Leitsatz (amtlich)

Vergütung des Beratungshilfeanwalts für die Tätigkeit mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsoO): Die Voraussetzungen für einen Gebührenanspruch nach Nrn. 2504 ff. RVG-VV werden durch das Anbieten eines sog. "Fast-Nullplans" reglmäßig erfüllt, da ein solcher überwiegend nicht als perspektivlos im Sinne der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 28.01.2014, Az. 8 W 35/14, veröff. in ZinsO 2015, 206, und ZVI 2015, 54) anzusehen sein wird.

 

Normenkette

InsO § 305 Abs. 1 Nr. 1; RVG-VV Nr. 2504 ff.

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Beschluss vom 22.08.2016; Aktenzeichen 1 T 156/16)

AG Ellwangen (Aktenzeichen BHG 56/16)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Ellwangen vom 22.8.2016, Az. 1 T 156/16, wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Im Streit ist die Höhe der Vergütung der Antragsteller wegen ihrer Tätigkeit für die von ihnen Vertretene, der mit Beschluss vom 9.6.2015 Beratungshilfe bewilligt worden war für die Angelegenheit "Außergerichtliche Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans gemäß § 305 InsO". Erstellt wurde ein so genannter "Fast-Nullplan", mit dem trotz eines unter der Pfändungsfreigrenze liegenden Arbeitseinkommens der Vertretenen über einen Zeitraum von 6 Jahren monatlich eine Schuldentilgung von 50 EUR angeboten wurde bei einer gesamten Schuldenlast von 49.940,86 EUR, woraus sich eine Tilgungsquote von 7,21 % errechnete. Die Vertretene ist ausweislich des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 21.4.2015 am 29.9.1987 geboren und als Teilzeitfachkraft tätig bei "Burger King". In dem Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten an die Gläubiger vom 30.9.2015 zum Zwecke des Versuchs einer außergerichtlichen Schuldenregulierung hat sie mitgeteilt, dass von ihr höhere Beträge gezahlt werden können, sofern sich ihre Einkommensverhältnisse innerhalb der genannten 6 Jahre ändern, und dass sie insoweit bereits auf der Suche nach einer besser bezahlten Arbeitsstelle sei.

Mit dem Antrag vom 28.10.2015 haben die Antragsteller ihre Vergütungsfestsetzung nach Nr. 2505 RVG-VV (7 Gläubiger) i.H.v. 405 EUR zuzüglich Auslagenpauschale nach Nr. 7002 RVG-VV von 20 EUR und Umsatzsteuer nach 7008 RVG-VV von 80,75 EUR, insgesamt 505,75 EUR, geltend gemacht. Festgesetzt wurden dagegen von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG Ellwangen mit Beschluss vom 11.1.2016 lediglich eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 RVG-VV von 85 EUR, die Auslagenpauschale von 17 EUR und Umsatzsteuer von 19,38 EUR, insgesamt 121,38 EUR.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Antragsteller wurde nach Anhörung der Bezirksrevisorin und Nichtabhilfe durch die Rechtspflegerin mit Beschluss des Direktors des AG Ellwangen vom 3.5.2016 als unbegründet zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde der Antragsteller wurde infolge der Nichtabhilfe durch das AG und nach erneuter Anhörung der Bezirksrevisorin die angefochtene Entscheidung des AG vom 3.5.2016 durch die 1. Zivilkammer des LG Ellwangen, an die das Verfahren von der Einzelrichterin übertragen worden war, mit dem Beschluss vom 22.8.2016 dahingehend abgeändert, dass die an die Antragsteller zu zahlende Vergütung auf 505,75 EUR festgesetzt wurde. Zugleich wurde die weitere Beschwerde zugelassen, die von der Bezirksrevisorin am 25.8.2016 eingelegt wurde.

Das LG hat die Akten ohne Abhilfe mit Beschluss vom 25.8.2016 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die weitere Beschwerde ist statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und damit zulässig (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6, Abs. 3 S. 3 Abs. 4 S. 4 RVG).

In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

Zu Recht ist das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragsteller vorliegend die Tätigkeitsgebühr nach Nr. 2505 RVG-VV verdient haben.

Es wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und äußerst sorgfältigen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss vom 22.8.2016 verwiesen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt.

Soweit sich die Bezirksrevisorin insbesondere auf die Senatsentscheidung vom 28.1.2014, Az. 8 W 35/14, veröff. in ZInsO 2015, 206, und in ZVI 2015, 54, beruft, ist die dortige Fallkonstellation mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbar.

Es handelte sich dort um einen so genannten "flexiblen Nullplan", mit dem den Gläubigern mitgeteilt wurde, dass der Schuldner eine nicht pfändbare Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 658,29 EUR erhält und auch sonst kein pfändbares Vermögen vorhanden ist, so dass die übernommene Verpflichtung für die ersten 2 Jahre an den Gläubiger Z. 10 und in den folgenden 4 Jahren den übrigen Gläubigern den pfändbaren Betrag nach § 850c ZPO zu bezahlen ins Leere ging - wie auch das zugesagte Bemühen um eine zumutbare angemessene Erwerbstätigkeit bei Bezug einer Rente wegen Erwe...

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