Rz. 13

Zuständig für die Bewilligung ist das jeweils erkennende Gericht. Da es sich ebenso wie bei der Beiordnung um eine verwaltungsrechtliche Nebenentscheidung handelt (vgl. § 45 Rdn 6),[19] vermag die Wirkung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht weiter zu reichen als die Entscheidungskompetenz des Gerichts.[20] Dementsprechend regelt § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO, dass die Bewilligung für jeden Rechtszug besonders erfolgt;[21] für die Tätigkeit des Anwalts "zwischen den Instanzen" kommt sie nicht in Betracht, also insbesondere nicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels.[22]

 

Rz. 14

Nach dem Sinngehalt dieser Bestimmung ist der Begriff des Rechtszugs allerdings nicht umfassend prozessrechtlich, sondern gebührenrechtlich zu verstehen, weil es sich um eine Kostenvorschrift handelt.[23] Als besonderer Rechtszug gilt jeder Verfahrensabschnitt, der besondere Kosten verursacht[24] und noch nicht Gegenstand einer Prüfung gemäß § 114 ZPO gewesen ist. Der gegen die Staatskasse gerichtete Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts umfasst daher grundsätzlich sämtliche anwaltliche Gebühren und Auslagen, die aufgrund der Tätigkeit, die der beigeordnete Rechtsanwalt in dem von der Bewilligungsentscheidung erfassten Verfahrensabschnitt ausübt, anfallen. Eine auf bestimmte Gebührentatbestände beschränkte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts sieht das Gesetz weder in den §§ 76 ff. FamFG noch in den §§ 114 ff. ZPO vor.[25]

 

Rz. 15

Das betrifft ebenfalls die Zwangsvollstreckung,[26] allerdings mit der Besonderheit, dass § 119 Abs. 2 ZPO die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen innerhalb des Gerichtsbezirks zusammenfasst (Abs. 5, Rdn 67 ff.). Auch die der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gleichgestellte Stundung nach der Insolvenzordnung "erfolgt für jeden Verfahrensabschnitt besonders" (§ 4a Abs. 3 S. 2 InsO). Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe umfasst nicht eine spätere Klageerweiterung; es bedarf eines erneuten Antrags.[27] Im Fall der Beiordnung für das Revisionsverfahren umfasst diese auch die Vertretung im Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH.[28]

 

Rz. 16

Gegenständlich umfasst die Bewilligung in der Regel nur die konkrete Angelegenheit. Wird beispielsweise für ein Hauptsacheverfahren Prozesskostenhilfe gewährt, so gilt die Bewilligung nicht auch im einstweiligen Anordnungsverfahren[29] (zur Einbeziehung durch Auslegung siehe Rdn 11). Sie kann sich aber kraft Gesetzes auf ein weiteres Verfahren erstrecken, ohne dass es insoweit einer Beschlussfassung bedarf (z.B. Erstreckung in einer Scheidungssache auf den Versorgungsausgleich, § 149 FamFG). Nach § 48 Abs. 3 S. 1 gilt dies auch für die im Rahmen einer Ehesache mitverglichenen Gegenstände.

 

Rz. 17

Andererseits ist eine ausdrückliche Einschränkung auf einen Teil des Anspruchs (Teilbewilligung; zur Abrechnung des beigeordneten Anwalts in diesen Fällen siehe Rdn 86 ff.) ebenso möglich wie etwa eine Beschränkung der Bewilligung auf einzelne Verfahrensabschnitte, Maßnahmen oder Funktionen.[30] Ob die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der Weise beschränkt werden kann, dass eine (bestimmte) Beweiserhebung nicht umfasst sein soll, erscheint fraglich. Hierher gehört auch eine im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nur bei Abschluss eines Vergleichs gewährte Prozesskostenhilfe, abseits der Problematik, ob eine Bewilligung im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren überhaupt statthaft ist und ob sie im Falle des Vergleichsabschlusses hierauf zu beschränken oder ob sie doch ausnahmsweise das gesamte Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren einschließlich des Vergleichs erfassen kann (vgl. näher Rdn 169). Entspricht die Bewilligung nicht der Antragslage, kann die Partei den Beschluss anfechten, soweit Prozesskostenhilfe verweigert wurde (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO), und dadurch auch die insoweit unterbliebene Beiordnung angreifen. Wird ihr nur die beantragte Beiordnung abgelehnt, ist das als teilweise Versagung der beantragten Hilfe ebenfalls anfechtbar.[31]

 

Rz. 18

Erhält die Partei Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Rechtsstreits und wird ihr ohne Einschränkung ein Anwalt beigeordnet, so erstreckt sich die Vergütungspflicht der Staatskasse auf sämtliche Tätigkeitsfelder eines Prozessbevollmächtigten, wie sie in § 19 beispielhaft niedergelegt sind. Die Aufzählung der zum Rechtszug gehörigen Aufgabenbereiche des Anwalts enthält nicht mehr – wie noch § 37 Nr. 3 BRAGO a.F. – das selbstständige Beweisverfahren. Damit trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass es sich hierbei um ein besonderes Verfahren handelt, auf das sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsstreits nicht erstreckt.

 

Rz. 19

Wird es als Nebenverfahren zum Hauptprozess betrieben, so bedarf es allerdings auch keiner ausdrücklichen Erstreckung der Bewilligung auf dieses Verfahren, wohl aber nach Abs. 5 S. 2 Nr. 3 einer ausdrücklichen Erstreckung der Beiordnung des Anwalts, die den erforderlichen Bewilligungsbeschluss inzidente...

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