Leitsatz (amtlich)

Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern voneinander getrennt, kann das Kind seinen Unterhaltsanspruch nicht im eigenen Namen, vertreten durch den Beistand, geltend machen; § 1629 Abs. 3 BGB wird nicht von §§ 1712 ff. BGB verdrängt.

 

Verfahrensgang

AG Bad Iburg (Beschluss vom 13.01.2014)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 29.10.2014; Aktenzeichen XII ZB 250/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 13.1.2014 verkündeten Beschluss des AG - Familiengerichts - Bad Iburg wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag als unzulässig abgewiesen wird.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Landkreis O., Fachdienst Jugend - Unterhaltsangelegenheiten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Verfahrenswert wird für die Beschwerdeinstanz auf 4.352 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, die vom Jugendamt des Landkreises O. als Beistand im Unterhaltsverfahren vertreten wird, begehrt von der Antragsgegnerin die Zahlung von Kindesunterhalt.

Die Antragstellerin ist das minderjährige Kind der Antragsgegnerin und des J. L. Die Eltern der Antragstellerin sind verheiratet. Das Kind lebt bei gemeinsamem Sorgerecht der Eltern beim Vater, auf dessen Antrag eine Beistandschaft des Jugendamtes O. insbesondere zur Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen eingerichtet worden ist.

Das Familiengericht hat mit seinem im Übrigen in Bezug genommenen Beschluss den Antrag als unbegründet abgewiesen und dazu ausgeführt, der Beistand könne das Kind im Verfahren nicht vertreten, weil die Eltern noch verheiratet seien und deshalb allein der betreuende Elternteil Kindesunterhaltsansprüche im eigenen Namen geltend machen müsse.

Hiergegen richtet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag in der Beschwerde weiter.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg

Die Beschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil kein konkreter Antrag in der Beschwerde und Beschwerdebegründungsschrift vom 4.2.2014 gestellt worden ist, §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 S. 1 FamFG. Der Inhalt des Schriftsatzes kann dahingehend ausgelegt werden, dass der erstinstanzliche Antrag weiterverfolgt wird.

Der Senat entscheidet gem. §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nach Hinweis ohne mündliche Verhandlung. Von der erneuten Vornahme eines Termins zur mündlichen Verhandlung sind zusätzliche Erkenntnisse nicht zu erwarten. Das Verfahren ist bereits erstinstanzlich mündlich verhandelt. Im Mittelpunkt der Entscheidung steht eine einzelne Rechtsfrage.

Der Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von Kindesunterhalt ist unzulässig.

Die Antragstellerin kann den Anspruch auf Kindesunterhalt nicht im eigenen Namen, vertreten durch den Beistand geltend machen. Gemäß § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB kann der Kindesunterhalt nur vom Vater im eigenen Namen geltend gemacht werden. Die Eltern der Antragstellerin sind verheiratet und leben voneinander getrennt. Auch liegen die Voraussetzungen des § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB vor. Die elterliche Sorge für die Antragstellerin steht beiden Elternteilen gemeinsam zu und das Kind lebt beim Vater.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde wird die Regelung des § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB nicht von §§ 1714, 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB verdrängt. Im Ausgangspunkt zutreffend kann der Elternteil, der das Kind in Obhut hat auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge vor Ehescheidung eine Beistandschaft nach § 1713 Abs. 1 S. 2 BGB beantragen. Dadurch tritt allerdings nicht die von der Beschwerde gewünschte Folge ein, nämlich dass das Kind seine Unterhaltsansprüche bei Getrenntleben seiner Eltern im eigenen Namen geltend machen kann.

Die Frage ist umstritten. Das OLG Stuttgart nimmt in seinem Beschluss vom 9.10.2006 (17 UF 182/06, juris = JAmt 2007, 40) an, dass die Bestellung des Beistands die Vorschrift des § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB verdrängt. Näher begründet wird diese Auffassung nicht. Es wird vielmehr auf eine Kommentarstelle im MünchKomm/BGB und auf ein DIJuF-Rechtsgutachten vom 10.5.2002 verwiesen (OLG Stuttgart, a.a.O., juris Rz. 7, so auch PWW/Friederici, 7. Aufl. 2012, § 1713 Rz. 10, Palandt/Götz, 73. Aufl. 2014, § 1713 Rz. 3 und zuvor Palandt/Diederichsen, 68. Aufl. 2009, § 1716 Rz. 2).

Das OLG Celle (Beschl. v. 8.5.2012 - 10 UF 65/12, juris = NJW-RR 2012, 1409) und zuvor das AG Regensburg (Urt. v. 23.4.2003 - 2 F 1739/02, juris = JAmt 2003, 366) haben dagegen die Auffassung vertreten, dass eine Beistandschaft nach § 1713 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist, wenn die Voraussetzungen des § 1629 Abs. 3 S. 1 BGB vorliegen (so auch Hamdan, in: jurisPK/BGB, § 1629 Rz. 75; Zöller/Lorenz, 30. Aufl. 2014, § 234 FamFG Rz. 5; ausführlich begründend: Staudinger/Rauscher, 2014, § 1713 Rz. 6c).

Der Senat gibt seine bisherige Rechtsprechung (Beschl. v. 18.2.2013 - 11 WF 16/13) auf und folgt der letztgenannten Auffassung mit der Folge, dass nicht das Kind, sondern der Elternteil Beteiligter im Unterhaltsverfahren wird. Zweck des § 1629 Abs. 3 S. 2 BGB ist es, das Kind aus dem elterlichen Konflikt...

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