Eskalation eines Streits um reservierte Saunaliege


Eskalation eines Streits um reservierte Saunaliege

7.900 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld nach Schlägerei um eine mit einem Handtuch bzw. einem Bademantel reservierte Liege im Saunabereich eines Luxushotels.

Nicht nur in europäischen Reiseländern sind deutsche Reisegäste wegen ihrer Angewohnheit gefürchtet, rund um Swimmingpools Liegen mit einem Handtuch zu belegen, um dadurch eine Reservierung anzuzeigen und andere Gäste von der Nutzung der reservierten Liege abzuhalten. Auf diese Weise sind viele der bereitgestellten Liegen häufig stundenlang reserviert, ohne tatsächlich benutzt zu werden.

2 Liegen mit Bademantel und Handtuch reserviert

In einem vom LG Nürnberg-Fürth entschiedenen Fall hatte der Streit um eine mit einem Handtuch reservierte Liege im Saunabereich eines Luxushotels körperliche und juristische Folgen. Der Beklagte hatte dort 2 Liegen für sich und seine Partnerin mit einem Bademantel und einem Handtuch belegt, um dadurch den übrigen Gästen zu signalisieren: Diese Liegen sind reserviert und stehen nicht mehr zur allgemeinen Verfügung.

Hotelgast akzeptierte die Reservierungsmethode nicht

Der Kläger – ebenfalls ein Hotelgast – fand diese Vorgehensweise absolut unangemessen und war nicht bereit, die Reservierung zu akzeptieren. Er entfernte deshalb die Badeutensilien von einer der reservierten Liegen, nahm die Liege selbst in Beschlag.

Reservierer forderte „seine“ Liege zurück

Da hatte der eigenwillige Hotelgast allerdings die Rechnung ohne den zu jeder Art von Verteidigung seines vermeintlichen Rechts bereiten Reservierer gemacht. Die Ruhe auf der Liege währte nicht lange. Als der Beklagte mit seiner Partnerin von der Sauna zurückkam, forderte er den Kläger mit rüden Worten auf, die eigenmächtig in Beschlag genommenen Liege sofort wieder freizugeben.

Wortgefecht endete mit Faustschlag

Es entwickelte sich ein heftiges Wortgefecht zwischen den Parteien. Der Kläger war nicht bereit, die Liege zu verlassen und verharrte stur in der von ihm eingenommenen und als angenehm empfundenen Liegeposition. Womit er nicht gerechnet hatte: Urplötzlich landete die Faust des wütenden Liegereservierers und späteren Beklagten mit voller Wucht auf seinem Gesicht.

Kein Schuldbewusstsein des Angreifers

Die Folgen des Faustschlags waren heftig: Nasenbeinfraktur mit anschließender Operation und 3-tägigem stationärem Krankenhausaufenthalt. Hierauf forderte der Kläger vom Beklagten Ersatz für die angefallenen Behandlungskosten in Höhe von 6.500 Euro sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 Euro. Der Beklagte wollte ein Fehlverhalten seinerseits nicht erkennen. Er sah das Verschulden an dem Vorfall allein beim Kläger, der sich nicht an die aus seiner Sicht wirksame Liegestuhlreservierung gehalten hatte. Er habe nur sein ihm zustehendes Recht gegen den unverschämten Liegestuhlbesetzer durchsetzen wollen.

Überwiegendes Verschulden beim Beklagten

Dies sah das LG anders. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme war das Gericht überzeugt, dass der Beklagte die Verletzung des Klägers schuldhaft herbeigeführt hatte. Ein irgendwie geartetes Notwehrrecht gegen die eigenmächtige Besetzung der Liege durch den Kläger habe nicht bestanden. Daher sei der Beklagte sowohl zur Zahlung von Schadenersatz als auch zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet.

Kläger war an den Ereignissen selbst nicht unschuldig

Das LG sprach die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche diesem aber nicht in voller Höhe zu. Nach der Bewertung des Gerichts traf den Kläger ein Mitverschulden an dem Schadensereignis. Nach Auffassung des LG hätte der Kläger die Badeutensilien des Beklagten nicht eigenmächtig, von dessen Liege entfernen dürfen. Ihm habe kein Recht zur Selbsthilfe zugestanden. Der Kläger hätte das Hotelpersonal informieren und dieses um Freigabe der Liege bitten müssen. Durch sein eigenmächtiges Verhalten habe der Kläger das aggressive Verhalten des Beklagten und die anschließende Eskalation ein Stück weit mitprovoziert, auch wenn der Beklagte kein Recht zur Reservierung der Liegen gehabt habe.

Klage weitgehend erfolgreich

In Abwägung der Gesamtumstände bewertete das Gericht den Mitverschuldensanteil des Klägers mit 25 % und sprach ihm einen Anspruch auf Ersatz der Behandlungskosten in Höhe von 4.900 sowie auf Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro zu.

(LG Nürnberg Fürth, Urteil v. 9.10.2024, 10 O 2087/23)

Hintergrund

Das Reservieren von Liegen am Pool von Hotelanlagen ist nicht nur eine Spezialität deutscher Reisegäste, bei diesen aber nach verbreiteter Ansicht besonders beliebt. Ärgerlich ist, wenn Gäste bereits vor dem Frühstück Liegen mit Handtüchern belegen, die sie dann oft erst Stunden später nutzen. Dies kann im Einzelfall zu einem Reisemangel führen, wenn andere Gäste tagelang keine freie Liege am Pool finden.

Minderung des Reisepreises bei ständig reservierten Liegen

Das AG Hannover hat in einem solchen Fall den betroffenen Reisegästen einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises zugesprochen. Eine Familie hatte eine Pauschalreise nach Rhodos in ein Hotel mit 6 Swimmingpools gebucht. Dort waren etwa 500 Liegen aufgestellt. Ein Hinweisschild untersagte eine Reservierung der Liegen für länger als 30 Minuten. Dennoch waren viele Liegen oft stundenlang reserviert, ohne benutzt zu werden. Trotz einer Beschwerde der Familie vor Ort unternahm das Hotelpersonal nichts. Da für die Familie an vielen Urlaubstagen nach dem Frühstück keine freie Liege mehr zur Verfügung stand, hielt das AG für jeden Tag ohne Liege eine Minderung des Tagesreisepreises in Höhe von 15 % für gerechtfertigt (AG Hannover, Urteil v. 20.12.2023, 553 C 5141/23).

In Spanien existiert Recht zur Selbsthilfe

Ein Tipp für Spanien-Urlauber: Nach Art. 460 des spanischen Codigo Civil existiert ein Selbsthilferecht, Badeutensilien von Liegestühlen zu entfernen. Allerdings muss sichergestellt werden, dass der Eigentümer die Utensilien zurückerhält.

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