Silvester-Feuerwerk - Dauerbrenner oder aussterbende Tradition

Geht die mehr als 1000-jährige Geschichte des Feuerwerks mit dem Corona-Jahreswechsel zu Ende? Unter dem Stichwort Silvester 2.0 trommeln Umweltverbände, Tier- und Gesundheitsschützer für ein Ende des alten Brauchs. Dies Jahr verstummte es nur Corona-bedingt, doch wie geht es weiter?

Was eigentlich bezeichnet genau der Begriff „Pyrotechnik“? Antwort: Der Begriff stammt aus dem Griechischen und ist zusammengesetzt aus den Begriffen „Pyr“ für Feuer und „techne“ für Kunst, bedeutet also Feuerkunst. Die Kunst, mit dem Feuer Feinde und böse Geister zu vertreiben, aber auch Freude und Unterhaltung zu besonderen Anlässen zu generieren.

Erfunden haben das Feierwerk die Chinesen

Was befindet sich in fast jedem Feuerwerkskörper? Schwarzpulver! Wer hat es erfunden? Die Chinesen - und zwar im sechsten oder siebten Jahrhundert n. Chr. Wahrscheinlich war das Schwarzpulver ein Zufallsprodukt als taoistische Mönche den Wunsch des chinesischen Kaisers nach der Erfindung eines Elixiers erfüllen wollten, das dem Kaiser Unsterblichkeit verleiht. Eine Mixtur aus Kohle, Schwefel und Salpeter sollte zum gewünschten Erfolg führen. Die Wirkung des explosiven Pulvers war allerdings weniger lebenserhaltender als eher zerstörerischer Natur.

Pyrotechnik schon in der Antike als Mittel der Kriegsführung

Die Geschichte des Feuerwehrkörpers war damit eingeleitet, zunächst allerdings eher zur Vertreibung böser Geister und nicht zuletzt zu kriegerischen Zwecken. In Europa waren ähnliche Techniken allerdings auch schon früher bekannt. Schon im peloponnesischen Krieg (431-404 v. Chr.) soll Pyrotechnik zur Kriegsführung eingesetzt worden sein, um feindliche Kriegsschiffe in Brand zu stecken. Damals arbeitete man noch mit einem Gemisch aus Schwefel, Pech, Weihrauch und Krienspänen, das allerdings deutlich geringere Effekte als das spätere Schwarzpulver erzeugte. Die Geschichte, der Alchemist und Franziskanerpater Berthold Schwarz aus Freiburg i. Br. habe das Schwarzpulver im 14. Jahrhundert erfunden, ist wohl eher eine Legende. Ein Denkmal hat der Franziskanerbruder in Freiburg vor dem dortigen Rathaus aber heute noch.

Erste „Lustfeuerwerke“ auf deutschem Boden nach 1500

Seinen Weg nach Europa fand das Schwarzpulver wohl im 14. Jahrhundert mithilfe arabischer Händler. Hier diente es tatsächlich zunächst eher Vergnügungszwecken. Fürsten und Könige, die auf sich hielten, unterhielten ihre Gäste bei besonderen Festen und Feierlichkeiten mit in den Himmel geschossenen bunten Bildern. Besonders italienische Feuerwerker trieben die Feuerwerkskunst zu immer neuer Perfektion. Das erste Feuerwerk soll in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Florenz als „LustfeuerwerkHöhepunkt des dortigen Johannis-Festes gewesen sein. Im Jahr 1506 soll in Konstanz erstmals auf deutschem Boden ein großes Feuerwerk zu Ehren des Kaisers Maximilian I stattgefunden haben.

Verbreitung des Feuerwerks in der Normalbevölkerung seit 200 Jahren

Erst im 19. Jahrhundert fanden Feuerwerke mehr und mehr Verbreitung auch beim gemeinen Publikum. Schnell verbreiteten sich prächtige Feuerwerksvorführungen an Silvester und zu anderen besonderen Anlässen in den europäischen Hauptstädten. Bis heute ist das öffentliche, staatlich organisierte Feuerwerk in vielen europäischen Hauptstädten üblich, so in Paris und London.

Das „freie und wilde“, vom Volk gezündete Feuerwerk hat sich lediglich in einigen Ländern durchgesetzt, nachdem die ersten Feuerwerkskörper Anfang des 20. Jahrhunderts im freien Verkauf auftauchten. Besonders die Deutschen fanden besonderen Gefallen am freien Feuerwerk auf den Plätzen und in den Straßen der Städte.

China ist der weltweit größte Hersteller von Feuerwerkskörpern

Das Volk, das das Feuerwerk wahrscheinlich erfunden hat, ist bis heute der größte Produzent von Feuerwerkskörpern, China. Aber auch in Europa werden Feuerwerkskörper produziert. Traditionell dürfen Feuerwerkskörper in Deutschland nur an den letzten drei Werktagen im Jahr verkauft werden.

