Zahlungen ohne vorherige Steuerfestsetzung kommen insb. in den Fällen vor, in denen von einer möglichen Steuerhinterziehung auszugehen ist und die Steuerpflichtigen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Selbstanzeige bereits (teilweise) geschätzte Steuerbeträge entrichten. Die vorzeitige Zahlung wird dann i.d.R. von der Absicht getragen, die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige (§ 371 AO) einzuhalten.

Hier stellt sich dann schnell die Frage, ob die Finanzverwaltung in diesen Fällen gezwungen ist, innerhalb kürzester Zeit eine Steuerfestsetzung nachzuholen, um nicht wegen der Jahresfrist des § 171 Abs. 9 AO in die Verjährung zu laufen. Dieser Auslegung hat der BFH jedoch inzwischen deutlich widersprochen. In seiner Entscheidung vom 4.8.2020 (BFH v. 4.8.2020 – VIII R 39/18, BStBl. II 2022, 98 = AO-StB 2021, 15 (Steinhauff)) hat er ausgeführt, dass entscheidend für die Ablaufhemmung der Antrag des Steuerpflichtigen auf Erstattung der ohne Rechtsgrund gezahlten Steuer ist. Voraussetzung sei lediglich, dass der Anspruch vor Ablauf der Festsetzungsfrist entstanden ist.

Beraterhinweis Die Zahlung vor Erlass der Steuerbescheide führt also dazu, dass sich die Ablaufhemmung für die Festsetzung über die im § 171 Abs. 9 AO verankerte Jahresfrist hinaus auf unbestimmte Zeit verlängert. Das FA ist damit unter Umständen noch Jahre später in der Lage, entsprechende Steuerbescheide für eigentlich verjährte Jahre zu erlassen.

Was im Rahmen einer Selbstanzeige gilt, gilt natürlich auch bei einer Berichtigung nach § 153 AO, wenn der Steuerpflichtige vor Erlass der geänderten Steuerbescheide gezahlt hat und sich der formelle Erlass der Bescheide hinauszögert.

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