Rz. 70

Stand: EL 122 – ET: 05/2020

Hat der ArbG für rückständige LSt keine Anmeldung abgegeben und keine Pauschalbesteuerung beantragt, kann das FA die ausstehenden Steuerabzüge im Wege einer > Schätzung ermitteln und darüber einen Steuerbescheid (vgl § 155 AO) erlassen (> R 41a.1 Abs 4 Satz 3 LStR; im Einzelnen > Rz 70/1). Der nach § 41a Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG zu verwirklichende Anspruch auf Abführung der LSt, der Grundlage der Steuerfestsetzung ist, entsteht nämlich nicht erst mit der Abgabe einer LSt-Anmeldung, sondern bereits beim > Zufluss von Arbeitslohn (§ 38 Abs 2 Satz 2 EStG; vgl BFH 206, 562 = BStBl 2004 II, 1087; Thomas, DStR 1992, 837). Zur Konkurrenz zwischen Nachforderung beim Steuerschuldner oder beim Haftungsschuldner > Rz 72 ff.

 

Rz. 70/1

Stand: EL 122 – ET: 05/2020

Wie eine Gesamtschau der maßgebenden Regelungen verdeutlicht, ist die Festsetzung durch Steuerbescheid (vgl § 155 AO) nicht zwingend von einer Anmeldung abhängig. Für das LSt-Anmeldungsverfahren regelt das EStG zwar die Verpflichtung zur Steueranmeldung (vgl § 41a Abs 1 EStG), nicht aber die Festsetzung der nach Maßgabe der materiell-rechtlichen Vorschriften anzumeldenden Steuerabzüge, die der ArbG als Steuerschuldner (> Rz 66) auch dann zu entrichten hat, wenn er sie nicht vom Arbeitslohn einbehalten hat (> Lohnsteuer-Anmeldung Rz 4 f). Deshalb wird das FA in § 155 Abs 1 Satz 1 AO grundsätzlich zum Erlass eines Steuerbescheids – und nicht eines Haftungsbescheids – verpflichtet. § 168 AO vereinfacht lediglich die Bewältigung des Massenverfahrens, wenn eine Anmeldung tatsächlich abgegeben wird. Die LSt muss das FA zeitraumbezogen aber unabhängig davon festsetzen, ob der ArbG eine Anmeldung abgegeben hat oder einen Null-Betrag anmeldet. Hat ein ArbG dem FA überhaupt keine Anmeldung übermittelt, kann es die BMG schätzen und die darauf entfallenden Steuerabzugsbeträge festsetzen. Hat der ArbG einen bestimmten Betrag angemeldet, kann das FA die LSt gleichwohl anderweitig festsetzen, wenn die anzumeldende hinter der angemeldeten LSt zurückbleibt. Ebenso kann ein bereits angemeldeter und entsprechend festgesetzter Betrag vom FA anderweitig festgesetzt werden (> Rz 65 ff). Diese Rechtsfolgen sind die Gleichen wie bei einer Veranlagung, wenn der Stpfl keine Steuererklärung – eine solche ist die LSt-Anmeldung – abgibt.

 

Rz. 71

Stand: EL 122 – ET: 05/2020

Eine erstmalige Festsetzung von LSt bei Nichtabgabe der Anmeldung gilt als Festsetzung einer ‚abweichenden Steuer iSv § 155 Abs 1 Satz 1 AO. Ist ein solcher ohne > Vorbehalt der Nachprüfung ergangener > Steuerbescheid unanfechtbar geworden, kann das FA diese Festsetzung nicht mehr nach § 164 AO, sondern nur nach §§ 172ff AO ändern. Das kann zB Folgen haben, wenn der ArbG nach einer Steuerfestsetzung im Wege der > Schätzung durch das FA eine "berichtigte" Anmeldung mit geringeren Beträgen abgibt. Diese enthält einen Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung nach §§ 172ff AO (vgl FinMin NW vom 24.08.1994 – S-0339-VC2). Bei grobem > Verschulden kann der ArbG mit einer nachträglichen Anmeldung keine Berichtigung nach § 173 Abs 1 Nr 2 AO zu seinen Gunsten erreichen (> Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten Rz 14 ff [22, 23]).

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