Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer: Urlaubsabgeltungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch stellt keinen Schadensersatzanspruch dar. Er stellt vielmehr eine nachträgliche Lohnzahlung des Arbeitgebers dar.

2. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch für mehrere Jahre stellt keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dar.

 

Normenkette

EStG §§ 19, 34

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Urlaubsabgeltungsanspruch bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern ist.

Der inzwischen verstorbene ursprüngliche Kläger (im Folgenden: Kläger) war ab dem ... März 2015 arbeitsunfähig und später zu 100% schwerbehindert. Im September 2016 ging er in Rente. Seinen Urlaubsanspruch für die Jahre 2015 und 2016 konnte er aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht einlösen. Es handelte sich um 22 Tage für das Kalenderjahr 2015 und um 19 Tage für das Kalenderjahr 2016, d.h. insgesamt 41 Tage. Sein Arbeitgeber zahlte ihm als Urlaubsabgeltungsanspruch ... € (... € * 41 Tage) im Jahr 2016.

Mit Bescheid vom 14. September 2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2016 fest und berücksichtigte den Urlaubsabgeltungsanspruch dabei bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Kläger erhob am 11. Oktober 2017 Einspruch und führte zur Begründung aus: Er habe aufgrund seiner schweren Erkrankung bis zu seinem Renteneintritt im September 2016 seine Arbeit nicht wieder aufnehmen können. Daher habe sich sein Urlaubsanspruch in einen echten Schadensersatzanspruch gewandelt. Ein Schadensersatzanspruch sei nicht steuerbar. Es habe kein Lohnzufluss vorgelegen. Jedenfalls handele es sich um außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und der Urlaubsabgeltungsanspruch sei daher ermäßigt zu besteuern.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. März 2018 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung gab er an: Es liege kein echter Schadensersatz vor. Vielmehr habe der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Klägers vergütet. Es handele sich um einen sonstigen Bezug im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, weil die Zahlung ohne das Dienstverhältnis nicht erfolgt wäre.

Der Kläger hat am 16. April 2018 Klage beim Finanzgericht erhoben. Zur Begründung führt er aus: Nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. August 2015 (4 Sa 52/15) wandele sich der nicht genommene Urlaub des Arbeitnehmers in einen Schadensersatzanspruch um, der auf die Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist. Der Arbeitnehmer sei in solchen Fällen nach § 251 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu entschädigen. Schadensersatz sei ein nicht einkommensteuerbarer Vorgang und führe nicht zum Lohnzufluss. Allein der Umstand, dass eine Leistung des Arbeitgebers tatsächlich oder rechtlich im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehe, reiche nicht aus, um einen Lohnzufluss anzunehmen. Jedenfalls handele es sich um außerordentliche Einkünfte, die ermäßigt zu besteuern seien.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides für 2016 über die Einkommensteuer vom 14. September 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. März 2018 die Einkommensteuer auf ... € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend und vertiefend aus: Arbeitslohn seien alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer für eine Beschäftigung aus dem Dienstverhältnis zuflössen. Die Bezeichnung sei unerheblich. Die Vergütung für den Urlaub ergebe sich unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis. Es liege auch keine Entschädigung vor, weil die Zahlung nicht an die Stelle der bisherigen arbeitsvertraglichen Ansprüche trete.

Der Kläger ist am ... 2018 gestorben und nach Auskunft der Testamentsvollstreckerin sind die im Rubrum aufgeführten Stiftungen bzw. der dort genannte Verein zu gleichen Teilen Erben geworden.

Ergänzend wird Bezug auf die Rechtsbehelfsakte, die Gerichtsakte und das Protokoll des Erörterungstermins vom 30. Januar 2019 genommen, die dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung der Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung erklärt.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin im schriftlichen Verfahren ergehen, da die Beteiligten mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden waren, vgl. § 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben, vgl. § 90a Abs. 2 FGO.

II.

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Einkommensteuerbescheid 2016 vom 14. September 2017 und die Einspruchsentscheidung vom 14. März 2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 FGO. Zu Recht hat der Beklagte die Zahlung von ... € den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugerechnet. Es liegt weder ein nicht steuerbarer Schadensersatzanspruch vor (1.) noch hande...

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