Die Entscheidung fasst in übersichtlicher Form die bisher entwickelten Grundsätze zur Beurteilung rechtlicher Probleme beim Autokauf im Internet zusammen.

1. Die Häufung von Börsen im Internet zum Absatz von gebrauchten Kfz und sogar der Einsatz des Internet zum Vertrieb von Neufahrzeugen rechtfertigen die Feststellung, dass diese Art des Handels "vor nichts" Halt macht (vgl. Bachmeier, in: FS Eggert, 2008, S. 67). Im Jahre 2007 hatte sich die Firma ebay, die Internet-Auktionen auch über Kfz betreibt, mit weltweit 241 Millionen Mitgliedern zum besucherstärksten Marktplatz für den Verkauf von Gütern durch Private und Unternehmer entwickelt (vgl. Schlömer/Dittrich, Betriebsberater 2007, 2129; vgl. auch Backu, DAR 2001, 106). Was die Marktteilnehmer betrifft, ist rechtstatsächlich zu unterscheiden, ob es sich um Geschäfte von Unternehmern mit Verbrauchern (B2C-Geschäft), um ein Geschäft unter Verbrauchern (C2C-Geschäft) oder um ein reines Geschäft unter Unternehmern (B2B-Geschäft) handelt (vgl. Spindler, DAR 2007, 190, 191). Verbraucherschutzfragen werfen dabei nur das B2C-Geschäft auf. Da bei Internet-Auktionen zwischen einem gewerblichen Anbieter und einem Verbraucher ein Widerrufsrecht des Verbrauchers gem. § 355 BGB besteht (vgl. BGH ZIP 2004, 2334), ist die Frage der Unternehmereigenschaft des Anbieters vermehrt bedeutsam geworden. Neben der Klärung der Unternehmereigenschaft durch Indizbeweisführung (vgl. OLG Hamburg WRP 2008, 522; Spindler, MMR 2005, 40, 44; Mankowski, JZ 2005, 444, 451) ist die unter der Bezeichnung "Powerseller" auf der Anbieterseite auftretende Person im Marktgeschehen einzuordnen. Powerseller sind solche Anbieter, die pro Monat einen bestimmten Umsatz erzielen. Grundsätzlich ist ein Powerseller als Unternehmer zu behandeln, ihm steht allerdings der kaum zu führende Gegenbeweis offen (vgl. OLG Frankfurt NJW 2005, 1438; OLG Karlsruhe WRP 2006, 22).

2. Die entscheidende Weichenstellung für die rechtliche Behandlung der ebay-Auktionen hat die Rspr. dadurch vorgenommen, dass es die Auktion als einen durch Angebot und Annahme geprägten, zu vermittelnden Kauf bewertet hat (vgl. BGH NJW 2002, 363). Obwohl der Begriff der Auktion es nahe legt, dass eine Versteigerung nach § 166 BGB vorliegen könnte, ist die Ausgestaltung des ebay-Auktionsvorgangs mit der Einordnung als Versteigerungsvorgang unvereinbar. Bei der Versteigerung nach § 156 BGB kommt der Vertrag erst zustande, wenn der Versteigerer gegenüber dem Bieter mit der höchsten Offerte die Annahme in der Form eines Zuschlags erklärt (vgl. BGHZ 138, 339, 342; Oechsler, JURA 2012, 497). Da der Versteigerer nicht zur Zuschlagserteilung verpflichtet ist (vgl. KG MDR 2004, 1402), wäre der Bieter mit dem höchsten Angebot bei Annahme einer Versteigerung nicht sicher, den Zuschlag zu erhalten. Im Übrigen würde ein freies Entscheidungsrecht des Anbieters, den Zuschlag dem Bieter mit dem höchsten Angebot zu erteilen oder nicht, dazu führen, dass kein nennenswerter Interessentenkreis sich für Internet-Auktionen interessierte (vgl. Oechsler, a.a.O. S. 498). Deshalb sind Internet-Auktionen nicht so ausgestaltet, dass erst ein Zuschlag zu der Begründung eines Vertrags führt; damit passt § 166 BGB nicht auf die Internet-Auktion (vgl. BGH NJW 2002, 363, 364).

3. Der Versuch des Anbieters aufgrund einer "Auktionsreue" und während laufenden Verfahrens durch anderweitige Veräußerung einen höheren Kaufpreis zu erzielen, führt damit – nach Erörterung etwaiger nicht eingreifender Bedenken gegen die vertragliche Bindung – in einen sich gegen den Vertragsuntreuen richtenden Schadenersatzanspruch. Die Entscheidung gelangt unter Auswertung der Auktionsbedingungen zur Begründung der fortbestehenden Bindung des Einlieferers.

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 3/2015, S. 145 - 150

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