Entscheidungsstichwort (Thema)

Einbehaltungs- und Abführungspflicht sowie Haftung des Arbeitgebers für die Kirchenlohnsteuer seiner Arbeitnehmer auch bei Pauschalbesteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Verpflichtung des Arbeitgebers, für seine Arbeitnehmer die Kirchenlohnsteuer einzubehalten und abzuführen sowie seine Haftung bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung verletzen auch für den Fall, daß der Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Aushilfskräften die Pauschalbesteuerung wählt und sodann seinerseits als Schuldner für die durch die Lohnzahlung an seine Arbeitnehmer ausgelöste Lohn- und Lohnkirchensteuer behandelt wird, keine Grundrechte des Arbeitgebers.

 

Normenkette

EStG 1975 §§ 40a, 42d; EStG 1969 § 38 Abs. 3; EStG 1961 § 42a; GG Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 6; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 4

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 20.06.1974; Aktenzeichen VI B 18/74)

FG Nürnberg (Urteil vom 15.12.1973; Aktenzeichen II 113/73)

 

Gründe

Die auf gesetzlicher Grundlage beruhende Verpflichtung des Arbeitgebers, für seine Arbeitnehmer die Kirchenlohnsteuer einzubehalten und abzuführen, sowie seine entsprechend § 38 Abs. 3 EStG 1969 (vgl. § 42 d EStG 1975) bestehende Haftung bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung verletzen nach ständiger Rechtsprechung keine Grundrechte des Arbeitgebers {vgl. zuletzt Nichtannahmebeschluß vom heutigen Tage 1 BvR 33/76). Das gilt im Ergebnis auch für den Fall, daß der Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Aushilfskräften die vereinfachte Pauschalbesteuerung wählt und sodann seinerseits als Schuldner für die durch die Lohnzahlung an seine Arbeitnehmer ausgelöste Lohn- und Lohnkirchensteuer behandelt wird (§ 42 a EStG 1961, § 40a EStG 1975 in Verbindung mit den jeweiligen kirchensteuerrechtlichen Bestimmungen, die durch einen geringeren Kirchensteuersatz dem Umstand Rechnung tragen, daß möglicherweise nicht alle Arbeitnehmer einer Kirche angehören). In seinem Grundrecht aus Art. 4 GG wird der andersgläubige Arbeitgeber durch diese Regelung schon deshalb nicht verletzt, weil er die Übernahme der Lohnkirchensteuer vermeiden kann, indem er das normale individuelle Besteuerungsverfahren durchführt; dabei wird in den Fällen, die Voraussetzung für eine Pauschalbesteuerung sind (Beschäftigung für kurze Zeit, von geringem Umfang oder gegen geringen Lohn), wegen der Möglichkeit eines Lohnsteuerjahresausgleichs im Ergebnis schwerlich eine höhere Steuerbelastung anfallen. In seiner Handlungsfreiheit wird der Arbeitgeber allerdings dadurch eingeschränkt, daß er die vereinfachte Pauschalbesteuerung nur unter gleichzeitiger Übernahme der mit dieser Vereinfachung verbundenen Kirchensteuerpauschale erreichen kann. Da aber einerseits die Vorteile dieser Vereinfachung gegenüber der normalen Individualbesteuerung nicht erheblich ins Gewicht fallen und da andererseits bei dieser Pauschalierung nur geringe Kirchensteuerbeträge anfallen (im vorliegenden Fall 6,83 DM für ein Quartal) und der Arbeitgeber diese nicht als persönliche Verpflichtung, sondern als Folge der Vereinfachung anstelle seiner Arbeitnehmer erbringt, kann diese Einschränkung nicht als verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG gewertet werden. Die Einschränkung wird zumindest durch die in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV gewährleistete Garantie einer ordnungsmäßigen Besteuerung (vgl. Beschluß vom 8. Februar 1977 – 1 BvR 329/71 u. a. –) für den Fall der vom Arbeitgeber selbst gewählten Pauschalierung gerechtfertigt.

Ob ein keiner steuerberechtigten Religionsgesellschaft angehöriger Arbeitnehmer seinerseits durch das Pauschsystem in seinen Grundrechten verletzt wird, weil er auf diese Weise – ohne daß er darauf Einfluß hätte – mittelbar zur Kirchenlohnsteuer herangezogen wird, steht hier nicht zur Entscheidung.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1641774

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