Rz. 200

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Mit der Neufassung des OECD-MA im Jahr 2017 (> Rz 110) wurde auch die Regelung für Flug- und Schiffspersonal in Art 15 Abs 3 wesentlich geändert. Das Besteuerungsrecht für Einkünfte von ArbN in diesem Bereich soll danach ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zustehen, es sei denn, das Schiff oder Luftfahrzeug wird ausschließlich in dem anderen Vertragsstaat betrieben. Die Änderung wurde vorgenommen, um die Besteuerung zu vereinfachen. Gleichzeitig wurde mit der Formulierung die Binnenschifffahrt ausgenommen, die Definition des internationalen Verkehrs so modifiziert, dass darunter auch die Fälle zu subsumieren sind, bei denen die Geschäftsleitung sich in einem Drittland befindet, und außerdem geregelt, dass sie nur für ArbN gilt, die Mitglieder der regulären Besatzung sind. Im OECD-MK wird darauf hingewiesen, dass es Mitgliedstaaten gibt, die daran festhalten möchten, dass das Besteuerungsrecht dem Staat zugewiesen wird, in dem sich der Ort der Geschäftsleitung des Unternehmens befindet (> Rz 201 ff) bzw die sich für eine Lösung ausgesprochen haben, sowohl auf die Ansässigkeit des ArbN als auch auf die Geschäftsleitung abzustellen. Auch gibt es Überlegungen einiger Staaten, die Regelung des Art 15 Abs 3 OECD-MA nur dann anzuwenden, wenn der ArbN in einem der beiden Vertragsstaaten ansässig ist (wovon in den hiesigen Ausführungen aber ohnehin ausgegangen wird).

 

Rz. 201

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Bis zur Änderung des Art 15 Abs 3 OECD-MA im November 2017 (> Rz 200) sah dieses vor, dass Vergütungen der Besatzungsmitglieder an Bord eines Seeschiffs oder Luftfahrzeugs, das im internationalen Verkehr betrieben wird, oder an Bord eines Schiffs, das der Binnenschifffahrt dient, in dem Vertragsstaat besteuert werden können, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Diese respektive eine inhaltlich entsprechende Regelung findet sich in zahlreichen deutschen DBA und im deutschen Verhandlungsentwurf (> Rz 111).

Unter Unternehmen idS ist grundsätzlich das Unternehmen zu verstehen, das das Schiff betreibt. Je nach Ausgestaltung des DBA kann darunter aber auch das Unternehmen zu verstehen sein, das die Besatzung stellt (vgl EFG 2019, 1366 = IStR 2019, 865 – Rev, BFH I R 28/19, allerdings nach Beschluss vom 12.04.2022 Ruhen des Verfahrens). Dem entspricht, dass die Gehälter den Gewinn dieser Unternehmen zu Lasten eben dieses Geschäftsleitungsstaats mindern (Art 8 OECD-MA; > Rz 184). Weil sich die Tätigkeit von Schifffahrts- oder Luftfahrtunternehmens im internationalen Verkehr über eine Vielzahl von Staaten erstreckt, führt diese Regelung zu einer praxisgerechten Vereinfachung (vgl BFH 173, 53 = BStBl 1994 II, 218). Art 15 Abs 3 OECD-MA aF verstößt weder gegen das GG noch gegen EU-Recht (BFH/NV 2002, 1423) und ist lex specialis zu Art 15 Abs 1 und 2 OECD-MA (vgl BFH 182, 565 = BStBl 1997 II, 432; BFH/NV 2002, 478).

 

Rz. 202

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet sich dort, wo der gewöhnliche Geschäftsbetrieb abgewickelt und über organisatorische Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung des Unternehmens gehören, entschieden wird. Werden die laufenden Geschäfte von verschiedenen Personen an unterschiedlichen Orten ausgeübt, ist maßgebend, wo der überwiegende Anteil erledigt wird (BFH 184, 185 = BStBl 1998 II, 86; BFH/NV 2000, 300). Bei Unsicherheit ist eine > Tatsächliche Verständigung zulässig (BFH/NV 2013, 6).

 

Rz. 203

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Wird ein Seeschiff verchartert und erbringen sowohl der Charterer als auch der Vercharterer Frachtleistungen, hat der Vertragsstaat das Besteuerungsrecht für den > Arbeitslohn der Besatzungsmitglieder, in dem sich die tatsächliche Geschäftsleitung des Beförderungsunternehmens befindet, dessen Gewinn durch die Zahlung der Heuer geschmälert wird (BFH 177, 83 = BStBl 1995 II, 405). Der BFH fordert, dass das Unternehmen iSd Art 15 Abs 3 OECD-MA aF auch (wirtschaftlicher) Arbeitgeber der Besatzungsmitglieder iSd DBA (> Rz 158 ff) sein muss (BFH 182, 565 = BStBl 1997 II, 432; BFH/NV 2010, 1636 mwN). Zwar entspricht diese Forderung der möglicherweise beabsichtigten Korrespondenz von BA-Abzug und Gehaltsversteuerung (> Rz 184), sie spiegelt sich aber im Wortlaut des Art 15 Abs 3 OECD-MA aF (> Rz 201) nicht wider. Hinreichend dürfte uE deshalb sein, darauf abzustellen, dass das genannte Unternehmen dem auch in Art 8 OECD-MA genannten entspricht. Nicht auffangen lassen sich damit jedoch im internationalen Transportgewerbe häufig anzutreffende Gestaltungen der > Arbeitnehmerüberlassung (vgl zB BFH 173, 53 = BStBl 1994 II, 218; BFH/NV 2002, 478; Hilbert, DStR 2012, 7 [9]). Für diese gilt die Sonderregelung nicht; ergänzend > Rz 205.

 

Rz. 204

Stand: EL 131 – ET: 09/2022

Ist der Geschäftsleitungsstaat Deutschland, gehören die Bezüge der ArbN von Luftfahrtunternehmen zu > Inländische Einkünfte Rz 9 und können hier tatsächlich besteuert werden (> Fliegendes Personal Rz 16). Für die im > Inla...

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