Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Regelungen zur Datengewinnung im Strafverfahren sind fast ausschließlich repressiver Natur. Ausnahmen bilden § 81b Alt. 2 StPO und § 81g StPO.
2. Für die im Strafverfahren zumeist zu repressiven Zwecken gewonnenen personenbezogenen Daten finden sich in der Strafprozessordnung allerdings Regelungen zur Umwidmung der Daten zu präventiven Zwecken.
3. Wurde eine erkennungsdienstliche Behandlung gem. § 81b Alt. 2 StPO angeordnet oder durchgeführt, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Dies gilt ebenso, wenn die Löschung der Daten begehrt wird.
4. Im Strafvollstreckungsverfahren werden personenbezogene Daten des Verurteilten bzw. Untergebrachten überwiegend zu präventiven Zwecken gewonnen.
 

Rdn 67

 

Literaturhinweise:

Becker/Ambrock, Datenschutz in den Polizeigesetzen, JA 2011, 561

Benfer, Die molekulargenetische Untersuchung (§§ 81e, 81g StPO), StV 1999, 402

Bergemann/Hornung, Die DNA-Analyse nach den Änderungen der Strafprozessordnung – Speicherung bis auf Widerruf?, StV 2007, 164

Krehl/Kolz, Genetischer Fingerabdruck und Verfassung, StV 2004, 447

Waszczynski, Rechtsschutzmöglichkeiten gegen erkennungsdienstliche Maßnahmen unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsnatur des § 81b Alt. 2 StPO, JA 2013, 60.

 

Rdn 68

1. Da das Strafverfahren seiner Natur nach rein repressiv ausgerichtet ist, verwundert es nicht, dass in der Strafprozessordnung grds. nur Regelungen zur Datengewinnung zur Aufklärung von Straftaten und damit zu repressiven Zwecken zu finden sind. Es existieren zwar Verwendungsregeln für die zu repressiven Zwecken gewonnen Daten auch zu präventiven Zwecken, nämlich sogenannte Regelungen zur Umwidmung, nicht aber Erhebungsregeln (vgl. hierzu → Daten, Datenumwidmung, personenbezogene Daten, Teil D Rdn 270 ff. und → Daten, Datenumwidmung, genetische Daten, Teil D Rdn 260 ff.). Umgekehrt existiert hingegen eine Regelung für den umgekehrten Fall der Umwidmung von präventiv gewonnenen personenbezogenen Daten zu repressiven Zwecken in § 100b Abs. 5 Nr. 3 StPO. Auch § 100d Abs. 5 Nr. 3 StPO enthält eine Regelung, nach der personenbezogene Daten, die polizeirechtlich erhoben wurden, unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Einwilligung des Betroffenen im Strafverfahren verwendet werden dürfen. Damit ist klar, dass sich Regelungen zur Datengewinnung zu präventiven Zwecken eher in den Polizeigesetzen der Länder finden und weniger in der Strafprozessordnung (hierzu Becker/Ambrock JA 2011, 561, 562 f.).

 

☆ Zu beachten ist, dass präventiv teilweise sogar weitergehende Eingriffsrechte bestehen als bei der repressiven Datengewinnung. So enthält § 20k BKAG die Möglichkeit zu präventiven Zwecken eine punktuelle oder auch dauerhafte Online-Durchsuchung durchzuführen (hierzu unten unter →  Daten , Datengewinnung, repressive, soziale Daten , Teil D Rdn  85 ; zur Online-Durchsuchung s. Burhoff , EV, Rn 2742).präventiv teilweise sogar weitergehende Eingriffsrechte bestehen als bei der repressiven Datengewinnung. So enthält § 20k BKAG die Möglichkeit zu präventiven Zwecken eine punktuelle oder auch dauerhafte Online-Durchsuchung durchzuführen (hierzu unten unter → Daten, Datengewinnung, repressive, soziale Daten, Teil D Rdn 85; zur Online-Durchsuchung s. Burhoff, EV, Rn 2742).

Nach der Rspr. des BGH besteht im Strafverfahren grds. Kein BVV, wenn die polizeirechtlich gewonnenen Daten rechtswidrig erhoben wurden (vgl. BGHSt 54, 69 ff. = NJW 2009, 3448, 3457)!

 

Rdn 69

2.a) Eine Ausnahme zur repressiven Datengewinnung im Strafverfahren stellt die Vorschrift des § 81b Alt. 2 StPO dar, der neben der erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschuldigten auch eine Eingriffsermächtigung für die erkennungsdienstliche Behandlung zu präventiven Zwecken enthält. § 81b Alt. 2 StPO bildet als Ausnahme zu den ansonsten rein strafrechtlich ausgerichteten Zwangsmaßnahmen eine Art Fremdkörper, weil es sich um eine reine gefahrenabwehrrechtliche Regelung handelt (vgl. etwa Waszczynski JA 2013, 60, 61). Obwohl es sich um eine im Strafprozessrecht geregelte Maßnahme handelt, kann damit kein Rechtsschutz mithilfe der ansonsten üblichen Beschwerde gegen die Anordnung gem. § 304 StPO oder richterlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchführung gem. § 98 Abs. 3 StPO analog erlangt werden. Die jedenfalls herrschende Lehre und auch die Rspr. gehen davon aus, dass der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet ist (BVerwGE 11, 181 ff. = NJW 1961, 571 f.; NJW 1967, 1192 f.; 26, 169 ff. = NJW 1983, 772 ff.; NVwZ-RR 2011, 710 f.; hierzu ausführlich unter → Daten, Rechtsschutz, verwaltungsgerichtliche Klage, Teil D Rdn 360 ff.). Während gegen die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung die Anfechtungsklage statthaft ist, kann dann, wenn die Anordnung bereits vollzogen wurde, nur Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben werden (VGH Mannheim NVwZ-RR 2004, 572 ff.; MüKo-StPO/Trück, § 81b Rn 14; vgl. a. Burhoff, EV, Rn 1921 f.).

 

Rdn 70

b) Die Aufbewahrung der präventiv gem. § 81b Alt. 2 StPO gewonnen Daten ric...

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