Rz. 2

Es gilt seit 2017 der Grundsatz, dass die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit ärztlich verordneten Leistungen durch Vereinbarungen der Selbstverwaltungspartner auf der regionalen KV-Ebene geprüft wird. Bei der Ausgestaltung der Prüfungen sind die Vertragspartner auf Landesebene grundsätzlich frei, müssen sich aber an die gesetzlichen Vorgaben in Abs. 1 sowie an die bundeseinheitlichen Rahmenvorgaben nach Abs. 2 halten. Die regionalen Vereinbarungen erstrecken sich auf Leistungen in allen Bereichen, die ab dem 1.1.2017 im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ärztlich verordnet werden. Dies gilt auch, wenn die ärztlichen Verordnungen im Rahmen der ambulanten oder belegärztlichen an Krankenhäusern erbrachten Leistungen erfolgen. Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfungen sind grundsätzlich auch die

  • verordneten Leistungen im Rahmen des Entlassmanagements nach § 39 i. V. m. § 40,
  • Verordnungen im Rahmen von Leistungen nach § 76, wenn die Versicherten ihr Recht auf freie Wahl unter den dort aufgeführten vertragsärztlichen Leistungserbringern wahrgenommen haben,
  • Verordnungen im Rahmen der ambulant-spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b durch vertragsärztliche Leistungserbringer oder nach § 108 zugelassene Krankenhäuser sowie
  • Verordnungen durch Hochschulambulanzen (§ 117), Psychiatrische Institutsambulanzen (§ 118), Sozialpädiatrische Zentren (§ 119), Einrichtungen der Behindertenhilfe (§ 119a), Verordnungen im Rahmen ambulanter Behandlung in stationären Pflegeeinrichtungen (§ 119b) und Verordnungen durch medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (§ 119c). Für diese Bereiche sind jeweils regionale Regelungen zur Datenlieferung und zum Kostenersatz zu treffen.

Die Vertragspartner von Selektivverträgen (vgl. §§ 63 bis 65 – Modellvorhaben, § 73b – Hausarztzentrierte Versorgung, § 137f – Disease-Management-Programme, § 140a – Besondere Versorgung) können die Prüfungsstellen nach § 106c mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung der im Rahmen von Selektivverträgen ärztlich verordneten Leistungen beauftragen.

Die Vorschrift bezieht sich auch auf die im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung verordneten zahnärztlichen Leistungen. Dies ergibt sich aus § 72 Abs. 1 Satz 2, nach dem sich die Vorschriften des Vierten Kapitels SGB V also die §§ 69 bis 140g, soweit sie sich auf Ärzte beziehen, entsprechend für Zahnärzte gelten, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist. In § 106b ist für Zahnärzte bzw. die vertragszahnärztliche Versorgung nichts Abweichendes bestimmt, sodass die durch Zahnärzte verordneten Leistungen grundsätzlich auch der Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen. Dass die Wortwahl der Vorschrift in erster Linie auf verordnete ärztliche Leistungen bezogen ist, hängt u. a. damit zusammen, dass in der Praxis die zahnärztlich verordneten Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, bezogen auf die Verordnungshäufigkeit (z. B. von Vertragszahnärzten ausgestellte Arzneiverordnungsblätter) und damit auch auf die Kosten, wesentlich geringer ausfallen als die ärztlich verordneten Leistungen.

Mit Wirkung zum 11.5.2019 sind im TSVG durch Beschluss des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss des Bundestages) die aufgetretenen Probleme bei saisonalen Grippeimpfstoffen (Influenzaimpfstoffe) angegangen worden (vgl. Abs. 1a), wenn ein vertragsärztlicher Leistungserbringer im Rahmen des verordneten Sprechstundenbedarfs z. B. mehr Impfdosen bestellt als Grippeschutzimpfungen durchgeführt hat. Zur Sicherstellung der Versorgung sollen die vertragsärztlichen Leistungserbringer künftig bei der Bestellung und Verordnung für den saisonalen Grippeschutzimpfstoff einen angemessenen Sicherheitszuschlag einkalkulieren können, ohne deswegen bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung etwaige Regressforderungen befürchten zu müssen. Die angemessene Überschreitung der bestellten Menge gilt nach Abs. 1a Satz 1 nicht als unwirtschaftlich. Nähere Feststellungen zur Angemessenheit des Zuschlags bleiben den regionalen Prüfvereinbarungen überlassen.

Mit Wirkung zum 23.5.2020 hat der Gesetzgeber aufgrund der COVID-19-Pandemie den für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung maßgebenden Überschreitungswert der bestellten Menge des Grippeimpfstoffs auf über 30 % gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen festgelegt (vgl. Abs. 1b Satz 2). Dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut aber nur für die Impfsaison 2020/2021 und bezieht sich auf die Verordnung der Grippeimpfstoffe in dieser Saison.

Die in Abs. 2 Satz 6 sowie in Abs. 3 Satz 1 vorgenommene Änderungen sind Folgeänderungen zur Neufassung des § 89, um nach der Gesetzesbegründung ein weitgehend einheitliches Schiedswesen zu verwirklichen. Das bedeutet für Abs. 2 Satz 6, falls die Rahmenvorgaben der Bundesebene nach Abs. 2 Satz 1 nicht termingerecht zustande kommen, dass das zuständige Bundesschiedsamt gemäß § 89 entscheidet. Wie aber später bei den Rahmenvorgaben ausgeführt wird, gibt es Rahmenvorgaben bisher nur für die ärztlich verordn...

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