Das OLG (Oberlandesgericht) Frankfurt hatte sich zum wiederholten Male mit einem Fall zu befassen, in dem ein Lebensmittelanbieter einem von ihm angebotenen Produkt positive Effekte nach übermäßigem Alkoholkonsum (Anti-Kater) zugesprochen hat.
„Mineralstoff-Tabletten Anti-Kater“
Der Verbraucherschutzverband „Wettbewerbszentrale“ hatte den Verantwortlichen einer in eine Handelsplattform integrierten Verkaufsplattform gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen. Gegenstand der Klage war die Bewerbung des Produkts als „Mineralstoff-Tabletten Anti-Kater“.
Lebensmittelwerbung mit „Anti-Kater“ verstößt gegen EU-Recht
Das OLG bewertete die Bewerbung der Mineralstofftablette mit der Angabe „Anti-Kater“ als Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 Abs. 3 Nr. 39 UKlaG in Verbindung mit Art.7 Abs. 3 LMIV (EU-Lebensmittelinformationsverordnung, EU-VO Nr. 1169/2011). Art. 7 Abs. 1 LMIV enthält das grundsätzliche Verbot, einem Lebensmittel Eigenschaften der „Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit“ zuzuschreiben oder den Eindruck einer solchen Eigenschaft zu erwecken. Die EU-VO verwendet einen weiten Lebensmittelbegriff und definiert Lebensmittel als Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie von Menschen aufgenommen werden.
Mineralstoff-Tabletten sind keine Arznei-, sondern Lebensmittel
Nach dieser Definition bewertete der Senat die Mineralstofftablette als Lebensmittel im Sinne der Verordnung. Ebenso sind nach Auffassung des Senats die Symptome eines Katers nach übermäßigem Alkoholgenuss als Krankheit einzustufen. Der Begriff der Krankheit des Art. 7 Abs. 1 LMIV sei ebenso wie der Lebensmittelbegriff nach Sinn und Zweck des Gesetzes weit auszulegen. Die Verordnung wolle der Gefahr begegnen, dass Lebensmittel als Arzneimittelersatz angesehen und ohne zureichende Aufklärung zur Selbstbehandlung eingesetzt werden.
„Anti-Kater“ ist auch unzulässige gesundheitsbezogene Angabe
Daneben erfüllt die Werbeaussage „Anti-Kater“ nach der Bewertung des Gerichts den Begriff einer gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 5 Nr. 5 HCVO (Health-Claims-Verordnung, EG-VO Nr. 1924/2006). Der Begriff stelle in unzulässiger Weise einen Zusammenhang zwischen dem beworbenen Lebensmittel und der Gesundheit des Nutzers her. Das Suggerieren eines solchen Zusammenhangs sei nach § 10 Abs. 1 HCVO verboten. Zwar lasse Art. 13, 14 HCVO in der Vorschrift enumerativ aufgeführte Ausnahmen ausdrücklich zu, der Begriff „Anti-Kater“ gehöre aber nicht dazu.
Unterlassungsklage erfolgreich
Da die Beklagte in der angesetzten mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, verurteilte das OLG das beklagte Unternehmen antragsgemäß durch Versäumnisurteil zur Unterlassung der beanstandeten Werbeaussage sowie zur Zahlung einer Abmahnkostenpauschale in Höhe von 350 EUR gemäß § 15 UklG i.V.m. Art. 13 Abs. 3 UWG.
(OLG Frankfurt, Versäumnisurteil v. 14.11.2024, Ukl 1/24)
Hintergrund:
Mit seiner aktuellen Entscheidung setzt das OLG seine bisherige Rechtsprechung zur zulässigen Bewerbung von Lebensmitteln fort. Bereits im Jahr 2019 hatte das Gericht die Bewerbung eines Getränks mit dem Zusatz „Anti-Hangover-Shot“ und der Werbeaussage „Natürlich bei Kater“ als unzulässig eingestuft (OLG Frankfurt, Urteil v. 12.9.2019, 6 U 114/18)