Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Vielmehr war im Ergebnis die einstweilige Verfügung des Landgerichts nach Maßgabe der mit der Anschlussberufung gestellten Anträge zu bestätigen.

I. Prozessuale Bedenken gegen das (nunmehrige) klägerische Begehren bestehen nicht.

1. Der Kläger konnte, ohne durch das angegriffene Urteil beschwert zu sein, Anschlussberufung zum Zweck der Klageänderung einlegen (vgl. BGH, Urt. v. 10.5.2011 – VI ZR 153/10, zitiert nach juris, dort Rn 9). Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob die Modifikationen des Antrags des Klägers in der Berufungsinstanz sich als Klageänderung darstellen oder ob sie unter § 264 Nr. 2 ZPO fallen. Denn auch wenn man sie als Klageänderung qualifiziert, wäre diese nach § 533 ZPO zulässig. Die Antragsumstellung ist sachdienlich, weil das Landgericht den Kläger hätte darauf hinweisen müssen, dass der ursprüngliche Antrag aus grundbuchrechtlichen Gründen nicht zielführend war (vgl. dazu näher unter II.1.), und der neue Antrag auf der Basis des Prozessstoffes erster Instanz beurteilt werden kann.

2. Das Verfahrenshindernis der entgegenstehenden Rechtshängigkeit besteht nicht. (...)

3. (...)

II. Der Kläger hat aus dem Vorausvermächtnis einen Anspruch auf Übereignung des vermachten Gegenstands, also des gegenständlichen Grundstücks (§§ 2147, 2150, 2174 BGB). Dieser Anspruch kann durch eine Vormerkung gesichert werden (§ 883 Abs. 1 BGB). Hieraus ergibt sich der Verfügungsanspruch im Sinne von §§ 916, 935, 940 ZPO.

1. Der Vermächtnisanspruch richtet sich gegen den Beschwerten (§ 2174 BGB), also mangels anderer Bestimmung durch die Erblasserin gegen die Erben (§ 2147 S. 2 BGB). Das ist vorliegend die Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Kläger und der Beklagten. Dem trägt der in der Berufungsinstanz gestellte Antrag des Klägers Rechnung. Allerdings wäre der erstinstanzliche Antrag des Klägers in der dort gestellten Form (Vormerkung zulasten des Miteigentumsanteils der Beklagten) zurückzuweisen gewesen. Neben der dargestellten erbrechtlichen Lage war die Eintragung einer Vormerkung zulasten eines Miteigentumsanteils der Beklagten auch aus grundbuchrechtlicher Sicht nicht möglich, weil ein solcher nicht voreingetragen war. Denn eine Eintragung ins Grundbuch setzt neben dem Antrag eines Antragsberechtigten (§ 13 GBO) und der Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO) auch dessen Voreintragung voraus (§ 39 Abs. 1 GBO). Dabei ersetzt eine entsprechende einstweiligen Verfügung zwar die Bewilligung des Betroffenen, vermag aber am Erfordernis von dessen Voreintragung nichts zu ändern (vgl. dazu Palandt/Weidlich, BGB, 76. Aufl., § 885 Rn 14). Dieses Problem stellt sich in der Berufungsinstanz aufgrund des neuen klägerischen Antrags nicht mehr (...).

2. Der Vermächtnisanspruch ist nicht durch (fingierte) Ausschlagung des Vermächtnisses gemäß § 2307 Abs. 2 BGB untergegangen.

a) Dies ergibt sich zwar nicht schon daraus, dass der Kläger das Vermächtnis zur Zeit der Fristsetzung nach § 2307 Abs. 2 BGB längst angenommen habe und daher eine Ausschlagung ohnehin nicht mehr in Betracht gekommen sei (vgl. § 2180 Abs. 1 BGB). Die erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgestellte Behauptung des Klägers, das Vermächtnis bereits angenommen gehabt zu haben, ist erstens als verspätet im Sinne von § 531 Abs. 2 BGB zurückzuweisen, zweitens eine reine Rechtsbehauptung, ohne durch entsprechenden Tatsachenvortrag untermauert zu sein und drittens vom Beklagtenvertreter bestritten worden, ohne dass der Kläger Beweis, geschweige denn präsenten Beweis angeboten hätte.

b) Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Landgerichts, dass sich die Beklagte nicht auf die Ausschlagungsfiktion des § 2307 Abs. 2 BGB berufen kann, weil diese Vorschrift, die zwar vom Wortlaut her einschlägig wäre, nach ihrem Sinn und Zweck für Fälle der vorliegenden Art nicht gilt. Richtig ist zunächst der Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach für die Ausschlagung des Vermächtnisses – anders als für die Ausschlagung der Erbschaft (vgl. § 1944 BGB) – eine gesetzliche Frist nicht vorgesehen ist. Im gesetzlichen Normalfall steht es also im Belieben des Vermächtnisnehmers, ob und wann er seinen Vermächtnisanspruch geltend macht; mit dieser Unsicherheit muss der Beschwerte – bis zum Eintritt der Verjährung – leben. § 2307 Abs. 2 BGB stellt von diesem Grundsatz eine Ausnahme insoweit dar, als der beschwerte Erbe dem Vermächtnisnehmer eine angemessene Frist zur Entscheidung über die Annahme des Vermächtnisses setzen kann, widrigenfalls das Vermächtnis als ausgeschlagen gilt. Diese Möglichkeit besteht aber schon nach dem Wortlaut nur, wenn der Vermächtnisnehmer "Pflichtteilsberechtigter" ist, und ist deshalb und auch nach ihrer systematischen Stellung im Gesetz im Kontext des Pflichtteilsrechts auszulegen.

Gemäß § 2303 BGB besteht ein Pflichtteilsanspruch nur, wenn der grundsätzlich Berechtigte (Abkömmling, Ehegatte, Elternteil des Erblassers) "durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist". Einen Pf...

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