Legionellen: Wann dürfen Mieter die Miete mindern?

Das Amtsgericht Dresden hat zu der Frage Stellung genommen, wann ein Mieter bei Legionellen im Trinkwasser seine Miete mindern darf. Weshalb dieses Urteil juristisch bedenklich ist und was es bedeutet, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Räumungsklage sowie Zahlungsklage eines Vermieters

Nachdem der Mieter einer Mietwohnung im sechsten Stock eines Mehrfamilienhauses wegen Legionellenbefalls des Trinkwassers die Miete um etwa 20 bis 25 % der Bruttowarmmiete gemindert hatte, kündigte ihm der Vermieter wegen Zahlungsverzugs fristlos, hilfsweise ordentlich. Hiermit war der Mieter nicht einverstanden. Er berief sich darauf, dass die Trinkwasserversorgungsanlage mit Legionellen befallen war. Hierin liegt nach seiner Auffassung ein Mietmangel, weil die Legionellen-Konzentration im Trinkwasser den in der Trinkwasserverordnung in der vorangegangenen Fassung vom 21.05.2001 (TrinkwV 2001) festgelegten technischen Maßnahmewert von 100 koloniebildende Einheiten (KBE)/100 ml gem. § 7 Satz 1 Nr. 2 TrinkwV 2001 in Verbindung mit Anlage 3 Teil 2 der TrinkwV 2001 überschritten hatte. Im Rahmen von mehreren Messungen waren Werte zwischen maximal 2.800 KBE/100 ml und mindestens 200 KBE/100 ml festgestellt worden. Durch diese Legionellen-Konzentration sei seine Gesundheit gefährdet worden. Er habe deshalb unter fortwährenden Lungenbeschwerden gelitten. Der Vermieter war jedoch mit der Mietminderung nicht einverstanden und verklagte ihn auf Räumung der Mietwohnung und Nachzahlung der rückständigen Miete.

Was das Gericht zur Mietminderung wegen Legionellen entschieden hat

Das Amtsgericht Dresden gab der Klage des Vermieters größtenteils statt (AG Dresden, Urteil v. 16.02.2023 – 143 C 2593/22). Das begründete das Gericht damit, dass der Mieter mangels eines Mietmangels nicht zur Mietminderung berechtigt gewesen sei. Dies ergebe ich daraus, dass der durchschnittliche Mieter aufgrund der gemessenen Legionellen-Konzentration nicht in seiner Gesundheit gefährdet gewesen sei.

Kein Mietmangel allein wegen Überschreitung des TrinkwV-Wertes

Eine Überschreitung des Maßnahmewertes der Trinkwasserverordnung reicht nach Auffassung des Gerichts nicht aus, um von einer Gesundheitsgefährdung eines durchschnittlichen Mieters durch Legionellen Befall auszugehen.

Gesundheitsgefahr erst bei hoher Legionellen Konzentration

Erst bei einer Legionellen-Konzentration ab 10.000 KBE/100 ml im Trinkwasser könne von einer möglichen Gesundheitsgefahr ausgegangen werden. Das ergebe sich aus der Heranziehung der Handlungsanweisungen in dem Arbeitsblatt W 551 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGV). Anders sei die Situation eventuell dann, wenn für den Mieter dennoch eine konkrete Gesundheitsgefahr besteht. Hierfür habe der Mieter jedoch keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen.

Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Dresden ist mittlerweile rechtskräftig.

Einordnung dieser Entscheidung

Kritisch anzumerken ist, dass das Amtsgericht Dresden in seiner Entscheidung lediglich auf ein Urteil des Amtsgerichtes München (AG München, Urt. v. 25.06.2014 – 452 C 2212/14) zu sprechen kommt, das eine Gesundheitsgefährdung ebenfalls erst ab einer Legionellen Konzentration ab 10.000 KBE/100 ml annimmt. Unerwähnt hingegen bleibt, dass einige Gerichte das anders gesehen haben.

LG Berlin: 10 % Mietminderung wegen Überschreitung des TrinkwV-Wertes

So hat das Landgericht Berlin die Mietminderung eines Mieters in Höhe von 10 % wegen Legionellenbefalls als berechtigt angesehen, weil die festgestellte Legionellen-Konzentration von maximal 3.700 KBE/100 ml oberhalb des in der Trinkwasserverordnung festgelegten Grenzwertes von 100 KBE/100 ml gem. § 7 Satz 1 Nr. 2 TrinkwV 2001 in Verbindung mit Anlage 3 Teil 2 TrinkwV 2001 gelegen hat. Die Richter begründeten das damit, dass für die Feststellung eines Mangels nicht erforderlich ist, dass der Befall mit Legionellen wirklich zu einer Gesundheitsgefährdung des Mieters geführt hat. Vielmehr reiche es aus, dass eine Gefährdung seiner Gesundheit nicht ausgeschlossen werden kann. Davon sei auszugehen, wenn die begründete Besorgnis einer nicht nur unerheblichen Gesundheitsgefahr besteht. Diese liege bereits vor, wenn – wie hier – der Grenzwert in der Trinkwasserverordnung überschritten worden ist. Das Landgericht Berlin hat in seiner Entscheidung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. (LG Berlin, Urteil v. 17.6.2021, 67 S 17/21) Mittlerweile ist dieses Urteil rechtskräftig.

AG Köln: 20 % Mietminderung wegen Überschreitung des TrinkwV-Wertes

Ähnlich sah dies das Amtsgericht Köln, das bereits bei einer Kontamination des Trinkwassers mit einer Legionellen-Konzentration von über 100 KBE/100 ml bis zu unter 1.000 KBE/100 ml eine Mietminderung von 20% als gerechtfertigt angesehen hat. Das Gericht begründete das damit, dass hierdurch die Gesundheit des Mieters gefährdet wird (AG Köln, Urt. v. 15.05.2019 – 201 C 177/17). Diese Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.

Praxistipps:

Aufgrund dieser unklaren rechtlichen Situation sollten Mieter insbesondere bei einer Legionellen-Konzentration von unter 10.000 KBE/100 ml mit Mietkürzungen in Höhe der geltend gemachten Mietminderung vorsichtig sein, weil sonst eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges drohen kann. Wenn der Vermieter nach einer Mängelanzeige mit der Mietminderung nicht einverstanden ist, ist unter Umständen die Zahlung der vollständigen Miete ausdrücklich unter Vorbehalt und die Erhebung einer Feststellungsklage gegen den Vermieter sinnvoll.

Vermieter sollten einen Hinweis des Mieters auf einen möglichen Legionellenbefall ernst nehmen und entsprechende Messungen durchführen. Das ergibt sich daraus, dass sie als Betreiber ab dem 24. 6.2023 bereits ab einer Legionellen-Konzentration von 10.000 KBE/100 ml im Trinkwasser und nicht erst bei Überschreitung dieses Wertes umfangreiche Handlungspflichten haben. Der Gesetzgeber hat die Trinkwasserverordnung ab diesem Zeitpunkt verschärft (vgl. § 51 TrinkwV v. 20.6.2023). Darüber hinaus müssen sie damit rechnen, dass sich Mieter ab diesem Wert erfolgreich vor Gericht auf einen Mietmangel berufen können.


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