Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Gegenvorstellung ist grds. nur dann statthaft, wenn der Adressat befugt ist, seine eigene Entscheidung nachträglich zu ändern oder aufzuheben.
2. Bei Verletzung von (Verfahrens-) Grundrechten ist trotz fehlender Abänderungsbefugnis die Erhebung einer Gegenvorstellung zulässig.
 

Rdn 294

 

Literaturhinweise:

s. die Hinw. bei → Gegenvorstellung, Allgemeines, Teil B Rdn 274.

 

Rdn 295

1.a) Die Gegenvorstellung ist nur dann zulässig, wenn der Adressat überhaupt dazu befugt ist, seine Entscheidung selbst wieder aufzuheben bzw. abzuändern oder eine entsprechende Anordnung zu treffen (BGH wistra 1998, 307; wistra 1999, 28; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 1997, 273; OLG Hamm wistra 2000, 318, 319; OLG Koblenz NStZ-RR 1996, 300, 301; vgl. auch Nachw. bei Burhoff, EV, Rn 1591 ff.; KK-Paul, vor § 296 Rn 4; KMR-Plöd, vor § 296 Rn 4; SSW-StPO/Hoch, vor § 296 Rn 40; Werner NJW 1991, 19, 20; Wölfl StraFo 2003, 222, 225). Davon ist auszugehen in folgenden

 

Rdn 296

 

Beispielsfällen:

wenn eine Entscheidung nichtig ist, da eine solche keine Bindungswirkung entfaltet und ihre nachträgliche Aufhebung nur deklaratorische Bedeutung hat (OLG Hamm NJW 1971, 1624; OLG Schleswig NJW 1978, 1016; LR-Jesse, vor § 296 Rn 82),
wenn ein Beschluss oder eine Verfügung mit dem Rechtsmittel der einfachen Beschwerde (→ Beschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 400) angefochten werden kann (Burhoff, EV, Rn 1590; Holzinger StRR 2008, 208, 210; KMR-Plöd, vor § 296 Rn 4; LR-Jesse, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 24; SSW-StPO/Hoch, vor § 296 Rn 40; Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 8; Woesner NJW 1960, 2129, 2131) und daher der Abhilfemöglichkeit nach § 306 Abs. 2 unterliegt,
als eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung nur deshalb nicht angefochten werden kann, weil § 305 S. 1 entgegensteht (Burhoff, a.a.O.; HK-Rautenberg, § 296 Rn 5; Hohmann JR 1991, 10, 12; KK-Paul, vor § 296 Rn 4; KMR-Plöd, vor § 296 Rn 4; LR-Jesse, a.a.O.; Radtke/Hohmann/Radtke, a.a.O.; Woesner, a.a.O.),
weil der Rechtsmittelzug erschöpft ist (BGHSt 19, 365; OLG Hamm wistra 2000, 318, 319; Burhoff, a.a.O.; Hohmann JR 1991, 12; KMR-Plöd, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.; Woesner NJW 1960, 2129, 2130),
insbesondere wenn eine Haftentscheidung des OLG abgeändert bzw. aufgehoben werden soll (KK-Paul, a.a.O.).
 

☆ Zulässig muss die Gegenvorstellung aber auch dann sein, wenn der Beschwerdeweg nicht oder alsbald nicht beschritten werden soll. Denn ist die Entscheidung noch mit der einfachen Beschwerde (→  Beschwerde, Allgemeines , Teil A Rdn  400 ) anfechtbar und kann sie deshalb vom Gericht im Wege der Abhilfe gem. § 306 Abs. 2 noch geändert werden, besteht kein Grund, die Gegenvorstellung nicht zuzulassen ( Burhoff , a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt , vor § 296 Rn 24).Beschwerdeweg nicht oder alsbald nicht beschritten werden soll. Denn ist die Entscheidung noch mit der einfachen Beschwerde (→ Beschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 400) anfechtbar und kann sie deshalb vom Gericht im Wege der Abhilfe gem. § 306 Abs. 2 noch geändert werden, besteht kein Grund, die Gegenvorstellung nicht zuzulassen (Burhoff, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 296 Rn 24).

Die Gegenvorstellung ist wie die Dienstaufsichtsbeschwerde (→ Dienstaufsichtsbeschwerde, Teil B Rdn 262) der einzige Rechtsbehelf, der über die in § 147 Abs. 5 eingeräumten Rechtsschutzmöglichkeiten hinaus bei Verweigerung der AE durch die StA gegeben ist (OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2005, 376; LG Neubrandenburg NStZ 2008, 655; wegen der Einzelh. s. → Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Akteneinsicht, Teil B Rdn 67).

 

Rdn 297

b) Unzulässig ist die Gegenvorstellung indes sowohl gegen Entscheidungen, bei denen der Adressat durch die angefochtene Entscheidung bereits selbst gebunden ist, als auch dann, wenn diese nur von einem übergeordneten Gericht abgeändert werden dürfen (vgl. LR-Jesse, vor § 296 Rn 83; Matt MDR 1992, 820, 824). Eine mangelnde Abänderungs- bzw. Abhilfebefugnis besteht insofern bei solchen Entscheidungen/

 

Rdn 298

 

Beispielsfällen

die – wie etwa bei Urteilen – bereits in materielle Rechtskraft erwachsen sind (vgl. BVerfG NJW 2009, 829, 831; OLG Koblenz NStZ-RR 2015, 122; Burhoff, EV, Rn 1592; Hohmann JR 1991, 10, 11; Holzinger StRR 2008, 208, 210; Radtke/Hohmann/Radtke, § 296 Rn 9; Woesner NJW 1960, 2129, 2131; Wölfl StraFo 2003, 222, 225),

die solche Urteile inhaltlich bestätigen bzw. aufheben, wie dies bspw. bei Beschlüssen des Revisionsgerichts nach § 349 Abs. 2 und Abs. 4, die eine urteilsgleiche, verfahrensabschließende Sachentscheidung enthalten, der Fall ist (BGHSt 17, 94, 97; BGH wistra 1999, 28; wistra 2005, 270; wistra 2006, 271 und 465; OLG Jena NStZ-RR 1997, 10; HK-Rautenberg, § 296 Rn 5; Holzinger, a.a.O.; KK-Paul, vor § 296 Rn 4; KMR-Plöd, vor § 296 Rn 4; Radtke/Hohmann/Radtke, a.a.O.; Woesner, a.a.O.; Wölfl StraFo 2003, 222, 226; sehr weitgehend Hohmann JR 1991, 10, 12 [Unabänderbarkeit des Verwerfungsbeschlusses auch bei Irrtum des Gerichts über Zulässigkeitsumstände]),

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