Rz. 11

Von der Staatskasse eingezogene Beträge sollen zuvorderst dieser selbst zugutekommen. Erst wenn die Ansprüche der Staatskasse auf Regulierung der rückständigen und entstehenden Gerichtskosten, Gerichtsvollzieherkosten und von ihr bezahlten Anwaltskosten (§ 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) sämtlich abgedeckt sind, bilden die weiteren Einnahmen einen Überschuss, auf den der beigeordnete Anwalt zugreifen kann. Vorrangig sind sowohl die Gerichtskosten, für die die Partei als Erstschuldnerin haftet (§§ 29 Nr. 1, 31 Abs. 2 GKG, §§ 24 Nr. 1, 26 Abs. 2 FamGKG), als auch etwaige Zweitschuldnerhaftungen (§§ 22, 31 Abs. 2 GKG, §§ 21 Nr. 1, 26 Abs. 2 FamGKG; vgl. Teil I A Nr. 2.5.1.3 VwV Vergütungsfestsetzung, § 55 Rdn 2). Auf die Art der Zahlungseingänge kommt es nicht an, sondern nur auf ihre Zweckbestimmung. Es kann sich um Zahlungen der Partei aufgrund des PKH-Beschlusses, aber auch um solche des Gegners handeln, die zur Erfüllung des nach § 59 Abs. 1 auf die Staatskasse übergegangenen Anspruchs des beigeordneten Anwalts geleistet worden sind.

 

Beispiel: Die Partei hat für eine Zahlungsklage über 35.000 EUR Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsanordnung erhalten. Die Staatskasse hat an den beigeordneten Anwalt einen Vorschuss in Höhe der Grundvergütung von 1.487,50 EUR (2,5 Gebühren zu je 492 EUR zuzüglich 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale zuzüglich 19 % USt) gezahlt. Die Partei gewinnt; der Gegner hat die Kosten zu tragen. Nachdem sie 360 EUR an Raten aufgebracht hat, meldet die Partei (nicht: der beigeordnete Anwalt) ihre Anwaltskosten zur Festsetzung an.

Sollte der Gegner die Gerichtskosten als Entscheidungsschuldner (§§ 29 Nr. 1, 31 Abs. 2 GKG, §§ 24 Nr. 1, 26 Abs. 2 FamGKG) bereits gezahlt haben, ist die Anwaltsvergütung von 1.487,50 EUR durch die Zahlungen der Partei in Höhe von 360 EUR teilweise gedeckt[8] (andernfalls kann die Staatskasse die eingegangenen Raten einstweilen auf die Gerichtskosten verrechnen), so dass die Staatskasse noch 1.127,50 EUR (1.487,50 EUR Zahlbetrag abzgl. 360 EUR Rateneingang) als übergegangenen Anspruch ansetzen kann (vgl. Teil I A Nr. 2.3.1 VwV Vergütungsfestsetzung; § 55 Rdn 2); siehe § 59 Rdn 12. Dieser Betrag ist von der Erstattungsforderung der Partei abzuziehen. Festzusetzen sind also 3.105,90 EUR (2,5 Gebühren zu je 1.036 EUR zuzüglich 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale zuzüglich 19 % USt) abzüglich auf die Staatskasse übergegangener 1.127,50 EUR, ergibt 1.1978,40 EUR. Zahlt der Gegner den auf die Staatskasse übergegangenen Anspruch freiwillig (vgl. Teil I A Nr. 2.3.5 VwV Vergütungsfestsetzung), hat sie Einnahmen von insgesamt 1.487,50 EUR (360 EUR Raten der Partei + 1.127,50 EUR Erstattung durch den Gegner). Damit sind ihre eigenen Kosten gedeckt. Erst jeder weitere Eingang würde einen Überschuss ergeben.

[8] Vgl. außerdem OLG Düsseldorf MDR 1988, 243: Eingezogene Beträge sind auch dann nicht für die Gerichtskosten einzusetzen, wenn dem unterlegenen Gegner Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.

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