In einer Entscheidung vom 26.1.2017 bejahte der BGH dann plötzlich eine Haftung des Steuerberaters für Schäden aus einer Insolvenzverschleppung wegen mangelhafter Bilanzerstellung.[20]

Damit stellte er sich vollständig entgegen seiner vorstehend geschilderten bisherigen Rechtsprechung erstmals auf die Seite zahlreicher Stimmen aus der Literatur, die schon immer für eine Haftungsausweitung bezüglich des Steuerberaters kraft seines überlegenen Wissens gestimmt hatten.[21]

Erhebliche Erweiterung der Haftung von Steuerberatern: Die betreffende Entscheidung führt zu einer erheblichen Erweiterung der Haftung von Steuerberatern und geht von der Ansicht aus, dass den Steuerberater eine entsprechende Prüfungs- und Hinweispflicht gegenüber seinem Auftraggeber treffe,

  • wenn die – eine insolvenzrechtliche Gefahrenlage schaffenden – Umstände dem Steuerberater bekannt oder für ihn offenkundig seien bzw. sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung seines Mandats aufdrängen müssten und
  • wenn er zudem Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahrenlage, die sich aus der wirtschaftlichen Notlage des Unternehmens ergibt, nicht bewusst ist.

Beachten Sie: Eine solche Verpflichtung bestehe dabei eben gerade auch über den jeweils konkreten Mandatsgegenstand im Rahmen eines allgemeinen steuerrechtlichen Mandats hinaus.[22]

Pflichtverletzung bei Jahresabschlusserstellung: Der mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragte Steuerberater verstößt nach den in dieser Judikatur des BGH aufgestellten Grundsätzen gegen seine Verpflichtung aus dem der Erstellung des Jahresabschlusses zugrunde liegenden Mandatsvertrag, wenn er im Jahresabschluss Fortführungswerte ansetzt, obwohl dies wegen des Eintritts der Insolvenzreife gem. § 252 Abs. 1 HGB eben gerade nicht mehr zulässig ist. Ein entsprechender Jahresabschluss weist Mängel auf, die zur Haftung des Bilanzerstellers führen können.[23]

Beraterhinweis Aus dieser neuen BGH-Rechtsprechung ergibt sich mithin eine den Steuerberater bereits in seinem allgemeinen Beratungsmandat treffende Verpflichtung. Er hat Hinweisen auf solche Umstände aktiv nachzugehen, die auf eine Insolvenzreife des Unternehmens hindeuten. Solche Anhaltspunkte begründen für den Steuerberater eine über das Mandat hinausgehende Verpflichtung,

  • (gegebenenfalls in Abstimmung mit dem Mandanten) den zugrunde liegenden Sachverhalt weiter aufzuklären und
  • letztlich eine Entscheidung des Mandanten über eine mögliche Insolvenzantragstellung herbeizuführen.
[20] BGH v. 26.1.2017 – IX ZR 285/14, GmbH-StB 2017, 142 (Schwetlik) = GmbHR 2017, 348 = WM 2017, 383.
[21] Vgl. u.a. Hölzle, DStR 2003, 2075; Zugehör, DStR 2003, 1125; Schmittmann, ZInsO 2008, 1173.
[22] Pannen in Pannen/Riedemann/Smid, StaRUG Kommentar, 2021, § 102 Rz. 7.
[23] Den insoweit erweiterten Pflichtenkreis des Steuerberaters hat der BGH in folgenden Grundsätzen umrissen: "Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater ist verpflichtet zu prüfen, ob sich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten ergeben, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können. Hingegen ist er nicht verpflichtet, von sich aus eine Fortführungsprognose zu erstellen und die hierfür erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Eine Haftung des Steuerberaters setzt voraus, dass der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft objektiv zu Unrecht von Fortführungswerten ausgeht."

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