Rz. 129

Nach der zutreffenden und wohl herrschenden Gegenauffassung wird zunächst die Verfahrensgebühr ohne Erhöhung nach VV 1008 aus dem Gesamtwert bzw. dem gem. § 22 Abs. 1 zusammengerechneten Wert ermittelt und sodann eine Erhöhung nach VV 1008 aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung berechnet. § 15 Abs. 3 wird nicht angewandt.[258]

 

Beispiel:

Im Beispiel oben (siehe Rdn 126) ergibt sich dann folgende Berechnung:

 
1,3-Verfahrensgebühr (VV 3100), Wert 5.220 EUR 507,00 EUR
0,3-Verfahrensgebühr (VV 1008), Wert 720 EUR 26,40 EUR
Gesamt 533,40 EUR
 

Rz. 130

Gegen diese Berechnungsweise spricht vordergründig, dass die Gebührenerhöhung nach VV 1008 hierbei als eigener Gebührentatbestand erscheint (Erhöhungsgebühr), obwohl nach VV 1008 eine einheitliche Verfahrensgebühr einschließlich Erhöhung entsteht (siehe Rdn 3 f.).

 

Rz. 131

Für diese Berechnung spricht aber, dass zutreffend gem. § 22 Abs. 1 in derselben Angelegenheit zunächst die Werte mehrerer verschiedener Gegenstände zusammengerechnet werden und erst anschließend die Gebührenerhöhung aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung angesetzt wird.

 

Rz. 132

 

Beispiel 1: Rechtsanwalt R vertritt den Fahrer A, den Halter B und dessen Haftpflichtversicherung C, die auf Zahlung i.H.v. 20.000 EUR in Anspruch genommen worden sind. Der Halter B und die Haftpflichtversicherung C erheben durch Rechtsanwalt R Widerklage gegen den Kläger und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung i.H.v. 10.000 EUR. A macht im Wege der Widerklage einen Anspruch i.H.v. 2.000 EUR gegen den Kläger geltend.

1. Berechnungsmöglichkeit (siehe Rdn 126 f.):

 
1,9 Verfahrensgebühr VV 3100, 1008, Wert 20.000 EUR 1.561,80 EUR
1,6 Verfahrensgebühr VV 3100, 1008, Wert 10.000 EUR 982,40 EUR
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100, Wert 2.000 EUR 215,80 EUR
Gesamt 2.760,00 EUR

Gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als eine 1,9 Verfahrensgebühr (Wert 32.000 EUR) mit 1.968,40 EUR, die hier die Obergrenze bilden.

2. Berechnungsmöglichkeit (siehe Rdn 129 f.):

 
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100, Wert 32.000 EUR 1.346,80 EUR
0,6 Erhöhung VV 1008, Wert 20.000 EUR 493,20 EUR
0,3 Erhöhung VV 1008, Wert 10.000 EUR 184,20 EUR
Gesamt 2.024,20 EUR

Beispiel nach Kindermann, Gebührenpraxis für Anwälte, Teil 1 Rn 145.

Bei der ersten Berechnungsmöglichkeit entfällt somit unter Berücksichtigung des nach § 15 Abs. 3 ermittelten Höchstbetrages auf die Gebührenerhöhung im Ergebnis lediglich ein Betrag i.H.v. 621,60 EUR. Das ergibt sich aus folgender Berechnung:

 
  1.968,40 EUR (1,9 Verfahrensgebühr – höchster Gebührensatz – aus 32.000 EUR gem. § 15 Abs. 3)
1.346,80 EUR (1,3 Verfahrensgebühr – ohne Erhöhung – aus 32.000 EUR)
= 621,60 EUR Entspricht 0,6 Erhöhung aus 32.000 EUR

Bei der ersten Berechnungsmöglichkeit (§ 15 Abs. 3) wird damit nach der Gebührentabelle zu § 13 im Ergebnis eine 0,6 Erhöhung für zwei weitere Auftraggeber aus einem zusammengerechneten Wert i.H.v. 32.000 EUR berechnet.

R hat aber nicht zwei weitere Auftraggeber wegen 32.000 EUR, sondern zwei weitere Auftraggeber wegen 20.000 EUR, einen anderen weiteren Auftraggeber wegen 10.000 EUR und nur einen Auftraggeber wegen 2.000 EUR vertreten, was bei der zweiten Berechnungsmethode berücksichtigt wird.[259]

Die Berechnungen zeigen, dass die Erhöhungen bei der 2. Berechnungsmöglichkeit nur nach den Beträgen berechnet werden, an dem die mehreren Auftraggeber auch tatsächlich gemeinschaftlich beteiligt sind. Noch deutlicher zeigt sich das bei dem nachfolgenden Beispiel:

 

Rz. 133

 

Beispiel 2: Rechtsanwalt R vertritt den Fahrer A, den Halter B und dessen Haftpflichtversicherung C, die auf Zahlung i.H.v. 20.000 EUR in Anspruch genommen worden sind. Der Halter B und die Haftpflichtversicherung C erheben durch Rechtsanwalt R Widerklage gegen den Kläger und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung i.H.v. 10.000 EUR. A macht im Wege der Widerklage einen Anspruch i.H.v. 2.000 EUR, B i.H.v. 4.000 EUR gegen den Kläger geltend.

1. Berechnungsmöglichkeit (siehe Rdn 126 f.):

 
1,9 Verfahrensgebühr VV 3100, 1008 (Wert 20.000 EUR) 1.561,80 EUR
1,6 Verfahrensgebühr VV 3100, 1008 (Wert 10.000 EUR) 982,40 EUR
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100 (Wert 2.000 EUR)  215,80 EUR
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100 (Wert 4.000 EUR)  361,40 EUR
Gesamt 3.121,40 EUR

Gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als eine 1,9 Verfahrensgebühr (Wert 36.000 EUR) mit 2.122,30 EUR, die hier die Obergrenze bilden.

2. Berechnungsmöglichkeit (siehe Rdn 129 f.): Wertaddition und dann Gebührenerhöhung VV 1008:

 
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100 (Wert 36.000 EUR) 1.452,10 EUR
0,6 Erhöhung VV 1008 (Wert 20.000 EUR) 493,20 EUR
0,3 Erhöhung VV 1008 (Wert 10.000 EUR)  184,20 EUR
Gesamt 2.129,50 EUR

Bei der ersten Berechnungsmöglichkeit entfällt somit unter Berücksichtigung des nach § 15 Abs. 3 ermittelten Höchstbetrages auf die Gebührenerhöhung im Ergebnis lediglich ein Betrag i.H.v. 670,20 EUR. Das ergibt sich aus folgender Berechnung:

 
  2.122,30 EUR (1,9 Verfahrensgebühr – höchster Gebührensatz – aus 36.000 EUR gem. § 15 Abs. 3)
1.452,10 EUR (1,3 Verfahrensgebühr – ohne ...

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