Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung

 

Leitsatz (NV)

1. Die Beschwerde gegen einen die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden FG-Beschluß nach § 69 Abs. 3 FGO ist nur statthaft, wenn das FG sie in diesem oder einem späteren Beschluß ausdrücklich zugelassen hat. Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung, die von der Statthaftigkeit der Beschwerde ausgeht, ersetzt diese Zulassung nicht.

2. Wegen der unzutreffenden Belehrung kann in einem solchen Fall jedoch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG von der Erhebung der gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens abgesehen werden.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, § 128 Abs. 3 S. 1; GKG § 8 Abs. 1 S. 3

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) hatte beim Finanzgericht (FG) beantragt, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1995 (Streitjahr) gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen. Das FG lehnte diesen Antrag ab. Die Beschwerde gegen seine Entscheidung ließ das FG nicht zu; es wies in der (im Anschluß an die Entscheidungsformel) gegebenen Rechtsmittelbelehrung darauf hin, daß die Beschwerde an den Bundesfinanzhof (BFH) nur zulässig sei, wenn das FG sie zugelassen habe. Weiter führte es aus, daß die Beschwerde beim FG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen sei. Daran anschließend wies das FG auf den vor dem BFH bestehenden Vertretungszwang hin.

Der Antragsteller legte mit Schreiben vom 3. August 1996 gegen den FG-Beschluß persönlich "Einspruch" ein. Er verfolgt letztlich die Erstattung von 4 000 DM Einkommensteuer.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat wertet das Schreiben des Antragstellers -- wie auch schon das FG -- als Beschwerde.

Diese ist jedoch unzulässig.

Das folgt schon daraus, daß der Antragsteller das Rechtsmittel persönlich eingelegt hat. Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte -- ausgenommen juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden -- durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen. Dies gilt auch schon für die Einlegung der Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Darauf ist der Antragsteller in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses zutreffend und ausreichend hingewiesen worden.

Ungeachtet dessen ergibt sich die Unzulässigkeit der Beschwerde auch noch aus § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO. Nach dieser Vorschrift steht den Beteiligten gegen einen Beschluß des FG nach § 69 Abs. 3 FGO die Beschwerde nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Zwar kann die Beschwerde nach neuerer Rechtsprechung des BFH (s. insbesondere Beschluß vom 10. Oktober 1991 XI B 18/90, BFHE 165, 565, BStBl II 1992, 301) auch noch in einem späteren Beschluß zugelassen werden. Doch ersetzt eine Rechtsmittelbelehrung, daß gegen den -- hier ablehnenden -- Beschluß (nach § 69 Abs. 3 FGO) die Beschwerde zulässig sei, die vom FG auszusprechende Zulassung nicht (s. hierzu z. B. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 69 Anm. 170, mit Rechtsprechungshinweisen; zur insoweit identischen Vorschrift des Art. 1 Nr. 3 BFHEntlG). Eine derartige Rechtsmittelbelehrung ist vielmehr fehlerhaft (BFH-Beschluß vom 15. November 1989 V B 143/89, BFH/NV 1990, 725; wiederum zu Art. 1 Nr. 3 BFHEntlG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Von der Erhebung der Gerichtskosten wird jedoch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes abgesehen. Die Rechtsmittelbelehrung des FG war -- wie oben ausgeführt -- unzutreffend; sie wies -- aus welchen Gründen auch immer -- auf den vom Gesetz nicht eröffneten, aber vom Antragsteller gleichwohl beschrittenen Rechtsmittelweg hin. Es besteht die Möglichkeit, daß der Antragsteller gerade durch diesen Hinweis zur Einlegung der Beschwerde veranlaßt worden ist. Angesichts dieser Rechts- und Sachlage von ihm auch noch die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu verlangen, wäre unbillig (vgl. auch hierzu den o. g. BFH-Beschluß in BFH/NV 1990, 725).

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 256

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge