Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungsbescheides vom 24. November 1992
Nachgehend
Tenor
Der Abrechnungsbescheid vom 24. November 1992 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 1. April 1993 werden aufgehoben.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger und der Beklagte je zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe jeweils des gegen den anderen Beteiligten zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls nicht der jeweils andere Beteiligte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger schuldeten dem Finanzamt gesamtschuldnerisch einen Teilbetrag der Einkommensteuer 1979 in Höhe von 203.365,54 DM. Durch Beschluß des Finanzgerichtes Berlin vom 17. September 1985 – VI 289/85 – wurde die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1979 in voller Höhe ausgesetzt.
Am 27. August und 19. Oktober 1992 rechnete der Beklagte mit seiner Forderung aus der Einkommensteuerfestsetzung 1979 gegen Erstattungsansprüche der Kläger zur Vermögensteuer 1989 bis 1992 sowie Zinserstattungsansprüche zur Vermögensteuer 1989 und 1990 (insgesamt 181.243,54 DM) und wegen verschiedener Säumniszuschläge (22.412,00 DM) auf. Dem widersprachen die Kläger mit Schreiben vom 26. Oktober 1992.
Der daraufhin vom Beklagten am 24. November 1992 erlassene Abrechnungsbescheid wies infolge der erklärten Aufrechnungen gegen die Erstattungsansprüche der Kläger ein zu erstattendes Restguthaben von 0,00 DM auf. Den gegen den Abrechnungsbescheid am 15. Dezember 1992 erhobenen Einspruch wies der Beklagte durch Entscheidung vom 1. April 1993 als unbegründet zurück und führte dazu aus, er sei zur Aufrechnung mit der weiterhin in der Vollziehung ausgesetzten Einkommensteuerforderung 1979 berechtigt gewesen, da die Voraussetzungen der Aufrechnung gemäß § 387 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB– vorgelegen hätten. Dem habe die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 1979 nicht entgegen gestanden, da die Aussetzung nicht die eingetretene Fälligkeit der Forderung des Beklagten beseitigt habe. Der Beklagte folgte damit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 17. September 1987 VII R 50–51/86 (Bundessteuerblatt – BStBl – II 1988, 366), in der sich der BFH mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob sich aus der Aussetzung der Vollziehung rechtliche Hindernisse für eine Aufrechnung ergeben.
Dagegen richtet sich die am 4. Mai 1993 erhobene Klage, mit der die Kläger weiterhin unter Hinweis auf den Beschluß des Finanzgerichts München vom 26. Januar 1989 – 3 V 4956/88 – in: Entscheidungen der Finanzgericht – EFG – 1989, 212 geltend machen, daß die erklärten Aufrechnungen unzulässig seien, da eine Aufrechnung als Vollziehung des dem Steueranspruch zugrundeliegenden Steuerbescheides verstanden werden müsse. Aus der systematischen Stellung der in der Abgabenordnung –AO– besonders geregelten Vorschrift der Aufrechnung (§ 226 AO) im 5. Teil, 1. Abschn., der die Verwirklichung, Fälligkeit und das Erlöschen von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis zum Gegenstand habe, ergebe sich, daß es sich bei der Aufrechnung um die Verwirklichung von Steueransprüchen handele. Die Verwirklichung werde aber wegen der im Abgabenrecht geltenden (und damit vom allgemeinen Verwaltungsrecht abweichenden) Regelung des § 218 Abs. 1 AO durch die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gehindert; Voraussetzung für die Verwirklichung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis sei danach neben dem Bestand des Verwaltungsaktes auch dessen Vollziehbarkeit.
Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
den Abrechnungsbescheid vom 24. November 1992 aufzuheben und den aufgerechneten Betrag über insgesamt 203.655,54 DM zu erstatten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die Gründe der Einspruchsentscheidung. Er ist der Ansicht, die Auffassung der Kläger stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BFH, wie sie sich auch den Beschlüssen vom 14. März 1990 (BFH/NV 1991, 172) und vom 26. Februar 1991 (BFH/NV 1992, 86) entnehmen lasse.
Dem Senat hat bei seiner Entscheidung ein Band der vom Beklagten für die Kläger zur Steuernummer … geführten Steuerakten zur Aufrechnung vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Soweit die Kläger die Aufhebung des Abrechnungsbescheides vom 24. November 1992 beantragen, ist die Klage zulässig. Der Antrag der Kläger bezieht sich nach Auffassung des Senats sinngemäß auch auf die im Klageschriftsatz erwähnte Einspruchsentscheidung. Die einmonatige Klagefrist nach § 47 Abs. 1 FGO ist gewahrt bei Zustellung der Einspruchsentscheidung vom 1. April 1993 gegen Empfangsbekenntnis am 5. April 1993 und Zugang der Klageschrift am 4. Mai 1993 bei Gericht.
Insowei...