1. Zielrichtung ist entscheidend

 

Rz. 6

Die Entstehung der Gebühr nach VV 2504 setzt voraus, dass der Anwalt eine Tätigkeit entfaltet, die auf die Erstellung eines Plans zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Grundlage zur Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern gerichtet ist. Für die Entstehung der Gebühr ist nicht erforderlich, dass ein schriftlicher Schuldenbereinigungsplan, der auch die Gläubiger schon erkennen lässt, schon vollständig erstellt ist.[11] Denn Voraussetzung ist nach VV 2504 nur, dass die anwaltliche Tätigkeit dieses Ziel hat. Allerdings muss die anwaltliche Tätigkeit zumindest eine Ausarbeitung erkennen lassen, welche wenigstens in einzelnen konzeptionellen Elementen das ernsthafte Bemühen für die Schuldnerseite erkennen lässt, eine Verhandlungsbasis gegenüber der Gläubigerseite für eine einvernehmliche Lösung anzubieten.[12]

 

Rz. 7

Die anwaltliche Tätigkeit muss sich auf einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch, der eine gewisse Gesamtschau der Forderungen jedenfalls im Ansatz einschließlich irgendwie gearteter ergebnisorientierter Überlegungen zum Lösungsvorschlag enthält, beziehen.[13] Diese Anforderungen erfüllt ein lediglich Erkundungen einziehendes Einzelschreiben keinesfalls.[14] Nicht verbundene Einzelschreiben des Rechtsanwalts an die einzelnen Gläubiger des Beratungshilfemandanten, die jeweils nur einen Vorschlag bezüglich der sie betreffenden Forderung erhalten, stellen keinen Plan i.S.v. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar und machen die Entstehung der erhöhten Geschäftsgebühren nicht unbedingt glaubhaft.[15]

[11] A.A. KG RVGreport 2008, 388 = JurBüro 2008, 591; AG Darmstadt 23.8.2012 – 3 UR 1030/12.
[13] OLG Frankfurt JurBüro 2008, 422.
[14] OLG Frankfurt JurBüro 2008, 422.
[15] Vgl. LG Hannover JurBüro 2007, 251.

2. Nullplan

 

Rz. 8

Ebenfalls genügt es nach umstrittener Auffassung nicht, wenn der Anwalt den Gläubigern nur einen sog. starren Nullplan mit dem Erklärungsgehalt des Schuldners "Ich zahle jetzt und auch später – nichts!" übermittelt hat,[16] unabhängig von der weiteren Rechtsfrage, ob ein starrer Nullplan überhaupt eine zulässige Grundlage eines Schuldenbereinigungsverfahrens nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO sein kann.[17] Dasselbe gilt für einen sogenannten flexiblen Nullplan ohne Befriedigungsperspektive.[18] Ein "Fast-Nullplan" wird dagegen als ausreichend anzusehen sein, weil er den Gläubigern eine Befriedigungsperspektive schafft.[19]

 

Rz. 9

Nachdem der BGH[20] festgestellt hat, dass im Schuldenbereinigungsplanverfahren auch die Vorlage eines Nullplans oder eines Fast-Nullplans zulässig ist, dürfte viel dafür sprechen, dass zur Herstellung eines Gleichklangs zwischen (Insolvenz-)Verfahrensrecht und Anwalts-Gebührenrecht die erhöhten Geschäftsgebühren nach VV 2504 ff. auch bei Nullplänen anfallen.[21] Außerdem weist das OLG Stuttgart[22] zutreffend darauf hin, dass die Auslegung der Vergütungsvorschriften für den Urkundsbeamten (§ 55) im Alltagsgeschäft praktikabel sein muss. Gerade die Prüfung einer Befriedigungsperspektive wird mit den im Festsetzungsverfahren verfügbaren Mitteln nicht regelmäßig mit vertretbarem Aufwand leistbar sein.

[16] OLG Stuttgart 13.11.2012 – 8 W 399/12, aber aufgegeben OLG Stuttgart 8.2.2019 – 8 W 236/17, bei Angebot eines Nullplans bei ungewisser Zukunftsperspektive; OLG Bamberg 6.8.2010 – 4 W 48/10; a.A. OLG Köln 13.7.2016 – I-17 W 85/16; OLG Nürnberg 21.11.2016 – 8 Wx 698/16; LG Verden 11.9.2009 – 3a T 96/09; LG Düsseldorf 25.4.2006 – 19 T 77/06.
[17] Vgl. insoweit MüKo-InsO/Ott/Vuia, § 305 InsO Rn 65 ff.
[18] OLG Stuttgart 29.1.2014 – 8 W 435/13, aber aufgegeben OLG Stuttgart 8.2.2019 – 8 W 236/17, bei Angebot eines Nullplans bei ungewisser Zukunftsperspektive; a.A. OLG Köln 13.7.2016 – I-17 W 85/16; OLG Nürnberg 21.11.2016 – 8 Wx 698/16; LG Verden 11.9.2009 – 3a T 96/09; LG Düsseldorf 25.4.2006 – 19 T 77/06.
[21] OLG Stuttgart 8.2.2019 – 8 W 236/17; OLG Köln 13.7.2016 – I-17 W 85/16; OLG Nürnberg 21.11.2016 – 8 Wx 698/16; LG Düsseldorf 25.4.2006 – 19 T 77/06; Hansens, RVGreport 2016, 221.

3. Vorhandene Gläubiger

 

Rz. 10

Erforderlich ist nicht, dass der Anwalt gegenüber mehreren Gläubigern tätig wird, auch wenn der Gesetzgeber den durch eine Mehrheit von Gläubigern entstehenden erhöhten Arbeitsaufwand als ausgleichswürdig angesehen hat.[23] Die Gebühr VV 2504 fällt bereits an, wenn der Anwalt nur gegenüber einem (möglicherweise dem einzigen) Gläubiger des Schuldners i.S.d. Gebührentatbestands tätig wird.[24] Zwar ist in VV 2504 von "Gläubigern" die Rede, was dafür spricht, dass mindestens 2 Gläubiger vorhanden sein müssen. Indes benennt VV 2504 einen Gebührenbetrag "bei bis zu 5 Gläubigern", ohne eine Mindestzahl der Gläubiger anzugeben. Der Maßgabe von bis zu 5 Gläubigern unterfällt auch ein einziger Gläubiger.

 

Rz. 11

Bei der erhöhten Geschäftsgebühr nach VV 2504...

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