Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Daten, die im Strafverfahren gewonnen wurden, können gem. § 481 StPO zu präventiv-polizeilichen Zwecken umgewidmet werden.
2. Sollen die Daten zu polizeipräventiven Zwecken verwendet werden, greift § 481 Abs. 1 S. 1 StPO.
3. Nach § 481 Abs. 2 StPO dürfen die personenbezogenen Daten nicht verwendet werden, sofern besondere bundes- oder landesgesetzliche Regelungen entgegenstehen, was zugleich zu einem Übermittlungsverbot gem. § 481 Abs. 1 S. 2 StPO führt.
4. Befinden sich Daten in polizeilichen Mischdateien, für die eine Verwendungsbeschränkung zu präventiv-polizeilichen Zwecken i.S.v. § 481 Abs. 2 StPO besteht, sollten diese gekennzeichnet werden, um einer unzulässigen Verwendung vorzubeugen.
 

Rdn 271

 

Literaturhinweise:

Brodersen, Das Strafverfahrensänderungsgesetz 1999, NJW 2000, 2536

Henrichs, Datenübermittlung von der Polizei an die Fahrerlaubnisbehörde, NJW 1999, 3152

Hilger, Zum Strafverfahrensrechtsänderungsgesetz 1999 (StVÄG 1999) – 2. Teil, NStZ 2001, 15.

 

Rdn 272

1.a) Wenn von Datenumwidmung die Rede ist, dann können hiervon sowohl die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten betroffen sein, als auch die genetischen Daten. Datenumwidmung meint in diesem Zusammenhang stets die Nutzung bereits bestehender im Strafverfahren gewonnener Daten, die nunmehr zum Zwecke der künftigen Strafverfolgung oder präventiv zur Gefahrenabwehr verwendet werden sollen. § 481 Abs. 1 StPO regelt die Datenumwidmung von personenbezogenen Daten, die im Strafverfahren gewonnen wurden, zu präventiv-polizeilichen Zwecken durch die Polizeibehörden.

 

Rdn 273

Mit Polizeibehörden sind alle Behörden gemeint, die polizeiliche Aufgaben wahrnehmen, also auch Zollfahndungsämter und Finanzbehörden (SSW-StPO/Ritscher, § 482 Rn 2). Mit § 481 Abs. 1 StPO wird das grds. bestehende Zweckbindungsverbot nahezu vollkommen außer Kraft gesetzt, weil die Vorschrift nicht mehr zwischen der Verwendung der Daten zu präventiven und repressiven Zwecken differenziert (vgl. SK-StPO/Weßlau, § 481 Rn 3).

 

Rdn 274

b) Die Zweckumwandlung der personenbezogenen Daten erfolgt gem. § 481 Abs. 1 StPO generell nach Maßgabe der Polizeigesetze (→ Daten, Datenlöschung, Strafverfahrensdateien und Verfahrensregister, Teil D Rdn 193; zur Übermittlung von Daten durch die Polizei an andere Behörden Henrichs, NJW 1999, 3152 ff.).

 

☆ D.h., dass sich Beschränkungen der Datenverwendung grds. nur aus den jeweiligen Polizeigesetzen ergeben können (vgl. hierzu auch SK-StPO/ Weßlau , § 481 Rn 2).Beschränkungen der Datenverwendung grds. nur aus den jeweiligen Polizeigesetzen ergeben können (vgl. hierzu auch SK-StPO/Weßlau, § 481 Rn 2).

Eine Ausnahme sieht § 481 Abs. 1 S. 3 StPO allein dann vor, wenn die Polizeibehörden ausschließlich zum Schutz privater Rechte tätig werden. In diesen Fällen ist die Verwendung von in Strafverfahren erlangten Daten durch die Polizeibehörden nicht zulässig (Hilger NStZ 2001, 15, 17).

 

Rdn 275

2.a) Die im Strafverfahren gewonnen personenbezogenen Daten befinden sich im Regelfall ohnehin bei den Polizeibehörden, weil diese die Daten überwiegend selbst im Ermittlungsverfahren erheben. Sollen die Daten zu polizeipräventiven Zwecken verwendet werden, greift § 481 Abs. 1 S. 1 StPO. Wurden die Daten durch die Polizei bereits ausschließlich zu präventiven Zwecken erhoben, ist § 481 StPO nicht anwendbar (Brodersen NJW 2000, 2536, 2539 f.; SSW-StPO/Ritscher, § 481 Rn 3).

 

☆ Die Frage, ob die Daten bereits rein präventiv gewonnen wurden, kann insbesondere bei erkennungsdienstlichen Daten gem. § 81b StPO von Bedeutung sein (vgl. hierzu oben unter →  Daten, Datengewinnung, präventive, Teil D Rdn  66 ).bereits rein präventiv gewonnen wurden, kann insbesondere bei erkennungsdienstlichen Daten gem. § 81b StPO von Bedeutung sein (vgl. hierzu oben unter → Daten, Datengewinnung, präventive, Teil D Rdn 66).

 

Rdn 276

Da sich die Voraussetzungen und Grenzen der Verwendung repressiv gewonnener Daten zu präventiven Zwecken nach den Polizeigesetzen der Länder richten (SSW-StPO/Ritscher, § 481 Rn 7), kann an dieser Stelle nicht abschließend für sämtliche Bundesländer dargelegt werden, wie die Verwendungsvoraussetzungen und ggf. Beschränkungen im Einzelnen ausgestaltet sind. Den meisten Polizeigesetzen ist jedoch gemein, dass dort das Prinzip des hypothetischen Ersatzeingriffs zur Grundlage gemacht wurde. D.h., dass die Speicherung, Veränderung oder Nutzung von personenbezogenen Daten zu anderen Zwecken als zu dem, zu dem sie erhoben wurden, dann zulässig ist, wenn die Daten durch die Polizei auch zu diesem Zweck hätten erhoben werden dürfen.

 

Rdn 277

 

Die entsprechenden Regelungen finden sich

für Baden-Württemberg in § 37 Abs. 2 S. 2 PolG BW,
für Bayern in Art. 37 Abs. 2 S. 2 Bay. PAG,
für Berlin in § 42 Abs. 2 S. 2 ASOG Bln.,
für Brandenburg in § 38 Abs. 1 S. 2 BbgPolG,
für Bremen in § 36b Abs. 1 Nr. 1 BremPolG,
für Hamburg in § 14 Abs. 1 S. 2 HmbPollDVG,
für Hessen in § 20 Abs. 3 S. 2 HSOG,
für Mecklenburg-Vorpommern in § 36 Abs. 1 S. 3 SOG ...

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