Rz. 17

Nach dem Gesetzeswortlaut steht den Berechtigten ein angemessener Barbetrag zu. Die generelle (zu Ausnahmen vgl. Rz. 21 ff.) Untergrenze der Angemessenheit hat der Gesetzgeber für Volljährige in Abs. 2 Satz 2 konkret festgelegt. Danach belief sich der Barbetrag auf mindestens 26 % des Eckregelsatzes (§ 35 Abs. 2 Satz 2 in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung). Mit Wirkung zum 1.1.2007 wurde der Betrag um einen Prozentpunkt auf 27 % des Eckregelsatzes bzw. ab dem 1.1.2011 der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 (§ 27b Abs. 2 Satz 2) angehoben und ist seitdem unverändert geblieben (vgl. Rz. 1 f. und Rz. 19).

 

Rz. 18

Im Vergleich zu der Vorgängerregelung (§ 21 Abs. 3 Satz 2 BSHG) ist der Prozentsatz niedriger. Dies hängt ebenso wie bei § 30 mit der Neukonzeption der Regelsätze zusammen, aus der sich höhere Bezugsbeträge für den Prozentsatz ergeben. Eine Minderung des konkreten Barbetrages für den einzelnen Berechtigten beabsichtigte der Gesetzgeber hingegen nicht (BT-Drs. 15/1514 S. 61 zu § 36).

 

Rz. 19

Hintergrund für die Erhöhung des Prozentsatzes gegenüber der Ursprungsfassung des Abs. 2 Satz 2 ist ein Streit, der sich im ersten Jahr nach Inkrafttreten des SGB XII an der Frage entzündete, ob auch über den 31.12.2004 hinaus einmalige Hilfen für Heimbewohner insbesondere in Form einer Weihnachtsbeihilfe gewährt werden könnten. Diesbezüglich wurde in Anlehnung an obergerichtliche Entscheidungen in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung aus Bayern und Niedersachsen – gestützt auf den Wortlaut des Abs. 2 Satz 1 "insbesondere" – die Auffassung vertreten, einmalige Leistungen betreffend zusätzliche Aufwendungen für das Weihnachtsfest oder auch für Brillen könnten weiterhin gewährt werden (vgl. Niemann, NDV 2006 S. 35, 39 f. m. w. N.). Dem wurde weitgehend insbesondere durch die sozialgerichtliche Rechtsprechung mit der Begründung nicht gefolgt, dass derartige zusätzliche Bedarfe systematisch Bestandteil des Barbetrages nach Abs. 2 Satz 2 seien und deswegen nicht unter Abs. 2 Satz 1 fallen könnten (vgl. Baur/Mertins, NDV 2006 S. 179, 182; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 21.12.2005, L 20 B 66/05 SO ER; SG Duisburg, Urteil v. 26.2.2004, S 16 [32] SO 23/06; SG Düsseldorf, Urteil v. 13.3.2007, S 23 SO 35/06; SG Stuttgart, Urteil v. 27.9.2006, S 15 SO 843/06). Die Bemessung der Höhe des Barbetrages begegne im Übrigen keinen Bedenken.

 

Rz. 20

Auf die Auseinandersetzung hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich mit der beschriebenen Erhöhung des Mindestbarbetrags auf 27 % des Eckregelsatzes reagiert (vgl. BT-Drs. 16/3005 S. 14 zu Art. 1 Nr. 9b). Er hat damit wie bei den Hilfen außerhalb von Einrichtungen den Wegfall der Möglichkeit der Gewährung einmaliger Hilfen rechnerisch kompensiert und im Ergebnis die Problematik für die Zukunft geklärt. Da die Änderung des Abs. 2 Satz 2 nicht so zeitig in Kraft treten konnte, dass Heimbewohner die Leistungen für das Jahr 2006 im vollständigen Umfang erhielten, hat er diesbezüglich in § 133b eine eigenständige, zum 31.12.2010 aufgehobene Regelung getroffen. Danach erhielten Personen, die am 1.12.2006 einen Anspruch auf Leistungen nach Abs. 2 hatten, eine einmalige Weihnachtsbeihilfe in Einrichtungen für das Jahr 2006 i. H. v. mindestens 36,00 EUR.

 

Rz. 21

Reicht der sich aus Abs. 2 Satz 2 ergebende Mindestbetrag nicht aus, ist der Sozialhilfeträger unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles verpflichtet, ggf. einen höheren Barbetrag zu gewähren. Hierbei handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung (vgl. Scheider, in: Schellhorn/Holm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl. 2015, § 27b Rz. 28; Armborst, in: LPK-SGB XII, 11. Aufl. 2018, § 27b Rz. 10; a. A. noch Schoch, in: LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 21 Rz. 77, sowie VGH Hessen, Beschluss v. 17.10.2003, 10 TP 2353/03, Rz. 2 ff.), sondern um eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffes "angemessen" in Abs. 2 Satz 1. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat empfohlen, für Berechtigte, die sich in einer Erholungskur oder einem Sanatorium befinden, den Prozentsatz um etwa 1/3 zu erhöhen. Eine Erhöhung kann insbesondere in Betracht kommen, wenn aufgrund der Änderungen hinsichtlich der krankenversicherungsrechtlichen Absicherung von Berechtigten besonders hohe zusätzliche Aufwendungen für Gesundheitsleistungen anfallen (vgl. Schellhorn, NDV 2004 S. 167, 171 Fn. 21; Niemann, Sozialrecht aktuell 2003 S. 195, 197). Im Übrigen übernimmt der Träger der Sozialhilfe für Leistungsberechtigte nach Abs. 2 Satz 2 die jeweils von ihnen bis zur Belastungsgrenze (§ 62 SGB V) zu leistenden Zuzahlungen in Form eines ergänzenden Darlehens, sofern der Leistungsberechtigte nicht widerspricht (§ 37 Abs. 2 Satz 1); vgl. auch Komm. zu § 37.

 

Rz. 22

Für Berechtigte, die noch nicht volljährig sind, hat der Gesetzgeber (wie schon in § 21 Abs. 3 Satz 3 BSHG) die Festsetzung des Barbetrages auf die "zuständigen Landesbehörden" bzw. die "von ihnen bestimmten Stellen" übertragen. Es erscheint fraglich, ob diese Delegation d...

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