BMF, 5.10.2006, IV B 4 - S 1341 - 38/06

Merkblatt für bilaterale oder multilaterale Vorabverständigungsverfahren auf der Grundlage der Doppelbesteuerungsabkommen zur Erteilung verbindlicher Vorabzusagen über Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen (sog. „Advance Pricing Agreements” – APAs)

1 Anlage

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für Vorabverständigungsverfahren nach den Doppelbesteuerungsabkommen zur Erteilung verbindlicher Vorabzusagen über Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen („Advance Pricing Agreements” – APAs) Folgendes:

 

1. Allgemeines

 

1.1 Zweck der Regelung

Dieses Schreiben betrifft das Verfahren für die Beantragung, die Prüfung und den Vollzug sowie die Wirkungen und die Durchführung von Vorabverständigungsverfahren nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zur Erteilung verbindlicher Vorabzusagen über Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen („Advance Pricing Agreement” – APA). Sein Zweck ist es, Unternehmen die Erlangung von APA zu erleichtern, ihre Rechte, Obliegenheiten und Pflichten im Vorabverständigungsverfahren und im Vorabzusageverfahren zu klären sowie die Behandlung von APA-Anträgen durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und die Finanzbehörden der Länder (gemeinsam: „Finanzbehörden”) zu regeln.

Die deutschen Finanzbehörden führen APA-Verfahren mit dem Ziel durch, Meinungsverschiedenheiten zwischen Steuerverwaltungen verschiedener Staaten und den Unternehmen über Verrechnungspreismethoden und eine dadurch drohende wirtschaftliche Doppelbelastung bzw. Doppelbesteuerung soweit möglich im Voraus einvernehmlich zu vermeiden. Durch APAs sollen mehr Rechtsicherheit für die Unternehmen sowie mehr Effizienz bei der Prüfung von Verrechnungspreisen erreicht werden. Die deutschen Finanzbehörden folgen damit der von der Mehrzahl der Industriestaaten geübten und von Seiten der OECD empfohlenen Praxis (Tz. 4.161 ff. OECD-Leitlinien 1995 [OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, Paris 1995]).

Dieses Schreiben ist entsprechend anzuwenden in Fällen von Vorabverständigungsverfahren zur fremdvergleichskonformen Gewinnaufteilung zwischen einem inländischen Unternehmen und dessen ausländischer Betriebsstätte und zur Gewinnermittlung inländischer Betriebsstätten ausländischer Unternehmen.

Soweit dieses Schreiben keine besonderen Regelungen enthält, gilt ergänzend das Merkblatt zum internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen (BStBl 2006 I S. 461).

 

1.2 Begriff des „APA”, Abgrenzung, Rechtsgrundlagen

Ein APA ist nach international verbreitetem Verständnis eine Vereinbarung zwischen einem oder mehreren Steuerpflichtigen und einer oder mehreren Steuerverwaltungen; es legt vor der Verwirklichung von Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Staaten eine dem Fremdvergleich entsprechende Verrechnungspreismethode zur Bestimmung von Verrechnungspreisen für bestimmte Geschäftsvorfälle in einem bestimmten Zeitraum fest (Tz. 2.2 und Tz. 2.4 Verwaltungsgrundsätze 1983, Tz. 3.4.10 Verwaltungsgrundsätze Verfahren, Tz. 4.124 OECD-Leitlinien 1995 [OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, Paris 1995], Tz. 3 der OECD-Leitlinien zur Durchführung von Advance Pricing Arrangements nach dem Verständigungsverfahren „MAP APA” [OECD, Transfer Pricing Guidelines, Anhang: Guidelines for Conducting Advance Pricing Arrangements Under the Mutual Agreement Procedure (”MAP APA”), S. AN 19 ff.]); daneben können auch weitere Kriterien für die Verrechnungspreisbestimmung, z.B. Ermittlung von Fremdvergleichswerten und Regeln für ihre Fortschreibung im APA-Zeitraum, sachgerechte Anpassungsrechnungen, sog. Gültigkeitsbedingungen im Hinblick auf künftige Ereignisse („Critical Assumptions”, Tz. 3.7), vereinbart werden.

Steuervereinbarungen zwischen einem Steuerpflichtigen und den deutschen Finanzbehörden sind nach deutschem Steuerrecht unzulässig. Statt dessen kann, soweit ein DBA anwendbar ist, das eine Klausel über das Verständigungs- und das Konsultationsverfahren entsprechend Art. 25 Abs. 1 und Abs. 3 OECD-Musterabkommen enthält, auf dieser Grundlage auf Antrag des Steuerpflichtigen („APA-Antrag”) eine Vorabverständigungsvereinbarung mit dem anderen Staat abgeschlossen werden (Tz. 4.10 und Tz. 4.42 OECD-Leitlinien 1995 [OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, Paris 1995]). Eine solche Vereinbarung ist für Deutschland bindend, d.h. sie ist mit dem vereinbarten Inhalt umzusetzen (Art. 25 Abs. 2 Satz 2 OECD-MA). Dies geschieht durch eine Vorabzusage gegenüber dem Steuerpflichtigen und durch entsprechende Steuerbescheide.

Beteiligte des Antragsverfahrens entsprechend Art. 25 OECD-Musterabkommen sind der Steuerpflichtige (Antragsteller) und das Bundeszentralamt für Steuern als „Zust...

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