Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Gegenvorstellung gehört zu den in der StPO nicht geregelten formlosen Rechtsbehelfen.
2. Da die Gegenvorstellung nicht zum Rechtsweg i.S.d. § 90 Abs. 2 BVerfGG zählt, vermag ihre Erhebung nicht die Monatsfrist für die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde offen zu halten.
3. Die Gegenvorstellung richtet sich an den Entscheidungsträger selbst mit dem Ziel, dass letzterer aufgrund erneuter Prüfung zu einer Modifikation seiner Entscheidung bewogen werden soll.
4. Aus verteidigungstaktischen Gründen kann es angezeigt sein, anstelle einer Beschwerde Gegenvorstellung zu erheben, um so ein Präjudiz zu vermeiden.
 

Rdn 275

 

Literaturhinweise:

Beukelmann, Bedeutung der Anhörungsrüge nach § 356a StPO und Gegenvorstellung, NJW-Spezial 2008, 344

Hohmann, Die Gegenvorstellung – "Stiefkind" des Strafverfahrens?, JR 1991, 10

Holzinger, Die Gegenvorstellung im Strafverfahren, ein verkannter Rechtsbehelf!, StRR 2008, 208

Lemke, Gegenvorstellungen gegen rechtskräftige, die Strafaussetzung widerrufende Beschlüsse, ZRP 1978, 281

Lübbe-Wolff/Frotz, Neuere Rechtsprechung des BVerfG zum Straf-, Untersuchungshaft- und Maßregelvollzug – Teil 1, NStZ 2009, 616

Matt, Die Gegenvorstellung im Strafverfahren, MDR 1992, 820

Meyer-Mews, Der Befangenheitsantrag nach erfolgloser Gegenvorstellung, StraFo 2000, 369

Nöcker, Verhältnis der Anhörungsrüge zur Gegenvorstellung, AO-StB 2011, 55

Rüsken, Wird die Gegenvorstellung abgeschafft? – Die Anrufung des gemeinsamen Senats durch den BFH, NJW 2008, 481

Schneider, Die Gegenvorstellung als Grundrechtsrüge, ZAP 2007, 1067

ders., Die Gegenvorstellung – ein Verwirrspiel, ZAP Fach 13, 1333

Weis, Gegenvorstellungen bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, NJW 1987, 1314

Werner, Strafprozessuale Gegenvorstellung und Rechtsmittelsystem, NJW 1991, 19

Woesner, Die Gegenvorstellung im Strafverfahren, NJW 1960, 2129

Wölfl, Die Gegenvorstellung im Strafprozess, StraFo 2003, 222

s.a. die Hinw. bei → Anhörungsrüge, Allgemeines, Teil B Rdn 1.

 

Rdn 276

1.a) Die Gegenvorstellung gehört zu den in der StPO nicht geregelten formlosen Rechtsbehelfen. Im Unterschied zu den Rechtsmitteln entfaltet die Gegenvorstellung weder Suspensiv- noch Devolutiveffekt (Hohmann JR 1991, 10, 11; Holzinger StRR 2008, 208, 209; LR-Jesse, vor § 296 Rn 78; Matt MDR 1992, 820, 824; Nöcker AO-StB 2011, 55, 56; Wölfl StraFo 2003, 222). Sie steht außerhalb der Verfahrensordnung (BGH NStZ 1993, 600; NStZ-RR 1998, 51) und zählt damit grds. nicht zum Rechtsweg gem. § 90 Abs. 2 BVerfGG (BVerfG NJW 2000, 273; NStZ-RR 2002, 109; NJW 2009, 829, 831; Lübbe-Wolff/Frotz NStZ 2009, 616, 617; s. aber noch BVerfG NJW 1983, 1900). Gleichwohl ist sie als Ausprägung des Petitionsrechts nach Art. 17 GG – auch verfassungsgerichtlich – grds. anerkannt (vgl. BVerfG NJW 1959, 427, 430; BVerwG NJW 1976, 637; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 1996, 251; OLG Hamm wistra 2000, 318, 318; OLG Karlsruhe NStZ 1993, 88; in der Lit. zum Strafverfahrensrecht s.u.a. Beukelmann NJW-Spezial 2008, 344; Burhoff, EV, Rn 2081 ff.; HK-Rautenberg, § 296 Rn 5; Hohmann JR 1991, 10; Holzinger StRR 2008, 208; KK-Paul, vor § 296 Rn 4; KMR-Plöd, vor § 296 Rn 3; LR-Jesse, StPO, vor § 296 Rn 77; Matt MDR 1992, 820; Meyer-GoßnerSchmitt, vor § 296 Rn 23; Beck/Michalke/Hamm, S. 696 ff.; Radtke/Hohmann/Hohmann, StPO, § 296 Rn 8; Werner NJW 1991, 19; Woesner NJW 1960, 2129; Wölfl StraFo 2003, 222).

 

Rdn 277

b) Die Gegenvorstellung kommt in der Verfahrenspraxis vor allem dann zum Tragen, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen anderer Rechtsbehelfe bzw. Rechtsmittel nicht (mehr) vorliegen (Schneider ZAP 2007, 1067; Woesner NJW 1960, 2129, 2130; Wölfl StraFo 2003, 222).

 

☆ Die Gegenvorstellung hat ihre Bedeutung durch die Einführung der Anhörungsrüge bzw. die Erweiterung der Möglichkeiten der Gehörsrüge (→  Anhörungsrüge, Allgemeines , Teil B Rdn  1 , m.w.N.) nicht verloren . Aufgrund des unterschiedlichen Regelungsgehaltes stehen diese beiden Rechtsbehelfe dem Betroffenen nebeneinander offen (vgl. Burhoff , EV, Rn 2081; Hohmann JR 1991, 10, 11; Matt MDR 1992, 820, 822; Nöcker AO-StB 2011, 55, 58; Schneider ZAP Fach 13, S. 1333, 1334; Wölfl StraFo 2003, 222; s. aber VGH Mannheim NJW 2005, 920 und BFH NJW 2008, 543; dazu Nöcker AO-StB 2011, 55 und Rüsken NJW 2008, 481; offen gelassen OVG Lüneburg Nds.Rpfl. 2005, 354; krit. auch Beukelmann NJW-Spezial 2008, 344 und Werner NJW 1991, 19, 20).Bedeutung durch die Einführung der Anhörungsrüge bzw. die Erweiterung der Möglichkeiten der Gehörsrüge (→ Anhörungsrüge, Allgemeines, Teil B Rdn 1, m.w.N.) nicht verloren. Aufgrund des unterschiedlichen Regelungsgehaltes stehen diese beiden Rechtsbehelfe dem Betroffenen nebeneinander offen (vgl. Burhoff, EV, Rn 2081; Hohmann JR 1991, 10, 11; Matt MDR 1992, 820, 822; Nöcker AO-StB 2011, 55, 58; Schneider ZAP Fach 13, S. 1333, 1334; Wölfl StraFo 2003, 222; s. aber VGH Mannheim NJW 2005, 920 und BFH NJW 2008, 543; dazu Nöcker AO-StB 2011, 55 und Rüsken NJW 2008, 481; offen gelassen OVG Lüneburg Nds.Rpfl. 2005, ...

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