50 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz (Dok.-Nr. 0550061; EFG 1999, 158)

 

Tatbestand

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH & Co. KG, ist der An- und Verkauf von Grundstücken, die Erschließung von Baugelände, die Errichtung und der Verkauf von Wohnhäusern und Eigentumswohnungen sowie die Grundstücksverwaltung. Komplementärin der Klägerin ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen ist die B-GmbH. Kommanditisten der Klägerin waren Herr B sen. (SB) und sein Sohn, Herr B jun. (JB). JB übertrug seinen Kommanditanteil durch notariell beurkundeten Vertrag vom 23. Dezember 1989 mit Wirkung zum 31. Dezember 1989 auf seinen Vater. Dieser übertrug in einer weiteren notariellen Urkunde vom 23. Dezember 1989 --ebenfalls mit Wirkung zum 31. Dezember 1989-- seinen Kommanditanteil (einschließlich des auf ihn übergegangenen Anteils seines Sohnes) auf die Beigeladene, eine in der Rechtsform der GmbH geführte Beteiligungsgesellschaft, die dadurch neue alleinige Kommanditistin der Klägerin wurde. SB erhielt dafür keine Gesellschaftsrechte an der Beigeladenen.

Die Klägerin erklärte für das Jahr 1989 lediglich einen laufenden Gewinn, jedoch keinen Veräußerungsgewinn. Zu ihrem Umlaufvermögen gehörte seinerzeit unter anderem das Grundstück R, dessen Buchwert sich auf 247 997,75 DM belief. Dieses Grundstück wurde 1992 für 285 000 DM verkauft. Der sich daraus ergebende Gewinn in Höhe von 37 002,25 DM ging in die Gewinnermittlung für 1992 ein. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte den Gewinn der Klägerin für das Streitjahr (1992) erklärungsgemäß fest. Die Feststellung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Das BP-FA gelangte bei einer 1994 für die Jahre 1989 bis 1992 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung zu der Auffassung, daß SB durch die Übertragung seines Kommanditanteils an der Klägerin auf die Beigeladene einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 912 035 DM erzielt habe. Bei der Ermittlung der stillen Reserven ging es davon aus, daß der Buchwert des Grundstücks R im Zeitpunkt der Übertragung des Kommanditanteils dem Teilwert entsprochen habe. Für das Jahr 1992 ergab sich aufgrund der Betriebsprüfung eine zwischen den Beteiligten nicht strittige Gewinnerhöhung von 3 200 DM.

Das beklagte FA folgte den Ausführungen im Prüfungsbericht und erließ entsprechend geänderte Feststellungsbescheide für 1989 und 1992 vom 25. Januar 1995. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben. Die Klägerin legte lediglich gegen den geänderten Bescheid für 1989 Einspruch ein, mit dem sie sich gegen den Ansatz des Veräußerungsgewinns wandte. Mit Schreiben vom 10. Juli 1995 gab sie die Auffassung, ein Veräußerungsgewinn sei nicht entstanden, auf und beantragte, von um 432 558 DM höheren stillen Reserven des Vorratsvermögens auszugehen. Den Verkehrswert des Grundstücks R bezifferte sie dabei auf 278 400 DM. Das FA entsprach diesem Begehren durch einen erneut geänderten Bescheid für 1989 vom 26. September 1995, durch den der Veräußerungsgewinn heraufgesetzt wurde. Hierdurch erledigte sich das Rechtsbehelfsverfahren für 1989.

Die Klägerin gab am 19. Januar 1996 eine berichtigte Feststellungserklärung für 1992 ab, in der sie als Gewinn einen Betrag auswies, den sie um den Unterschiedsbetrag zwischen dem im Schreiben vom 10. Juli 1995 angesetzten Verkehrswert des Grundstücks R und dem insoweit bei der bisherigen Gewinnermittlung angesetzten Buchwert gemindert hatte. Das FA lehnte eine Änderung dieser Feststellung unter Hinweis auf fehlende Änderungsmöglichkeiten ab. Den dagegen von der Klägerin eingelegten Einspruch wies es als unbegründet zurück.

Die Klage hatte Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 158).

Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat das FA zu Recht verpflichtet, die Gewinnfeststellung für 1992 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) in der Weise zu ändern, daß als Buchwert des Grundstücks R der dem geänderten Feststellungsbescheid für 1989 vom 26. September 1995 zugrunde liegende Teilwert angesetzt wird.

1. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).

a) Ob die Korrektur des Wertansatzes für ein Wirtschaftsgut, das Teil des Betriebsvermögens am Schluß des Wirtschaftsjahres ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--), ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 für die Steuerfestsetzung eines Folgejahres darstellt, bei der sich der Wertansatz gewinnerhöhend oder -mindernd auswirkt, hat der Bundesfinanzhof (BFH) noch nicht entschieden (offengelassen im Beschluß vom 23. Juli 1997 X B 35/97, BFH/NV 1998, 182, und im Urteil vom 11. Februar 1998 I R 98/97, BFH/NV 1998, 1315). Es entspricht allerdings ständiger Rechtsprechung des BFH, daß insoweit eine Berichtigung nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) vom 16. Oktober 1934 möglich war (vgl. nur Senatsurteile vom 23. Januar 1958 IV 263/56 U, BFHE 66, 337, BStBl III 1958, 130, und vom 27. Juni 1968 IV R 238/67, BFHE 92, 363, BStBl II 1968, 583; ferner BFH-Urteil vom 7. Februar 1969 VI R 174/67, BFHE 95, 41, BStBl II 1969, 314, jeweils m.w.N.; vgl. auch Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs vom 19. November 1949 I 4/49, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, Kontrollratgesetz Nr. 12 Art. VIII, Rechtsspruch 8). Nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG war eine Steuerfestsetzung zu ändern, wenn ein Merkmal, dessen Vorliegen das Gesetz für die Steuerschuld, für die Steuerbefreiung, für eine Steuerermäßigung oder für eine sonstige Steuervergünstigung forderte, nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit wegfiel.

Auch der Reichsfinanzhof (RFH) hat hinsichtlich der gleichlautenden Vorgängervorschriften (§ 214 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung --RAO-- vom 13. Dezember 1919, § 225 Abs. 2 RAO vom 22. Mai 1931) angenommen, daß eine Folgeänderung vorzunehmen sei, wenn die Bilanz eines vorangegangenen Jahres aufgrund einer Neuveranlagung oder Berichtigung in der Weise geändert wird, daß sich ein höheres oder niedrigeres Endvermögen ergibt (Urteile vom 29. Januar 1930 VI A 1575/29, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1930, Nr. 353; vom 5. Februar 1930 VI A 113/30, RStBl 1930, 328; vom 18. Dezember 1930 VI A 2001/30, StuW 1931, Nr. 160, und vom 27. September 1933 I A 274/32, RStBl 1933, 1221). Zur Begründung hat er sich darauf bezogen, daß die Höhe des Vorjahresendvermögens nach dem in § 13 EStG 1925 enthaltenen Grundsatz der "Bilanzidentität" gleichzeitig das Anfangsvermögen des nächsten Jahres bilde und deshalb verfahrensrechtlich ein Tatbestandsmerkmal für die nächstjährige Gewinnberechnung darstelle, das durch die Neuveranlagung oder Berichtigung nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit entfalle und durch den geänderten Bilanzansatz ersetzt werde (RFH-Urteile vom 19. August 1931 VI A 441/30, RStBl 1931, 908, und vom 2. September 1931 VI A 1664/30, RStBl 1932, 159). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Rechtsprechung des BFH zu § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG als Grundlage für eine vom Prinzip des Bilanzenzusammenhangs geforderte Folgeänderung für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt (Beschluß vom 29. November 1974 1 BvR 80/74, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1975, 82).

b) Der Senat hält § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 für anwendbar, wenn sich --gleich, ob aufgrund einer Bilanzberichtigung, einer Bilanzänderung oder aufgrund anderer, nicht mit einer förmlichen Bilanzkorrektur verbundener Umstände-- das Vorjahresendvermögen (Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres, § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) ändert und diese Änderung Auswirkungen auf die Gewinnermittlung eines Folgejahres hat, für das eine bestandskräftige Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung vorliegt (gleicher Ansicht Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 4 Rz. 688; Wacker in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 4 EStG Rz. 334; Hoffmann in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., §§ 4, 5 EStG Rn. 574; Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 4 Rdnrn. C 126, C 217; Szymczak in Koch, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 175 Rz. 11; Kühn/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 17. Aufl., § 175 AO 1977 Bem. 3b; v. Wedelstädt, Der Betrieb --DB-- 1993, 1543, 1545; ders. in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 175 AO 1977 Rz. 52; von Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 175 AO 1977 Anm. 14b; Groh, DB 1998, 1931, 1933; Lauer, Die Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung, 108 f.; Woerner/Grube, Die Aufhebung und Änderung von Steuerverwaltungsakten, 8. Aufl., 130; ebenso für die Gliederungsrechnung i.S. des § 30 des Körperschaftsteuergesetzes BFH-Urteil vom 9. Oktober 1985 I R 193/84, BFHE 144, 565, BStBl II 1986, 93, unter 4. der Gründe).

