Rz. 22

Der Kostenpflichtige soll nicht auch für die Kosten in Anspruch genommen werden, die das Gericht hätte vermeiden können. Unrichtige Sachbehandlung liegt z. B. dann vor, wenn dem Gericht ein Verfahrensfehler unterlaufen ist oder es eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung erteilt hat. Sind einem Beteiligten dadurch Gerichtskosten erwachsen, so sind sie nicht zu erheben[1].

Nicht jeder Fehler des Gerichts führt aber schon dazu, dass auf die Festsetzung von Gebühren zu verzichten ist. Das Gericht muss eindeutig einen Verfahrensfehler begangen haben, und der Verstoß muss offen zutage getreten sein[2]. Hat das Gericht dagegen eine Beschwerde gegen ein von ihm erlassenes Urteil in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet, obwohl der unterlegene Kläger eine solche nicht einlegen wollte, und bleibt diese erfolglos, besteht keine Veranlassung, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten[3].

Wird die Entscheidung des FG vom BFH aus Rechtsgründen aufgehoben und erweist sich dadurch eine im Verfahren erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme als überflüssig, so führt dies nicht zur Nichterhebung der dadurch verursachten Kosten.

Ebenso führt eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung nicht zwangsläufig zur Nichterhebung von Gerichtskosten. Hat das FG nämlich den Antragsteller nachträglich auf den Fehler hingewiesen, ist die Erhebung von Gerichtskosten zulässig, wenn dieser trotzdem seine Beschwerde aufrecht erhält[4]. Auf die Erhebung der Kosten ist nur zu verzichten, wenn der Fehler ursächlich für die Einlegung des Rechtsmittels war, also wenn sich der Kläger auf die falsche Rechtsmittelbelehrung verlassen und entsprechend gehandelt hat[5]. Fehlt andererseits z. B. dem Beschluss über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe in der Rechtsbehelfsbelehrung ein Hinweis auf die Kostenfolge einer Beschwerde gegen diesen Beschluss, liegt darin keine falsche Sachbehandlung. Folglich sind die Kosten anzusetzen[6].

Hat hingegen ein Betreuter ohne Einwilligung des Betreuers Klage erhoben und ist, wenn ein Einwilligungsvorbehalt gerichtlich angeordnet worden ist[7], die Klage als unzulässig verworfen worden, so werden keine Kosten erhoben, wenn der Kläger aus Unkenntnis der fehlenden Prozessfähigkeit die Klage erhoben hat[8].

Keine unrichtige Sachbehandlung liegt vor, wenn das Urteil des Gerichts auf einer nicht vorhersehbaren Änderung der Rspr. beruht, denn jeder Prozess birgt die Ungewissheit über den Ausgang in sich. Folglich hat jeder Beteiligte mit der Möglichkeit des – kostenpflichtigen – Unterliegens zu rechnen[9].

Hat das FG dem Ruhen des Verfahrens wegen Anhängigkeit einer Verfassungsbeschwerde zu derselben Rechtsfrage nicht zugestimmt, weil das Vorlageverfahren erst nach Ergehen, aber vor Veröffentlichung des verfassungsgerichtlichen Urteils erhoben worden ist, so liegt keine unrichtige Sachbehandlung vor[10].

Eine Herabsetzung der Kosten wegen eines angeblich verhältnismäßig geringen gerichtlichen Aufwands ist jedoch nicht möglich. Hierfür bietet das Kostenrecht keine Rechtsgrundlage[11]. Ein Verschulden des Gerichts ist nicht erforderlich[12].

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