Rz. 3

Wie sich schon aus der Überschrift der Norm entnehmen lässt, bestimmt Abs. 1 den notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen (s. zu Abgrenzungsfragen zum SGB II Behrend, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 4.3.2020, § 27b Rz. 18, 26 ff. m. w. N.). Der Gesetzeswortlaut differenziert zwischen dem notwendigen Lebensunterhalt in Einrichtungen generell (Abs. 1 HS 1) und dem notwendigen Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen (Abs. 1 HS 2 und Abs. 2).

 

Rz. 4

Als Reaktion auf die in Fachkreisen geäußerte Kritik (vgl. Rz. 2), die sich insbesondere an der Frage entzündete, nach welchem Maßstab der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen zu ermitteln sei, wurde ergänzend Satz 2 in Abs. 1 eingefügt. Danach wird aus Gründen der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen nunmehr entsprechend dem Umfang der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung definiert (vgl. BT-Drs. 15/3977 S. 4, 8). Maßgebend sind insoweit ausschließlich die Leistungen nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 (vgl. dazu die dortige Komm.). Mit der Einfügung des Wortes "stationären" in Abs. 1 Satz 2 soll klargestellt werden, dass der Umfang des notwendigen Lebensunterhalts in Einrichtungen nur bei stationären Einrichtungen die pauschalierten Unterkunftskosten umfasst (§ 42 Abs. 1 Nr. 2). Es soll ferner deutlich werden, dass es sich bei der Pauschale nicht um den tatsächlichen Grundsicherungsanspruch nach dem Vierten Kapitel handelt, sondern um einen bloßen Rechenbetrag (vgl. BT-Drs. 16/2711 S. 11). Dies entsprach bereits dem bisherigen Verständnis der Regelung (vgl. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl. 2006, § 35 Rz. 8). Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (vgl. Stellungnahme v. 10.10.2006 zum Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze) sieht durch die Klarstellung nicht alle Umsetzungsprobleme als behoben an (kritisch und zu Einzelproblemen vgl. z. B. Armborst, in: LPK-SGB XII, 11. Aufl. 2018, § 27b Rz. 4 ff.).

 

Rz. 5

In stationären Einrichtungen gehört zum notwendigen Lebensunterhalt zusätzlich noch der weitere notwendige Lebensunterhalt. Was zum weiteren notwendigen Lebensunterhalt gehört, bestimmt Abs. 2. Diese Grundsätze ergaben sich zuvor nur mittelbar aus § 21 bzw. § 27 Abs. 3 BSHG und wurden zur besseren Klarheit und Verständlichkeit mit Inkrafttreten des SGB XII ausformuliert (vgl. BT-Drs. 15/1514 S. 60).

 

Rz. 6

Was unter einer "Einrichtung" zu verstehen ist, ergibt sich aus § 13 Abs. 2 (früher § 97 Abs. 4 BSHG). Dementsprechend gilt Abs. 1 HS 2 bzw. Abs. 2 nicht für Einrichtungen, in denen ambulante bzw. teilstationäre Leistungen für die Berechtigten erbracht werden (vgl. BSG, Urteil v. 13.7.2010, B 8 SO 13/09 R, Rz. 13; s. auch oben Rz. 3).

 

Rz. 7

Gefangene in einer Justizvollzugsanstalt befinden sich unabhängig davon, ob es sich um Untersuchungs- oder Strafhaft handelt, nicht in einer Einrichtung i. S. v. Abs. 1 (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 7.5.2012, L 20 SO 55/12, Rz. 35 ff.; so schon zum § 21 Abs. 3 BSHG: BVerwG, Urteil v. 15.10.1976, V B 77/76, Rz. 4). Dort findet keine durch Betreuung, Behandlung oder Pflege geprägte Versorgung statt (Busse, in: juris-PK SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 4.3.2020, § 27b Rz. 27; Mrozynski, ZFSH/SGB 2009 S. 328). Etwas anderes gilt jedoch, wenn sich Straftäter im Rahmen einer Maßregel zur Besserung und Sicherung beispielsweise in einem psychiatrischen Krankenhaus aufhalten oder einer Entziehungskur unterziehen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 7.5.2012, L 20 SO 55/12, Rz. 35 ff.; so schon zu § 21 Abs. 3 BSHG: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 24.10.1978, VIII A 1669/75). Auf Untersuchungsgefangene ist § 27b Abs. 1 analog anzuwenden (BSG, Urteil v. 14.12.2017, B 8 SO 16/16).

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