Das nachträglich, d.h. nach Erlaß des Steuerbescheids eintretende Ereignis muß zu einer Änderung des Sachverhalts führen, den die Finanzbehörde bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat (so ausdrücklich § 156 Nr. 2 des Entwurfs einer Abgabenordnung --AO 1974--, BTDrucks VI/1982, 46 und 7/79, 47; vgl. auch den Bericht des Finanzausschusses, wonach durch die im Verhältnis zu § 156 Nr. 2 AO 1974 geänderte Fassung des § 175 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 der Fall erfaßt werden soll, daß "ein neuer Sachverhalt" hinzutritt, BTDrucks 7/4292, 34). Bei dem Ereignis muß es sich um einen Umstand handeln, den die Finanzbehörde bei der Steuerfestsetzung nicht berücksichtigen konnte, weil er --insbesondere bei einem künftigen Ereignis-- noch nicht bekannt oder nicht vorhersehbar war. Die Sachverhaltsbezogenheit dieses Merkmals schließt es somit aus, eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 vorzunehmen, wenn sich nur die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts geändert hat (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1988 II R 55/86, BFHE 154, 493, BStBl II 1989, 75).

Entgegen der Auffassung von Kruse (in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 175 AO 1977 Tz. 39) und Frotscher (in Schwarz, Abgabenordnung, § 173 Rz. 28) stellt die Korrektur eines Wertansatzes des Vorjahresendvermögens nicht lediglich eine andere rechtliche Beurteilung dar, sondern ein Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit, das sich auf den der Besteuerung für das Folgejahr zugrunde liegenden Sachverhalt auswirkt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Aus dieser Vorschrift, in der der Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs zum Ausdruck kommt, ergibt sich, daß bei der Gewinnermittlung des Folgejahres von dem Betriebsvermögen auszugehen ist, auf dem die Veranlagung des Vorjahres beruht, solange diese Veranlagung nicht geändert worden ist (BFH-Urteil vom 27. März 1962 I 136/60 S, BFHE 75, 10, BStBl III 1962, 273, und BFH-Beschluß vom 29. November 1965 GrS 1/65 S, BFHE 84, 392, BStBl III 1966, 142). Das Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ist daher materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal des Steueranspruchs für das Folgejahr (BFH-Urteil vom 28. April 1998 VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443; Schmidt/Heinicke, a.a.O.) und damit Teil des Sachverhalts, der (auch) dieser Steuerfestsetzung zugrunde liegt. Wird ein dafür relevanter Wertansatz korrigiert, so ist darin das rückwirkende Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 zu sehen (v. Wedelstädt, a.a.O.). Nur so wird verfahrensrechtlich gewährleistet, daß der zutreffende Totalgewinn den ihm gebührenden Vorrang vor dem zutreffenden Periodengewinn erhält. Daß sich der Sachverhalt, der Anlaß für die Korrektur des Wertansatzes ist, als solcher nicht ändert, ist nicht ausschlaggebend (a.A. Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 4 EStG Anm. 379). Unerheblich ist ferner, ob der Steuerpflichtige die Korrektur des Wertansatzes anregt bzw. beantragt oder ob sie gar Gegenstand einer sog. tatsächlichen Verständigung ist. Maßgeblich ist allein, daß es zur Korrektur kommt.

Hinzu kommt, daß durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 die Grundsätze des § 4 Abs. 2 und 3 StAnpG "verallgemeinert" werden sollten (BTDrucks VI/1982, 155, zu § 156 AO 1974; vgl. auch Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 175 AO 1977 Tz. 22). Dies spricht dafür, an der zu § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG ergangenen Rechtsprechung zu den verfahrensrechtlichen Folgen einer Korrektur eines bilanziellen Wertansatzes festzuhalten. Die Änderung der Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung für das Folgejahr stellt sich als Anpassung an das geänderte Ergebnis für das Vorjahr dar. Die Anpassung des Steuerbescheides an Umstände, die den ihm zugrunde liegenden Steueranspruch beeinflussen, ist aber Anliegen beider in § 175 AO 1977 geregelten Tatbestände. Der RFH (Urteil in RStBl II 1932, 159) hat deshalb zutreffend darauf hingewiesen, daß die sich durch die Korrektur eines für das Vorjahresendvermögen maßgebenden Wertansatzes ergebende Situation eine gewisse Ähnlichkeit mit derjenigen aufweist, die sich ergibt, wenn eine Steuerfestsetzung aufgrund eines Grundlagenbescheides zu ändern ist (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977). Die für eine Folgeänderung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 geltenden Grundsätze können daher ggf. sinngemäß herangezogen werden, wenn es darum geht, ob und mit welcher Maßgabe die Änderung einer Veranlagung, der das Vorjahresendvermögen zugrunde liegt, Anlaß für eine Änderung der Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung für ein Folgejahr gibt.

Gegen die Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 in einem Fall wie dem Streitfall spricht nicht, daß § 50 Abs. 3 des D-Markbilanzgesetzes --DMBilG-- (Inkrafttreten 1. Juli 1990, BStBl I 1991, 116) diese Rechtsfolge ausdrücklich vorsieht, allerdings nur für die Berichtigung von Wertansätzen nach § 36 DMBilG. Der Gesetzgeber hat diese Regelung "aus Gründen der Rechtssicherheit" vorgesehen (BTDrucks 11/7817, 97). Daraus kann nicht geschlossen werden, daß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 für vergleichbare Fälle außerhalb des Anwendungsbereichs des DMBilG nach Auffassung des Gesetzgebers nicht einschlägig ist. Die Materialien zum DMBilG lassen jedenfalls keine Gründe erkennen, die gegen eine Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 für diese Fälle sprechen.

2. Das FG hat danach das FA zu Recht verpflichtet, die Gewinnfeststellung für 1992 entsprechend der von der Klägerin vorgelegten berichtigten Feststellungserklärung zu ändern. Die Änderung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil --soweit ersichtlich-- der neue Wertansatz für das Grundstück R in den Bilanzen für 1989 bis 1991 bislang nicht nachvollzogen wurde, das Grundstück mithin in der Bilanz zum 31. Dezember 1991 mit dem ursprünglichen Buchwert angesetzt blieb, der der Gewinnermittlung für das Streitjahr zugrunde lag. Entscheidend ist allein, daß es zu einem neuen Wertansatz für dieses Grundstück gekommen ist und der materielle Bilanzenzusammenhang es gebietet, den berichtigten Wertansatz bei der Gewinnermittlung für das Streitjahr zugrunde zu legen (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 92, 363, BStBl II 1968, 583; Martens, StuW 1972, 193, 199). Die Änderung nur der Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung für das Jahr, in dem sich der geänderte Wertansatz auf die Höhe des Gewinns auswirkt, entspricht auch der verbreiteten Übung, im Anschluß an eine Betriebsprüfung eine Prüferbilanz nur für das letzte Prüfungsjahr zu erstellen.

3. Da sich die von der Klägerin begehrte Änderung jedenfalls auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 stützen läßt, kommt es nicht mehr darauf an, ob im Streitfall nicht auch die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 vorliegen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht nach § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, weil sie durch ihren Antrag, die Revision zurückzuweisen, kein eigenes Kostenrisiko i.S. von § 135 Abs. 3 FGO getragen und das Verfahren auch nicht durch selbständige, über das Vorbringen der Klägerin hinausgehende Ausführungen gefördert hat (vgl. BFH-Beschluß vom 10. August 1988 II B 138/87, BFHE 153, 519, BStBl II 1988, 842; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 139 Rz. 34).

 

Fundstellen

Haufe-Index 422569

BFH/NV 2000, 251

BStBl II 2000, 18

BFHE 2000, 5

BB 1999, 2601

BB 2000, 656

DB 1999, 2551

DStR 1999, 2030

DStRE 1999, 937

HFR 2000, 83

StE 1999, 768

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