Rz. 106

Geschäftsgrundlage für die ehebezogene Zuwendung ist im Regelfall der Bestand der Ehe.[138] Trennen sich die Eheleute, so fällt die Geschäftsgrundlage für die Zuwendung weg. Der Rechtsgrund für ehebezogene Zuwendungen ist ein familienrechtliches Rechtsgeschäft, ein familienrechtlicher Vertrag eigener Art.[139] Der Vertrag kommt in der Regel durch schlüssiges Tun, nämlich mit dem dinglichen Zuwendungsakt, zustande.

Es liegt daher nahe, auf die Rückforderung der ehebezogenen Zuwendung die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) anzuwenden.

 

Rz. 107

Die Rückforderung von Zuwendungen nach Bereicherungsrecht wird von der Rechtsprechung[140] in der Regel abgelehnt. Zuwendungen unter Ehegatten werden weder rechtsgrundlos im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erbracht noch fällt der Rechtsgrund durch die Trennung weg, § 812 Abs. 1 Satz 2, Alt. 1 BGB, noch kommt die Rückabwicklung über einen Nichteintritt des mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Erfolges gem. § 812 Abs. 1 Satz 2, Alt. 2 BGB, in Betracht.

 

Rz. 108

Ob und wie eine ehebezogene Zuwendung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zurückgefordert werden kann, hängt maßgeblich ab von dem Güterstand, in dem die Ehegatten leben.

[138] Grüneberg, in Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 313, Rn 50.
[139] BGH, Urteil v. 4.4.1990, IV ZR 42/89, FamRZ 1990, 855; 1987, 43, 45; Kleinle, FamRZ 1997, 1383.
[140] Haas, FamRZ 2002, 205, 212.

6.6.1 Bei Zugewinngemeinschaft

 

Rz. 109

Leben die Eheleute im gesetzlichen Güterstand, werden die ehebezogenen Zuwendungen nach dem Scheitern der Ehe vorrangig güterrechtlich ausgeglichen[141], da hierdurch in der Regel bereits ein angemessener Vermögensausgleich stattfindet. Der güterrechtliche Ausgleich hat damit Vorrang gegenüber einem schuldrechtlichen Ausgleich.[142] Ausgleichsansprüche aus § 313 BGB kommen daher nur dann in Betracht, wenn dies aus Gründen der Billigkeit zwingend erforderlich erscheint.[143] Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die Aufrechterhaltung des geschaffenen Vermögenszustandes für den zuwendenden Ehegatten schlechthin unangemessen und untragbar wäre.[144]

Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche bestehen auch dann nicht, wenn der Zuwendungsempfänger mehr erhalten hat, als ihm nach dem Grundsatz des Zugewinnausgleichs zusteht, wenn der Ausgleich am fehlenden Zugewinn des Zuwendungsempfängers scheitert oder wenn der Zugewinnausgleichsanspruch verjährt ist.[145]

Ein den Zugewinnausgleich ergänzender Anspruch kann nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben sein, etwa wenn ein Ehegatte dem anderen in einer vom Versorgungsgedanken geprägten Ehe ein Wertpapierdepot übertragen hat und die Ehe nach kurzer Zeit scheitert[146] oder wenn ein Ehegatte dem anderen während der Verlobungszeit für die Bebauung von dessen Grundstück erhebliche Zuwendungen gemacht hat.[147]

 

Rz. 110

Die Darlegungs- und Beweislast liegt bei demjenigen, der sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beruft. Er muss nachweisen, dass der Zuwendung die Vorstellung und Erwartung zugrunde lag, die eheliche Lebensgemeinschaft werde Bestand haben.[148] Zur schlüssigen Klagebegründung gehört die Darlegung, dass das Ergebnis, zu dem der Zugewinnausgleich unter Einbeziehung der Zuwendung führt, schlechthin unangemessen und für ihn unzumutbar ist.[149]

[144] BGH, Urteil v. 21.10.1992, XII ZR 182/90, FamRZ 1993, 289, 291.
[146] BGH, Beschluss v. 24.11.1993, XII ZR 130/92, FamRZ 1994, 503.
[149] BGH, Urteil v. 21.10.1992, XII ZR 182/90, FamRZ 1993, 289, 291; 1991, 1169, 1172.

6.6.2 Bei Gütertrennung

 

Rz. 111

Bei der Gütertrennung ist der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen, wenn die Zuwendung eine angemessene Beteiligung an dem gemeinsam Erarbeiteten darstellt[150], wenn sie erbrachte Leistungen ausgleichen soll[151] oder als Gegenleistung für die Zustimmung zur Gütertrennung aufzufassen ist.[152]

Ein Ausgleichsanspruch kommt aber dann in Betracht, wenn beispielsweise ein Grundstück zugewendet wurde, bei Unterstützung beim Hausbau oder wenn ein Ehegatte den anderen finanziell oder durch seine Mitarbeit in dessen Betrieb unterstützt hat[153] oder auch bei Zuwendungen für den Aufbau einer eigenen beruflichen Existenz.[154] Dieser Anspruch besteht jedoch erst nach rechtskräftiger Ehescheidung und wenn und soweit die Beibehaltung der bestehenden Vermögensverteilung mit Treu und Glauben unvereinbar und unzumutbar ist.[155]

 

Rz. 112

Auch bei der Gütertrennung liegt die Darlegungs- und Beweislast bei demjenigen, der sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beruft. Er muss vortragen und nachweisen, dass die Beibehaltung der herbeigeführten Vermögenslage für ihn unzumutbar ist und dabei die güterrechtliche Situation und das erzielte bzw. ...

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