Das Wichtigste in Kürze:

1. Gespeicherte Daten unterliegen, jedenfalls dann wenn es um die Sicherstellung der Speichermedien geht, der Beschlagnahme gem. § 94 StPO.
2. Die Erhebung von Inhaltsdaten während des Übertragungsvorgangs der Telekommunikation ist in den §§ 100a und 100b StPO geregelt.
3. Während die sogenannten Quellen-TÜ und die Online-Durchsuchung zu präventiv-polizeilichen Zwecken gem. § 20i und 20k BKAG ausdrücklich geregelt sind, fehlt es im Strafverfahrensrecht an einer entsprechenden Rechtsgrundlage jedenfalls für die Online-Durchsuchung.
4. Da Telekommunikationsanbieter gem. § 96 TKG zur Löschung von Verkehrsdaten verpflichtet sind, sobald sie nicht mehr benötigt werden ist eine Verkehrsdatenabfrage gem. § 100g StPO nur zeitnah zum aufzuklärenden Geschehen erfolgversprechend!
5. Für die Auskunft über Bestandsdaten nach § 100j StPO gilt kein Richtervorbehalt.
 

Rdn 86

 

Literaturhinweise:

Bär, Die Neuregelung des § 100j StPO zur Bestandsdatenauskunft, Auswirkungen auf die Praxis der Strafverfolgung, MMR 2013, 700

Eisenberg/Singelnstein, Zur Unzulässigkeit der heimlichen Ortung per "stiller SMS", NStZ 2005, 62

Möstl, Vorratsdatenspeicherung – wie geht es weiter, ZRP 2011, 225

Kemper, Beschlagnahmefähigkeit von Daten und E-Mails, NStZ 2005, 538

Niehaus, Erhebung von Mautdaten durch Strafverfolgungsbehörden?, NZV 2004, 502

Puschke, Telekommunikationsüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und (sonstige) heimliche Ermittlungsmaßnahmen der StPO nach der Neuregelung zum 1.1.2008, NJW 2008, 113

Singelnstein, Möglichkeiten und Grenzen neuerer strafprozessualer Ermittlungsmaßnahmen – Telekommunikation, Web 2.0, Datenbeschlagnahme, polizeiliche Datenverarbeitung & Co., NStZ 2012, 593

Wicker, Durchsuchung in der Cloud – Nutzung von Cloud-Speichern und der strafprozessuale Zugriff deutscher Ermittlungsbehörden, MMR 2013, 765

s.a. Burhoff

EV, Rn 1361 u. 4494.

 

Rdn 87

1a.) Die Erhebung sozialer Daten ist aufgrund der Weite des Begriffes und der Vielzahl an Informationen, die als soziale personenbezogene Daten anzusehen sind, in zahlreichen Vorschriften der Strafprozessordnung geregelt. Hinsichtlich der Maßnahmen zur Datengewinnung sind, sofern sogenannte Inhaltsdaten erhoben werden sollen, vor allem an die Sicherung der Datenträger und das Abfangen der Daten selbst während der Übermittlung zu denken. Geht es bei der Datenerhebung hingegen um die sogenannten Verkehrsdaten, ermöglicht § 100g StPO etwa die Funkzellenabfrage oder die sogenannte Zielsuche. Unter Bestandsdaten sind gem. § 3 Nr. 3 TKG die Daten eines Teilnehmers zu verstehen, die für die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses mit dem Telekommunikationsanbieter erhoben werden. Solche Bestandsdaten können zu repressiven Zwecken gem. § 100j StPO erhoben werden (BeckOK-StPO/Graf, § 100a Rn 13).

 

Rdn 88

b) Für gespeicherte soziale Daten gilt grds., dass sie jedenfalls dann Gegenstände der Beschlagnahme gem. § 94 StPO sind, obwohl die Daten selbst keine körperlichen Gegenstände darstellen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 94 Rn 16a; Wicker MMR 2013, 765, 766; kritisch Kemper NStZ 2005, 538, 540), sobald sie auf sie durch Beschlagnahme des Speichermediums sichergestellt werden (vgl. MüKo-StPO/Hauschild, § 94 Rn 12). Das führt dazu, dass grds. Durchsuchungsmaßnahmen gem. § 102 StPO beim Beschuldigten oder gem. § 103 StPO beim Unbeteiligten, wie z.B. dem E-Mailprovider, möglich sind (vgl. Wickert MMR 2013, 765, 766 zur Durchsuchung von Cloud-Speichern). Für die Frage, ob eine Durchsuchung beim Beschuldigen oder beim Dritten erforderlich ist, kommt es grds. zunächst nur darauf an, wer faktisch die Verfügungsgewalt über die Daten hat. So hat der Cloud-Nutzer etwa die faktische Zugriffs- und Verfügungsmöglichkeit auf den von ihm genutzten Speicherplatz, weshalb sich eine Durchsuchung des Speicherplatzes des beschuldigten Cloud-Nutzers nach § 102 StPO richtet (Wicker MMR 2013, 765, 767). Befinden sich die Daten nunmehr aber nicht auf dem Computer oder Datenträger des Beschuldigten, bei dem gerade durchsucht wird, sondern etwa auf einem im Ausland befindlichen Server oder Cloud Storage, bedarf es grds. auch zur Durchsicht der Daten gem. § 110 Abs. 3 S. 2 StPO für die Sicherung der Daten im Wege der Rechtshilfe der Zustimmung des fremden Staates oder des jeweils Berechtigten einzuholen (BeckOK-StPO/Hegmann, § 110 Rn 15; KK-Bruns, § 110 Rn 8a; Wicker, MMR 2013, 765, 769; Burhoff, EV, Rn 1491 ff.).

 

☆ Hat der Betroffenen, dessen Computer beispielsweise durchsucht wird, jedoch direkt Zugriff auf das ausländische Speichermedium oder nennt den Ermittlungsbeamten gar seinen Zugangscode, greift § 110 Abs. 3 S. 2 StPO und eine Rechtshilfe ist nicht erforderlich.direkt Zugriff auf das ausländische Speichermedium oder nennt den Ermittlungsbeamten gar seinen Zugangscode, greift § 110 Abs. 3 S. 2 StPO und eine Rechtshilfe ist nicht erforderlich.

 

Rdn 89

2.a) Besondere Bedeutung kommt der repressiven Gewinnung von Telekommunikationsdaten zum Zeitpunkt ihrer Übertragung zu. Während die Daten, die bei...

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