Das Wichtigste in Kürze:

1. Die in der StPO vorgesehenen Rechtsmittel/Anträge, mit denen gegen die U-Haft des Mandanten vorgegangen werden kann, haben nur eine beschränkte prozessuale Wirkung.
2. Der Verteidiger muss – gemeinsam mit dem Mandanten – sorgfältig überlegen, ob es überhaupt Sinn hat, mit einem der o.a. Rechtsbehelfe gegen den HB vorzugehen.
3. Gem. § 117 Abs. 1 kann der Beschuldigte jederzeit und immer wieder beantragen, im schriftlichen Haftprüfungsverfahren den HB aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen.
4. Der Beschuldigte kann jederzeit auch den Antrag auf Aufhebung oder Außervollzugsetzung des HB gem. § 116 stellen.
5. Gegen in Zusammenhang mit der U-Haft ergehende den Beschuldigten belastende/ablehnende Entscheidungen kann.
6. Nach § 120 Abs. 3 hat die StA die Möglichkeit, einen Antrag auf Aufhebung des HB zu stellen Haftbeschwerde einlegt werden.
 

Rdn 4519

 

Literaturhinweise:

Grube, Gerichtlicher Rechtsschutz gegen Maßnahmen im Untersuchungshaftvollzug, StV 2013, 534

Kruse, Rechtsschutz im Haftverfahren aus anwaltlicher Sicht, JA 2008, 219

Park/Schlothauer, Rechtswidrige Untersuchungshaft: Nachträglicher Rechtsschutz und Wiedergutmachung, in: Festschrift für Gunter Widmaier, 2008, S. 387

Schröder, Die jederzeitige Haftprüfung von Amts wegen, NStZ 1998, 68

Wankel, Zuständigkeitsfragen im Haftrecht, 2002

Welp, Haft und Haftprüfung in: Festschrift für Christian Richter II, 2006, S. 572

s.a. die Hinw. bei → Untersuchungshaft des Beschuldigten, Teil U Rdn 4461.

 

Rdn 4520

1.a) Auf den ersten Blick stellt die StPO dem Verteidiger einen umfangreichen Katalog von Rechtsmitteln/Anträgen (im Folgenden kurz: Rechtsbehelfe), mit denen gegen die U-Haft des Mandanten vorgegangen werden kann, zur Verfügung. Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass diese Handlungsmöglichkeiten nur ein stumpfes Schwert sind, da sie nur eine beschränkte prozessuale Wirkung haben (Schlothauer/Weider/Nobis, Rn 748; Dahs, Rn 352; zu den Verteidigungsmöglichkeiten gegen den HB a. Herrmann, Rn 985 ff.).

 

☆ Fraglich ist auch, ob der Beschuldigte/Betroffene nachträglichen Rechtsschutz erlangen kann, so z.B., wenn der HB bereits aufgehoben ist. Die Frage wird kontrovers diskutiert . Sie wird von Park/Schlothauer (a.a.O., S. 387 ff.) und vom OLG München (StV 2006, 317) bejaht, vom OLG Koblenz (StV 2007, 589) und vom OLG Frankfurt am Main (NStZ-RR 2007, 349 [betreffend HB nach § 230]) hingegen vereint. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse komme nur dann in Betracht, wenn die U-Haft beendet ist und der Untersuchungsgefangene ohne Zuerkennung eines solchen Interesses mangels Beschwer eine gerichtliche Überprüfung der freiheitsentziehenden Maßnahme nicht mehr erreichen könnte; das sei jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die U-Haft weiter auf neuer Grundlage vollzogen werde, die wiederum vollumfänglich angegriffen werden könne (OLG Koblenz, a.a.O.; verneinend im Hinblick auf die Anrechnung von U-Haft auf die Strafe gem. § 51 StGB auch OLG Hamm NStZ 2008, 582). Die letztere Auffassung ist im Hinblick auf die Rspr. des BVerfG (vgl. StraFo 2006, 20) abzulehnen (→ Rechtsmittel im Ermittlungsverfahren , Teil R Rdn  3950 ).nachträglichen Rechtsschutz erlangen kann, so z.B., wenn der HB bereits aufgehoben ist. Die Frage wird kontrovers diskutiert. Sie wird von Park/Schlothauer (a.a.O., S. 387 ff.) und vom OLG München (StV 2006, 317) bejaht, vom OLG Koblenz (StV 2007, 589) und vom OLG Frankfurt am Main (NStZ-RR 2007, 349 [betreffend HB nach § 230]) hingegen vereint. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse komme nur dann in Betracht, wenn die U-Haft beendet ist und der Untersuchungsgefangene ohne Zuerkennung eines solchen Interesses mangels Beschwer eine gerichtliche Überprüfung der freiheitsentziehenden Maßnahme nicht mehr erreichen könnte; das sei jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die U-Haft weiter auf neuer Grundlage vollzogen werde, die wiederum vollumfänglich angegriffen werden könne (OLG Koblenz, a.a.O.; verneinend im Hinblick auf die Anrechnung von U-Haft auf die Strafe gem. § 51 StGB auch OLG Hamm NStZ 2008, 582). Die letztere Auffassung ist im Hinblick auf die Rspr. des BVerfG (vgl. StraFo 2006, 20) abzulehnen (→ Rechtsmittel im Ermittlungsverfahren, Teil R Rdn 3950).

 

Rdn 4521

b) Im Einzelnen hat der Verteidiger folgende Möglichkeiten, gegen einen gegen seinen Mandanten erlassenen HB:

Antrag auf mündliche Haftprüfung gem. § 117 Abs. 1 i.V.m. § 118 Abs. 1 (→ Mündliche Haftprüfung, Teil M Rdn 3120),
Antrag auf schriftliche Haftprüfung gem. § 117 Abs. 1 (s. Rdn 4526),
Antrag auf Aufhebung oder Außervollzugsetzung des HB gem. § 116 (s. Rdn 4530; s.a. → Außervollzugsetzung des Haftbefehls, Teil A Rdn 832),
→ Haftbeschwerde, Teil H Rdn 2533, gegen den HB gem. § 304,
→ Haftbeschwerde, Teil H Rdn 2533, gegen eine negative Haftprüfungsentscheidung gem. § 117 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 304 Abs. 1,
→ Weitere Beschwerde, Teil W Rdn 5363, gem. § 310 Abs. 1 Nr. 1 gegen einen vom LG oder von einem nach § 120 Abs. 3 GVG zuständigen OLG auf eine (...

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