Rdn 4139

1.a) Bei der Vernehmung sachkundiger Personen ist wegen der Art und Weise der Belehrung und der Möglichkeit der → Ablehnung eines Sachverständigen, Teil A Rdn 15, wegen Befangenheit, die es bei einem Zeugen nicht gibt, zu unterscheiden zwischen SV und sachverständigen Zeugen, die wie Zeugen zu behandeln sind (§ 85).

 

Rdn 4140

b) Für die Abgrenzung gilt (vgl. a. BGHSt 20, 222; BGH NStZ 1985, 465; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2014, 19 [Ls.]):

Sie ist zum einen danach vorzunehmen, ob die Beweisperson Sachkunde vermitteln soll. Das kann nur der SV.
Zum anderen ist der Anlass der zu bekundenden Wahrnehmungen maßgebend. Wird über Wahrnehmungen ausgesagt, die mit besonderer Sachkunde ohne behördlichen Auftrag oder ohne besondere Sachkunde mit behördlichem Auftrag gemacht worden sind, handelt es sich im ersten Fall um einen sachverständigen Zeugen bzw. im zweiten um einen Augenscheinsgehilfen (OLG Düsseldorf NStZ-RR 2014, 19 [Ls.]; dazu Meyer-Goßner/Schmitt, § 86 Rn 4; → Augenscheinseinnahme, Teil A Rdn 435). SV ist hingegen derjenige, der über Wahrnehmungen aussagt, die er aufgrund seiner Sachkunde im Auftrag des Gerichts, der StA oder Polizei gemacht hat (Meyer-Goßner/Schmitt, § 85 Rn 3 m.w.N.). Diese Personen sind wie ein SV zu belehren und können auch wegen Befangenheit abgelehnt werden.
 

☆ Der SV ist nach begründeter →  Ablehnung eines Sachverständigen , Teil A Rdn  15 , nicht sachverständiger Zeuge , kann aber als Zeuge vernommen werden über Tatsachen, die Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen sind, und zwar nach h.M. nicht nur über Zufallsbeobachtungen und Zusatztatsachen, sondern auch über die bei der Vorbereitung des Gutachtens ermittelten Befundtatsachen (BGH NStZ 2002, 44, 45).nach begründeter → Ablehnung eines Sachverständigen, Teil A Rdn 15, nicht sachverständiger Zeuge, kann aber als Zeuge vernommen werden über Tatsachen, die Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen sind, und zwar nach h.M. nicht nur über Zufallsbeobachtungen und Zusatztatsachen, sondern auch über die bei der Vorbereitung des Gutachtens ermittelten Befundtatsachen (BGH NStZ 2002, 44, 45).

 

Rdn 4141

 

Rechtsprechungsbeispiele:

Der Arzt, der dem Angeklagten eine Blutprobe entnommen hat (§ 81a Abs. 1 S. 2), ist SV sowohl hinsichtlich des Eingriffs als auch hinsichtlich der Wahrnehmungen, die er über den Zustand des Angeklagten während des Eingriffs aufgrund seiner Sachkunde gemacht hat (Meyer-Goßner/Schmitt, § 85 Rn 5 m.w.N.; a.A. u.a. KG VRS 31, 273; OLG Köln BA 1966, 609).
Ist ein Arzt ohne Auftrag einer Strafverfolgungsbehörde tätig geworden, wird er als Zeuge vernommen, auch wenn seine Tätigkeit die Bestellung eines SV erspart hat (OLG Köln OLGSt § 261, 96 ff.).
Ein Polizeibeamter, der bei einer Vernehmung gedolmetscht hat, kann zu den von ihm übersetzten Angaben eines Dritten als sachverständiger Zeuge gehört werden (BayObLG NJW 1998, 1505; s.a. BGH, Beschl. v. 20.1.2016 – 4 StR 376/15, StV 2016, 771 → Ablehnung eines Dolmetschers, Teil A Rdn 1).
Technische SV, die ihre Wahrnehmungen ohne behördlichen Auftrag gemacht haben, sind ebenfalls nur sachverständige Zeugen, und zwar auch dann, wenn sie Berufssachverständige sind (Meyer-Goßner/Schmitt, § 86 Rn 5 m.w.N.).
 

Rdn 4142

2. Handelt es sich bei der Beweisperson um einen sachverständigen Zeugen, unterscheidet er sich von anderen Zeugen nur dadurch, dass er die Wahrnehmungen aufgrund besonderer Sachkunde gemacht hat (s. obige Bsp.). Er wird wie jeder andere Zeuge belehrt, vereidigt und entschädigt (Meyer-Goßner/Schmitt, § 58 Rn 3; Meyer-Goßner/Schmitt, § 85 Rn 1; → Zeuge, Vernehmung, Allgemeines, Teil Z Rdn 4151, m.w.N.) und kann nicht wegen Befangenheit abgelehnt werden.

 

☆ Äußert sich ein Zeuge (auch) gutachtlich , muss er nicht unbedingt schon deshalb als SV vernommen werden. Es kommt vielmehr darauf an, wo das Schwergewicht seiner Vernehmung liegt (BGH NStZ 1984, 465; ähnl. BGHSt 48, 34). Im Einzelfall kann zwar ein sachverständiger Zeuge auch als Sachverständiger vernommen werden. Der Zeuge wird aber durch gutachterliche Äußerungen nicht zum Sachverständigen, wenn Tatsachenbekundungen im Vordergrund stehen (OLG Düsseldorf NStZ-RR 2014, 114 [Ls.]).Zeuge (auch) gutachtlich, muss er nicht unbedingt schon deshalb als SV vernommen werden. Es kommt vielmehr darauf an, wo das Schwergewicht seiner Vernehmung liegt (BGH NStZ 1984, 465; ähnl. BGHSt 48, 34). Im Einzelfall kann zwar ein sachverständiger Zeuge auch als Sachverständiger vernommen werden. Der Zeuge wird aber durch gutachterliche Äußerungen nicht zum Sachverständigen, wenn Tatsachenbekundungen im Vordergrund stehen (OLG Düsseldorf NStZ-RR 2014, 114 [Ls.]).

Siehe auch: → Sachverständigenbeweis, Teil S Rdn 2882; → Zeuge, Allgemeines, Teil Z Rdn 4071, m.w.N.

[Autor] Burhoff/Hirsch

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge