Das Wichtigste in Kürze:

1. Zur richterlichen Vernehmung des Beschuldigten kommt es i.d.R. dann, wenn die StA im Hinblick auf die nach § 254 gegebene Verlesbarkeit eines (Geständnis-)Protokolls der richterlichen Vernehmung ein vom Beschuldigten im EV abgelegtes Geständnis für die HV "sichern" will.
2. § 168c Abs. 1 räumt dem Verteidiger – ebenso wie der StA – bei der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten ausdrücklich ein Anwesenheitsrecht ein.
3. Dem Anwesenheitsrecht des Verteidigers entspricht die sich aus § 168c Abs. 5 S. 1 ergebende Benachrichtigungspflicht.
4. Für Ladung, Ablauf und Inhalt der richterlichen Vernehmung stellen sich zu beachtende Verfahrensfragen.
5. Für die HV sind hinsichtlich der richterlichen Vernehmung ggf. bestehende BVV von Bedeutung und zu beachten.
6. Für die Teilnahme des Verteidigers an einer richterlichen Vernehmung des Beschuldigten entsteht die Gebühr nach Nr. 4102 Nr. 1 VV RVG.
 

Rdn 4010

 

Literaturhinweise:

Eisenberg, Zur "besonderen Qualität" richterlicher Vernehmung im Ermittlungsverfahren, NStZ 1988, 488

El-Ghazi/Merold, Die Vernehmung des Richters als Verhörsperson vor dem Hintergrund des § 252 StPO, StV 2012, 250

Endriss, Vom Fragerecht des Beschuldigten im Vorverfahren, in: Festschrift für Peter Rieß, 2002, S. 65

Farthofer/Rückert, Die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 252 StPO im Lichte eines grund- und menschenrechtskonformen Strafverfahrens, HRRS 2017, 123

Neuhaus, Ungeschriebene Belehrungspflichten im Rahmen des § 136 Abs. 1 S. 2 StPO und die Folgen ihrer Verletzung, StV 2010, 45

Sowada, Zur Notwendigkeit der Verteidigerbeiordnung im Ermittlungsverfahren, NStZ 2005, 1

Thielmann, "Ihnen ist ein Pflichtverteidiger beizuordnen!" – Zur Belehrung des Verhafteten über die Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Haftbefehlverkündungstermin, HRRS 2013, 283

Weßlau, Gespaltene Tatsachenfeststellungen, Überkreuzverwertungen und advokatorische Dilemmata – Beweisverwertung zum Nachteil von Mitbeschuldigten, StV 2010, 41

Widmaier, Zum Verwertungsverbot wegen Verstoßes gegen § 168c Abs. 5 StPO, in: Festgabe für den Strafverteidiger Heino Friebertshäuser, 1997, S. 185

Wohlers, Verteidigerbestellung im Ermittlungsverfahren, JR 2002, 294

Zaczyk, Das Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei richterlichen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren, NStZ 1987, 535

s.a. die Hinw. bei → Beweisverwertungsverbote, Allgemeines, Teil B Rdn 1287, bei → Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Allgemeines, Teil P Rdn 3708, und bei → Vernehmungen, Allgemeines, Teil V Rdn 4722.

 

Rdn 4011

 

1. Hinweis für den Verteidiger!

Zur richterlichen Vernehmung des Beschuldigten kommt es i.d.R. dann, wenn die StA im Hinblick auf die nach § 254 gegebene Verlesbarkeit eines (Geständnis-)Protokolls der richterlichen Vernehmung ein vom Beschuldigten im EV abgelegtes Geständnis für die HV "sichern" will. Insbesondere deshalb sind die mit der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten zusammenhängenden Fragen von erheblicher praktischer Bedeutung und vom Verteidiger besonders zu beachten (zur richterlichen Vernehmung eingehend Grünwald, a.a.O., S. 58 ff.).

 

☆ Daneben soll dem Beschuldigten auch ein eigenes Recht zustehen, seine richterliche Vernehmung zu veranlassen (→ Beweisanträge im Ermittlungsverfahren , Teil B Rdn  1236 ).eigenes Recht zustehen, seine richterliche Vernehmung zu veranlassen (→ Beweisanträge im Ermittlungsverfahren, Teil B Rdn 1236).

 

Rdn 4012

2.a) § 168c Abs. 1 räumt dem Verteidiger – ebenso wie der StA – ausdrücklich ein Anwesenheitsrecht bei der richterlichen Vernehmung des Beschuldigten ein. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, den Beschuldigten im vorbereitenden Verfahren besser zu stellen und ihm die Möglichkeit zu geben, auf das – ggf. später verwertbare – Beweisergebnis Einfluss nehmen zu können (BGHSt 26, 332, 335; eingehend zu den damit zusammenhängenden Fragen Zaczyk NStZ 1987, 535 ff.). Das ist für die Fragen eines BVV bei Verstoß gegen eine sich aus § 168c ergebende Pflicht der Ermittlungsbehörden von erheblicher Bedeutung (dazu Teil R Rdn 4022 ff.).

 

☆ Für die richterliche Vernehmung eines Mitbeschuldigten wird das Anwesenheitsrecht des Verteidigers bejaht, das eines anderen (Mit)Beschuldigten hingegen verneint (vgl. BGHSt 42, 391; BGH NStZ 2010, 159; OLG Köln NStZ 2012, 174; auch Teil P Rdn  3725 ).Mitbeschuldigten wird das Anwesenheitsrecht des Verteidigers bejaht, das eines anderen (Mit)Beschuldigten hingegen verneint (vgl. BGHSt 42, 391; BGH NStZ 2010, 159; OLG Köln NStZ 2012, 174; auch Teil P Rdn 3725).

 

Rdn 4013

Die Rspr. des BGH ist früher davon ausgegangen, dass sich dann, wenn sich erst während der Vorführung des Beschuldigten die Notwendigkeit der Bestellung des Verteidigers ergab und erst dadurch dessen Berechtigung zur Teilnahme an der richterlichen Vernehmung begründet wurde, der Ermittlungsrichter nicht aus § 168c Abs. 5 S. 1 verpflichtet sein sollte, mit der Vernehmung innezuhalten, um den Verteidiger von der Vernehmung zu benachrichtigen, sondern nur nach den Grundsätzen eines...

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