Leben die Eltern getrennt so ist gem. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB derjenige Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, zur Wahrung der Interessen des minderjährigen Kindes bei Unterhaltsansprüchen gegenüber dem anderen Elternteil allein vertretungsberechtigt.

Die Frage, bei wem sich das Kind i.S.v. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB in Obhut befindet, richtet sich danach, bei wem von ihnen der deutliche Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt, wer sich von ihnen vorrangig um die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse des Kindes kümmert (vgl. BGH FamRZ 2007, 707). Nach Auffassung des OLG Karlsruhe (FamRZ 2015, 423) genügt es für die Annahme des Schwerpunktes der Betreuung bei einem zwei Jahre altem Kind, wenn auch bei hälftiger Aufteilung des Wochenendes zwischen den Eltern ein Elternteil das Kind 14 Stunden pro Tag betreut; dabei komme der Verteilung der Tageszeiten keine entscheidende Bedeutung zu.

a) Beistandschaft des Jugendamtes

Gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB wird das Jugendamt auf schriftlichen Antrag eines Elternteils Beistand des Kindes namentlich für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern voneinander getrennt, so ist umstritten, ob das Kind seinen Unterhaltsanspruch gem. §§ 1712 ff. BGB im eigenen Namen, vertreten durch einen Beistand, geltend machen kann oder gem. § 1629 Abs. 3 BGB nicht das Kind, sondern der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Beteiligter im Unterhaltsverfahren ist. Das OLG Oldenburg (FamRZ 2014, 1652; so auch OLG Celle NJW-RR 2012, 1409; a.A. OLG Hamm FamRZ 2015, 422; OLG Schleswig FamRZ 2014, 1712 = NJW 2015, 359; OLG Stuttgart JAmt 2007, 403) hat sich der Auffassung angeschlossen, dass § 1629 Abs. 3 BGB nicht verdrängt wird, weil das Kind aus dem elterlichen Konflikt herausgehalten werden soll.

 

Hinweis:

Die kontrovers diskutierte Frage hat der BGH (FamRZ 2015, 130 m. Anm. Zorn = FuR 2015, 167 m. Bespr. Soyka = FuR 2015, 5 m. Hinw. Schwamb) jetzt dahin entschieden, dass auch bei getrennt lebenden, verheirateten und gemeinsam sorgeberechtigten Eltern eine Vertretung des Kindes durch das Jugendamt zulässig ist.

b) Wechselmodell

Wenn sich ein Schwerpunkt der Betreuung nicht ermitteln lässt, weil die Eltern das sog. Wechselmodell praktizieren, kommt entweder die Bestellung eines Ergänzungspflegers in Betracht oder derjenige Elternteil, der den anderen für barunterhaltspflichtig hält, muss gem. § 1628 BGB die familiengerichtliche Übertragung der Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt herbeiführen (OLG Celle FamRZ 2015, 590 und OLG Hamburg FamRZ 2015, 591 = FamRB 2015, 89 m. Hinw. Liceni-Kierstein; unter Bezugnahme auf BGH FamRZ 2006, 1015).

Nach Auffassung des OLG Köln (FamRZ 2015, 859) bedarf es zur ordnungsgemäßen Vertretung in einem Unterhaltsabänderungsverfahren, das gegen das minderjährige im Wechselmodell lebende Kind gerichtet ist, i.d.R. der Bestellung eines Ergänzungspflegers und reicht für den Obhutsbegriff ein zeitlicher Betreuungsanteil von 57 % nicht aus.

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