Reform des BND-Gesetzes

Die Reform der Datenübermittlungsvorschriften für den BND muss bis Jahresende unter Dach und Fach sein. Das BVerfG hat der Bundesregierung diese Frist zur Anpassung bestimmter Normen zur Datenübermittlung an das GG gesetzt.

Die Bundesregierung gerät mit der Reform der BND-Vorschriften zur Datenübermittlung langsam unter Druck. Mit Beschluss vom 28.9.2022 hatte das BVerfG (1 BvR 2354/13) einige Normen des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) zur Datenübermittlung für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist zur Änderung bis 31.12.2023 eingeräumt. Die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts zwingt den Gesetzgeber auch zu Änderungen des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG), weil das BNDG hinsichtlich der Datenübermittlung auf das BVerfSchG verweist.

Regelungsbereiche des BVerfSchG und des BNDG

Das BVerfSchG enthält Regelungen über die Aufgaben und die Rechtsstellung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und regelt die Zusammenarbeit des BfV mit den Verfassungsschutzbehörden der Länder. Das BNDG enthält Regelungen zu den Aufgaben und Befugnissen des BND sowie zu dessen Organisation.

BNDG-Novelle soll verfassungsgemäße Datenübermittlung gewährleisten

Die Bundesregierung hat am 30. August eine Novelle des BNDG beschlossen. Die Novelle soll unter anderem den vom BVerfG gestellten Anforderungen an eine verfassungsgerechte Datenverarbeitung und Datenübermittlung gerecht werden. Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung vom September 2022 unter anderem klargestellt, dass die weitreichenden Überwachungsbefugnisse der Nachrichtendienste im Vorfeld konkreter Gefahren nur gerechtfertigt sind, wenn die Weiterleitung der aus einer Überwachung gewonnenen Informationen an andere Behörden mit operativen Anschlussbefugnissen an gesetzlich klar definierte Voraussetzungen geknüpft wird (informationelles Trennungsprinzip).

Effektiverer Eigenschutz

Mit der Reform beabsichtigt die Bundesregierung aber auch einen besseren Eigenschutz des BND. Nicht zuletzt die Spionageaffäre des BND vom vergangenen Jahr, wonach ein Mitarbeiter des BND vertrauliche Informationen nach Russland weitergeleitet haben soll, war Anlass für neue Regeln zum verbesserten Eigenschutz u. a. gegenüber den eigenen Mitarbeitern.

Entkopplung der Vorschriften zur Datenübermittlung

Im Hinblick auf die Vorgaben des BVerfG steht u. a. eine Neuregelung des § 11 Abs. 3 BNDG im Fokus des Gesetzgebers. Die Vorschrift verweist hinsichtlich der Übermittlung personenbezogener Daten an die Staatsanwaltschaften, die Polizeibehörden und den militärischen Abschirmdienst (MAD) auf § 20 BVerfSchG. Exakt diese Vorschrift hatte das BVerfG teilweise für verfassungswidrig erklärt. Die nun von der Bundesregierung geplante Neuregelung entkoppelt die Übermittlungsbefugnisse nach dem BNDG vom BVerfSchG und sieht völlig eigenständige Übermittlungsregeln für den BND in §§ 11 ff BNDG-E vor.

Strenge Voraussetzungen für Datenübermittlung

Die Voraussetzungen für die Übermittlung von Informationen an inländische Stellen sollen künftig im BNDG im Einzelnen definiert werden:

  • Voraussetzung für die Übermittlung von Informationen durch den BND an das Bundesamt für Verfassungsschutz, an die Verfassungsschutzbehörden der Länder und an den MAD ist danach künftig, dass tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Erfüllung der Aufgaben des BND oder der empfangenden Stelle erforderlich ist.
  • Gemäß § 11a BNDG-E darf der BND personenbezogene Daten an inländische Strafverfolgungsbehörden künftig nur übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung zur Verfolgung von besonders schweren Straftaten erforderlich ist, für deren Vorliegen zumindest ein begründeter Verdacht besteht.
  • Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 BNDG-E sind besonders schwere Straftaten solche, die mit einer Freistrafe von mindestens 10 Jahren oder mit einer Mindestfreistrafe von 5 Jahren bedroht sind und die mit den Aufgaben des BND im Zusammenhang stehen.
  • Die Übermittlung personenbezogener Daten an andere inländische öffentliche Stellen setzt gemäß § 11b BNDG-E tatsächliche Anhaltspunkte für eine hinreichend konkretisierte Gefahr für ein besonders gewichtiges Rechtsgut voraus.
  • Besonders gewichtige Rechtsgüter sind Leib, Leben oder Freiheit einer Person, der Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, der Europäischen Union oder eines ihrer Mitgliedstaaten, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der Funktionsfähigkeit und Sicherheit der Bundeswehr sowie der Sicherheit und Arbeitsfähigkeit staatlicher Einrichtungen und wesentlicher Infrastruktureinrichtungen oder Anlagen.

Unterschiedlich gestaffelte Anforderungsschwellen für die Datenübermittlung

§ 11b Abs. 2 BNDG-E setzt die Anforderungsschwellen in bestimmten Fällen bei Gefahren für besonders gewichtige Rechtsgüter nach einem ausführlich geregelten Ausnahmekatalog unter bestimmten Voraussetzungen herab. § 11c BNDG-E wiederum verschärft die Anforderungen für eine Übermittlung personenbezogener Daten an nichtöffentliche Stellen. In diesen Fällen ist zusätzlich die vorherige Zustimmung durch die Behördenleitung des BND oder ihre Vertretung erforderlich. Eine Ausnahme besteht bei Gefahr im Verzuge. Des Weiteren differenziert das Gesetz danach, ob Daten an inländische oder ausländische Stellen übermittelt werden sollen.

Verbesserung des Eigenschutzes des BND und auch der Mitarbeiter

Besondere Befugnisse zur Durchführung und Anordnung zu Maßnahmen zum Eigenschutz des BND werden in §§ 65a ff BNG-E geregelt. Dazu gehören unter anderem Maßnahmen zur Sicherung von Verschlusssachen, die Kontrolle und Durchsuchung von Personen, Räumen, Taschen und Fahrzeugen. § 65 h BNDG-E erklärt die Datenerhebung zum Zwecke der Erlangung von Erkenntnissen über den Kernbereich privater Lebensgestaltung in diesem Zusammenhang grundsätzlich für unzulässig. Bei Verstößen steht Betroffenen ein Anspruch auf Löschung zu. Besondere Schutzvorschriften gelten für betroffene Minderjährige. Gemäß § 65k BNDG-E ist jede Verarbeitung von Informationen grundsätzlich zu protokollieren.

Bundesregierung plant weitere Novellierungen

Mit der Reform des BNDG soll eine Reform des BVerfSchG einhergehen, die auch dieses Gesetz an die vom BVerfG gestellten Anforderungen angleicht. In einer späteren 2. Novellierung sollen darüber hinaus die Wahrnehmung der Rechte von Maßnahmen des BND Betroffener gestärkt und die Pflichten des BND zur Benachrichtigung Betroffener über Überwachungsmaßnahmen erweitert werden. Die Eingriffsschwellen für den Einsatz von Überwachungssoftware sollen hochgesetzt und die Voraussetzungen für die Durchführung einer Online-Durchsuchung verschärft werden. Die Voraussetzungen für den Einsatz von V-Personen und sonstigen Informanten sollen entsprechend den Vorgaben des BVerfG dezidiert geregelt werden. Daneben sollen die Kontrolle des BND durch das Parlament, die Datenschutzaufsicht und die Regelungen zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern verbessert werden.

Inkrafttreten der Reform zum 1.1.2024 vorgesehen

Die Bundesregierung hat also noch einiges vor und steht dabei unter erheblichem Zeitdruck. Zentrale Vorschriften zur Übermittlung von Daten sind nach der Entscheidung des BVerfG vom September 2022 nur noch übergangsweise bis zum 31.12.2023 gültig. Die Reform soll daher gemäß Art. 3 des Referentenentwurfs zum 1.1.2024 in Kraft treten.


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