Leitsatz (amtlich)

1. Träger der Obhut i.S.v. § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB ist der Elternteil, bei dem ein eindeutig feststellbares, aber nicht notwendigerweise großes Übergewicht der tatsächlichen Fürsorge für das Kind vorliegt.

Bei einem zwei Jahre alten Kind genügt es für die Annahme des Schwerpunkts der Betreuung, wenn - bei hälftiger Aufteilung der Wochenenden zwischen den Eltern - ein Elternteil das Kind 14 Stunden pro Tag betreut. Dabei kommt der Verteilung der Tageszeiten keine entscheidende Bedeutung zu.

2. Macht der Antragsgegner im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren geltend, dass das antragstellende Kind im Rahmen eines sog. Wechselmodells betreut wird, stellt er zum einen das Vorliegen der allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen (ordnungsgemäße Vertretung des Antragstellers) in Frage und erhebt zum anderen einen Einwand, der die Statthaftigkeit des vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens betrifft. Beide Einwendungen können auch erstmals im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden (§§ 252 Abs. 1, 256 Satz 1 FamFG).

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 16.10.2013; Aktenzeichen 520 FH 105/13)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 16.10.2013 (520 FH 105/13) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.050 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt von dem Antragsgegner Kindesunterhalt gem. §§ 1601 ff. BGB.

Mit am 5.9.2013 beim AG - Familiengericht - Freiburg eingegangenem Antrag beantragte der Antragsteller, vertreten durch das Jugendamt als Beistand, den Unterhalt im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe festzusetzen ab 1.4.2013.

Der Antrag wurde dem Antragsgegner mit den gem. § 251 FamFG gesetzlich vorgeschriebenen Hinweisen am 11.9.2013 zugestellt. Innerhalb der Monatsfrist des § 251 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 FamFG äußerte sich der Antragsgegner nicht zu dem Antrag. Das AG - Familiengericht - Freiburg setzte daraufhin mit Beschluss vom 16.10.2013 den von dem Antragsgegner zu zahlenden Unterhalt fest. Wegen des Inhalts des Festsetzungsbeschlusses wird auf diesen verwiesen.

Gegen den, ihm am 18.10.2013 zugestellten Beschluss legte der Antragsgegner mit am 8.11.2013 beim AG - Familiengericht - Freiburg eingegangenem Schriftsatz vom 7.11.2013 Beschwerde ein.

Zur Begründung seiner Beschwerde führt er im Wesentlichen an, sich hälftig um den am ... geborenen Antragsteller gekümmert und mit der Kindsmutter vereinbart zu haben, im Hinblick auf die Betreuungsleistungen ab April 2013 keinen Kindesunterhalt mehr zu zahlen. Im Laufe des Aprils 2013 habe sich die Kindesmutter aber nicht mehr an diese Vereinbarung gehalten und dem Antragsgegner untersagt, den Antragsteller von der Kindertagesstätte abzuholen. Im Rahmen des daraufhin vom Antragsgegner beim AG Freiburg (...) eingeleiteten einstweiligen Anordnungsverfahrens sei es in der Anhörung vom 19.7.2013 zu der Vereinbarung der Kindeseltern gekommen, dass der Antragsgegner Umgang mit dem Antragsteller jeweils in der ersten Woche von Montag 17.00 Uhr bis Dienstag 09.30 Uhr und in der zweiten Woche von Freitag 14.00 Uhr bis Montag 09.30 Uhr habe. In einer weiteren gerichtlichen Anhörung am 16.10.2013 hätten sie sich geeinigt, den Umgang nunmehr in jeder zweiten Woche von Montag 14.30 Uhr bis Dienstag 09.30 Uhr, von Dienstag 17.00 Uhr bis Mittwoch 09.30 Uhr und von Freitag 14.30 Uhr bis Montag 09.30 Uhr stattfinden zu lassen. Seit dem 25.10.2013 betreue der Antragsgegner den Antragsteller nunmehr mit Zustimmung der Kindsmutter an jedem Werktag von 09.00 Uhr bis 17.30 Uhr.

Die Kindesmutter hat mit Schreiben vom 27.10.2013 bestätigt, dass der Antragsteller ab 25.10.2013 an jedem Werktag von 09.00 Uhr bis 17.30 Uhr von dem Antragsgegner betreut wird. Was den Wochenendumgang angehe, gelte nach wie vor die Vereinbarung vom 16.10.2013 (an jedem zweiten Wochenende von Freitag 17.30 Uhr bis Montag 17.30 Uhr).

Mit Schreiben vom 20.12.2013 teilte das als Beistand tätige Jugendamt mit, dass die Voraussetzungen der Beistandschaft nicht mehr vorlägen, da sich der Antragsteller zu gleichen Teilen in der Obhut beider sorgeberechtigter Eltern befinde. Die Beistandschaft sei beendet.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren zu beachtenden besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde gem. § 256 FamFG sind erfüllt.

Gemäß § 256 S. 1 FamFG kann die Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss lediglich auf die in § 252 Abs. 1 FamFG genannten Einwendungen gestützt werden, namentlich auf die Unzulässigkeit des vereinfachten Festsetzungsverfahrens, die unrichtige Berechnung des Unterhalts nach Zeitraum und Hö...

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