Unpünktliche Mietzahlungen: Wann darf der Vermieter kündigen?
Vermieter verklagte Mieter auf Räumung wegen unpünktlicher Mietzahlungen
Nachdem ein Mieter eine Miete von Juni 2022 trotz einiger Erinnerungen erst am 27.2.2024 zahlte, eine weitere Mietzahlung für April 2024 zunächst ausgeblieben und für Mai 2024 erst am 08.5.2024 auf dem Konto des Vermieters eingegangen war, kündigte dieser - nach seinem Vortrag – am 19.5.2024 den Mietvertrag. Der Mieter überwies die Miete für April am 21.5.2024. Im Anschluss daran verklagte der Vermieter ihn auf Räumung der Mietwohnung. Er warf seinem Mieter vor, dass er durch das dreimalige unpünktliche Bezahlen der Miete seine vertraglichen Pflichten erheblich verletzt habe.
Klausel im Mietvertrag stellte auf Eingang der Mietzahlungen ab
Dabei berief sich der Vermieter auf eine Klausel im Mietvertrag, wonach die Zahlung der Miete spätestens am 3. Werktag auf dem Konto des Vermieters hätte eingehen müssen. Nur dann wären sie rechtzeitig erfolgt.
AG Saarbrücken weist Räumungsklage des Vermieters ab
Das AG Saarbrücken wies die Räumungsklage des Vermieters ab (Urteil v. 12.2.2025 – 3 C 181/24).
Kein Nachweis des Zugangs der Kündigung
Das Gericht begründete das zunächst einmal damit, dass der Vermieter nicht bewiesen habe, dass der Mieter das Kündigungsschreiben erhalten habe.
Fehlender Kündigungsgrund
Darüber hinaus fehle es laut AG Saarbrücken materiellrechtlich an einem Kündigungsgrund durch eine nicht unerhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten des Mieters im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Berufung auf lange Zahlungsverzögerung verstieß gegen Treu und Glaube
Auf eine Pflichtverletzung durch die erstgenannte Zahlung der Miete könne sich der Mieter nach Treu und Glaube gem. § 242 BGB nicht mehr berufen, weil der Vermieter dies über einen längeren Zeitraum von 20 Monaten hingenommen habe, ohne über die Erinnerungen hinaus gegen den Mieter vorzugehen.
Weitere Zahlungsverzögerungen waren zu geringfügig
Die beiden übrigen Zahlungsverzögerungen von wenigen Tagen beziehungsweise drei Wochen seien als zu geringfügig im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB anzusehen, um die Beendigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. Diesbezüglich gab das Gericht auch zu bedenken, dass darüber hinaus keine weiteren Zahlungsverzögerungen eingetreten sind. Das vertragswidrige Verhalten sei demzufolge nicht fortgesetzt worden.
Klausel im Mietvertrag war unwirksam
In diesem Zusammenhang gab das Gericht zu bedenken, dass die Klausel im Mietvertrag unwirksam gewesen sei, da der Mieter durch die Klausel unangemessen benachteiligt werde im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB. Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel ist auf die gesetzliche Regelung des §556b BGB abzustellen, wonach der Mieter die Miete rechtzeitig entrichten muss. Folglich komme es hinsichtlich der geleisteten Mietzahlungen nicht auf den Zeitpunkt des Eingangs beim Vermieter an, sondern auf die Entrichtung durch den Mieter. Das ergebe sich daraus, dass der Mieter keinen Einfluss darauf habe, inwieweit es zu Verzögerungen im Überweisungsverkehr durch die Zahlungsdienstleister kommt. Dieses Risiko dürfe nicht dem Mieter auferlegt werden. Von daher reiche es, dass der Mieter bis zum dritten Werktag des Monats die Zahlung durch Erteilung des Überweisungsauftrags vornimmt.
Vermieter hätte abmahnen müssen
Schließlich hätte der Vermieter hier vor der Kündigung den Mieter wegen der wiederholt unpünktlichen Mietzahlungen abmahnen müssen. Eine solche Abmahnung war aber nicht erfolgt.
Klausel über Zahlungseingang der Miete ist laut BGH unwirksam
Dass das AG Saarbrücken die Klausel im Mietvertrag, wonach die Mietzahlungen am 3. Werktag beim Vermieter eingegangen sein müssen, für unwirksam erklärt hat, steht im Einklang mit einer Entscheidung des BGH (Urteil v.. 5.10.2016 - VIII ZR 222/15).
Unpünktliche Mietzahlungen können Kündigungsgrund sein
Inwieweit mehrere unpünktliche Mietzahlungen eine erhebliche Pflichtverletzung und somit einen Kündigungsgrund im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen können, hängt von einer Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter ab. Als Faustformel gilt, dass es bei einem Mietrückstand unterhalb einer Monatsmiete normalerweise an der Erheblichkeit fehlt (vgl. BGH, Urteil v. 10.10.2012 – VIII ZR 107/12). Etwas anders kann sich jedoch aus besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben, wie die Dauer der Verspätung und die Höhe des jeweiligen Betrages.
Beispiele aus der Rechtsprechung
Welche besonderen Umstände in Betracht kommen, bei denen auch bei kleineren Zahlungsrückständen von einer erheblichen Pflichtverletzung des Mieters auszugehen ist, wird an den folgenden Beispielen deutlich.
- In einem Fall hatte ein Mieter drei aufeinanderfolgende Mieten jeweils wenige Tage zu spät bezahlt. Hierzu entschied das AG Nürtingen, dass es an der Pflichtwidrigkeit gefehlt hatte (Urteil v. 15.2.2024 - 47 C 2084/23).
- Ebenso entschied das LG Berlin in einem Fall, in dem ein Mieter insgesamt 5 aufeinanderfolgende Monate die Miete geringfügig zu spät bezahlt hatte. Dabei hieß es, unpünktliche Mietzinszahlungen des Mieters rechtfertigen dessen Kündigung durch den Vermieter bei ansonsten beanstandungsfreiem Verlauf eines langjährigen Mietverhältnisses auch nach fruchtlosem Ausspruch einer Abmahnung zumindest dann nicht, wenn die Zahlungen mit lediglich geringer zeitlicher Verzögerung nach Fälligkeit beim Vermieter eingehen und das störende Zahlungsverhalten des Mieters insgesamt nur wenige Monate währt (Urteil v. 29.11.2016 – 67 S 329/16).
- Anders sah dies das AG Charlottenburg jedoch bei einem Mieter, der seine Miete über einen Zeitraum von 5 Monaten zum Teil erst nach ungefähr 3 Wochen bezahlt hatte. Zudem hatte der Mieter eine Erhöhung des Betriebskostenvorschusses erst 10 Monaten später entrichtet (Urteil v. 27.2.2013 – 214 C 257/12). Diese Rechtsaufassung wurde vom LG Berlin im Rahmen einer Kostenentscheidung über die die Rücknahme der Berufung durch den Kläger bestätigt (Beschluss v. 5.7.2013 – 18 S 104/13).
Fazit:
Aufgrund dieser Rechtsprechung können Vermieter nur schwer einschätzen, wann sie eine ordentliche Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlungen im Sinne des § 573 BGB wirksam aussprechen können. Das gilt gerade dann, wenn die Mitzahlungen über Monate nur wenige Tage verspätet erfolgen. Wichtig ist vor allem, den Eingang der Zahlungen genau zu überprüfen und zu dokumentieren. Ferner sollten sie vor der Kündigung eine Abmahnung aussprechen.
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