LG Karlsruhe Vereinbarung von Anwaltshonorar durch WEG-Verwaltung

Die Eigentümerversammlung kann der Verwalterin durch Beschluss nicht wirksam die Entscheidungskompetenz zum Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Anwalt für Beschlussklagen auf der Passivseite übertragen.

Das LG Karlsruhe hat sich zu der umstrittenen Frage positioniert, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft einer Verwalterin durch Beschluss die Befugnis zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit einem von der Verwalterin ausgewählten Anwalt übertragen kann. Das Gericht hat einen dementsprechenden, in einer Versammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft gefassten Beschluss für ungültig erklärt.

Kompetenz zum Abschluss von Honorarvereinbarungen auf Verwalter übertragen

Der im konkreten Fall in einer Wohnungseigentümerversammlung gefasste Beschluss hatte den Inhalt, dass die Verwalterin „zur Führung von Beschlussklagen auf der Passivseite (Auswahl eines Rechtsanwalts, Abschluss einer Honorarvereinbarung, Abstimmung der Strategie sowie zur Entscheidung über Rechtsmittel)“ befugt sei.

Wohnungseigentümerin klagte auf Ungültigkeit des Beschlusses

Die auf Ungültigkeit dieses Beschlusses klagende Wohnungseigentümerin hatte in der Berufungsinstanz ihre Klage auf die Feststellung der Ungültigkeit des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf die Ermächtigung der Verwalterin zum Abschluss von Honorarvereinbarungen mit einem Anwalt im Rahmen von Beschlussklagen beschränkt.

Kompetenzübertragung zu weitgehend

Diesem Antrag gab das LG im Berufungsverfahren statt. Der betreffende Beschluss, mit dem der Verwalterin die Entscheidungskompetenz zum Abschluss eine Honorarvereinbarung mit einem Anwalt für die Vertretung bei Beschlussklagen auf der Passivseite übertragen wurde, entspreche nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung.

Risikoerhöhung für Eigentümer durch Vergütungsvereinbarung

Das LG vertrat die Auffassung, dass bei Vergütungsvereinbarungen mit einem Anwalt zumindest die Bestimmung der Person des Anwalts in der Kompetenz der Eigentümerversammlung verbleiben müsse. Eine Vergütungsvereinbarung mit einem Anwalt könne zu einer erheblichen Kostenvermehrung eines Verfahrens führen. Neben einer Erhöhung der Vergütung im Vergleich zur gesetzlichen Gebühr - z. B. durch die Vereinbarung eines Zeithonorars - könne eine solche Vereinbarung u.a. die Konsequenz haben, dass auch im Fall ihres Obsiegens die Eigentümergemeinschaft die ihr entstandenen Kosten nicht vollständig von der Gegenseite erstattet erhält.

Kein Bedarf für Vergütungsvereinbarungen in Wohnungseigentumssachen

Das LG sah auch keinen praktischen Bedarf für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen in WEG-Sachen. In diesen Angelegenheiten seien auch die meisten Fachanwälte bereit, nach dem RVG abzurechnen. Der Abschluss einer Honorarvereinbarung sei daher nur dann sachlich zu rechtfertigen, wenn im konkreten Fall besondere Gründe für eine solche Vereinbarung vorlägen. Diese könnten z.B. in einer besonderen fachlichen Qualifikation des betreffenden Anwalts, in einem besonderen Vertrauensverhältnis der WEG zu diesem Anwalt oder in einer bereits erfolgten Vorbeauftragung des Anwalts in einer mit dem Verfahren zusammenhängenden Angelegenheit liegen.

Wohnungseigentümerversammlung muss Anwalt benennen

Die Berücksichtigung solcher besonderen Gründe für eine Honorarvereinbarung mit einem speziellen Anwalt fällt nach der Entscheidung des LG grundsätzlich in die Entscheidungskompetenz der Eigentümerversammlung. Es liege allein in deren Ermessen, einen bestimmten Anwalt in einer solchen Angelegenheit, gegebenenfalls unter Abschluss einer Honorarvereinbarung, zu beauftragen. Deshalb müsse der von der Eigentümergemeinschaft ausgewählte Anwalt in einem Beschluss, der die Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung ermächtigt, genannt werden oder zumindest daraus erkennbar sein, welche Anwaltskanzlei beauftragt werden soll.

Kompetenzübertragung für ungültig erklärt

Im Ergebnis besteht nach Auffassung des LG zwischen den Gründen zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung und der Person des beauftragten Anwalts ein unauflöslicher Zusammenhang. Deshalb könne die Entscheidung über den Abschluss einer Honorarvereinbarung ohne inhaltliche und/oder personelle Vorgaben nicht auf einen Verwalter delegiert werden. Da diese Voraussetzungen hier nicht gegeben waren, hat das Gericht den entsprechenden Beschluss für ungültig erklärt.

(LG Karlsruhe, Urteil v. 4.9.2023, 11 S 68/22)

Hintergrund:

Die Frage der Übertragbarkeit der Entscheidungskompetenz zum Abschluss von Honorarvereinbarungen mit Anwälten auf einen Verwalter ist nicht unumstritten (Bärmann, 15. Aufl., 2023, WEG, § 27 Rdnr. 180f). Der Abschluss einer solchen Vereinbarung gehört grundsätzlich nicht zu den einem Verwalter nach dem Gesetz obliegenden Aufgaben. Die Rechtsprechung folgt überwiegend der vom LG Karlsruhe vertretenen Auffassung, dass diese Entscheidungskompetenz nicht durch Eigentümerbeschluss auf den Verwalter übertragen werden kann. Nach Auffassung des LG München bedarf die Vereinbarung eines Zeithonorars mit einem Rechtsanwalt durch den Verwalter der ausdrücklichen Genehmigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (LG München I, Urteil v. 12.7.2017, 1 S 15254/16 WEG).

Nach BGH Kompetenzübertragung nur bei geringem finanziellem Risiko

In einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2021 hatte der BGH in einem anderen Zusammenhang (Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung) entschieden, dass die Wohnungseigentümer dem Verwalter über seine gesetzlich bestehenden Befugnisse hinaus durch Beschluss Kompetenzen nur in einem solchen Umfang übertragen dürfen, dass das daraus erwachsende finanzielle Risiko für den einzelnen Wohnungseigentümer begrenzt und überschaubar bleibt (BGH, Urteil v. 11.6.2021, V ZR 215/20).