Dies ist in diesem Jahr zum ersten Mal anders. Deutschlandweit herrscht ein totales Verkaufsverbot vor Silvester. Dies schafft für die Pyrotechnikhändler Probleme. Noch Ende November haben Bund und Länder grünes Licht für die Feuerwerksknallerei zum Jahreswechsel in Aussicht gestellt. Die Einzelhändler haben daher die Ware entsprechend geordert. Nun liegt sie unverkäuflich in den Lagern. Der größte deutsche Hersteller von Pyrotechnik „Weco“ befürchtet die Pleite einer gesamten Branche.

Komplettes Aus für Silvesterfeuerwerk in den Niederlanden

Noch weiter als Deutschland gehen die Niederlande. Als erstes Land Europas haben sie ein vollständiges Feuerwerksverbot zu Silvester ausgesprochen. Raketen und Böller dürfen weder gekauft noch gezündet werden. Begründung: Entlastung des Gesundheitssystems. Zum Jahreswechsel 2019/2020 mussten in den Niederlanden 385 Menschen in den Notaufnahmen von Krankenhäusern wegen Verletzungen durch Feuerwerkskörper behandelt werden, ca. 900 Personen wurden nach Verletzungen von ihren Hausärzten behandelt, 168 Personen erlitten Augenverletzungen.

Solche Verhältnisse wären nach Auffassung führender Politiker in diesem Jahr in den Niederlanden infolge der coronabedingten Auslastung des Gesundheitssystems nicht zu verkraften. Auch in den Niederlanden ist - wie in Deutschland - völlig unklar, wo und wie die bereits in den Niederlanden befindlichen, nun unverkäuflichen Feuerwerkskörper gelagert werden sollen.

Corona bremst Silvesterfeuerwerkstradition aus

Im Coronazeiten ist auch in Deutschland das Abbrennen und Zünden von Feuerwerken - jedenfalls unter Bildung größerer Menschenansammlungen - unerwünscht bzw. teilweise untersagt. Bundesweit besteht hinsichtlich des Silvesterfeuerwerks ein Flickenteppich an Regelwerken. Bundesweit einheitlich ist nur das Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper in der Silvesterzeit. In Hamburg und Baden-Württemberg ist das Silvesterfeuerwerk komplett verboten. In Bayern besteht eine nächtliche Ausgangssperre, so dass das Abbrennen von Feuerwerk nur auf privaten Grundstücken möglich ist. In den übrigen Bundesländern ist in den meisten Städten das Abbrennen eines Feuerwerks lediglich auf publikumsträchtigen Plätzen und Straßen und in größeren Menschenansammlungen untersagt.

Auch die Rechtsprechung ist nicht ganz einheitlich

So uneinheitlich wie die Einschätzung der Politik stellt sich auch die Haltung der Oberverwaltungsgerichte zur Feuerwerksproblematik in Coronazeiten dar. So hat das OVG Berlin-Brandenburg das von Bundesinnenminister Horst Seehofer im Verordnungswege verhängte bundesweite Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern vor Silvester zumindest vorläufig gebilligt und entsprechende Eilanträge von Pyrotechnikherstellern auf Außervollzugsetzung des Verbots im Hinblick auf das wichtige Ziel der Entlastung der coronabedingt angespannten Lage der Krankenhäuser abgewiesen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 28.12.2020, 11 S 134.20).

OVG Lüneburg zeigt Verständnis für Feuerwerksliebhaber

Das OVG Lüneburg hatte demgegenüber kurz zuvor das komplette, flächendeckende Verbot für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern für das Land Niedersachsen gekippt, weil es zu undifferenziert und zu pauschal flächendeckend über das ganze Land Niedersachsen verhängt wurde. Das Gericht setzte das niedersächsische Verbot vorläufig außer Vollzug (OVG Lüneburg, Beschluss v. 18.12.2020 20, 13 MN 568/20.)

Umweltverbände wollen Feuerwerkstradition endgültig den Garaus machen

Seit Jahren üben verschiedene Verbände wie Umweltschützer Kritik an den ihrer Meinung nach ausufernden Silvesterfeuerwerken. Die Belastung der Umwelt durch Feinstaub, aber auch die Belastung der Tierwelt durch die laute Knallerei und nicht zuletzt die Gefährdung von Bauwerken seien gewichtige Argumente gegen die übliche Jahresabschlussknallerei. Die DUH beziffert die Feinstaubbelastung in einer normalen Silvesternacht in Deutschland auf 5.000 t innerhalb weniger Stunden. Nach einem Forschungsergebnis des Max-Planck-Instituts sind dieser Wert und die damit verbundenen Befürchtungen für die Gesundheit aber deutlich überzogen. Dennoch haben einige große Handelsketten, wie die Baumarktkette Hornbach, aber auch Einzelhandelsketten wie REWE und Edeka reagiert und wollen auch in künftigen Jahren keine Pyrotechnik mehr anbieten. Ob damit die traditionsreiche Geschichte des Silvesterfeuerwerks in Deutschland tatsächlich zu Ende geht, bleibt abzuwarten.

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