Gesetzestext

 

(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.

(2) 1Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die

1. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
2. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
3. dem Einbruchsschutz und
4. dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität dienen.

2Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.

(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 20 erfasst bauliche Veränderungen des gemE (Ddorf ZMR 07, 206; Hambg ZMR 02, 372). Für bauliche Veränderungen des SonderE ist er anwendbar, soweit die Voraussetzungen des § 13 II vorliegen. Unterliegt eine Fläche des gemE einem SNR, gilt dennoch § 20 (dazu § 16 Rn 31). Auf eine bloße Beeinträchtigung ist § 20 I nicht (analog) anzuwenden. Eine bauliche Veränderung ohne Beschl ist stets rechtswidrig (arg. § 20 III).

B. Bauliche Veränderung.

I. Begriff.

 

Rn 2

Bauliche Veränderung ist jede Maßnahme eines WEigtümers (BGH NJW 15, 2027 [BGH 14.11.2014 - V ZR 118/13] Rz 8 ff), die über § 19 II Nr 2 (§ 19 Rn 20) hinausgeht, auf Dauer angelegt, auf das gemE (§ 1 Rn 6 ff; BGH NJW 17, 2184 [BGH 18.11.2016 - V ZR 49/16] Rz 8) bezogen ist und dieses substanziell (also nicht: Anstrahlen, Draufstellen) umgestaltet (Ddorf OLGR 09, 2; Köln OLGR 06, 593; LG München I ZMR 16, 61). Umgestaltung meint Veränderung des ordnungsmäßigen Zustandes. Bsp: Eingriffe in das Dach, in Decken, die Fassade, in Stränge, das Treppenhaus, in Wände, aber auch Schaffung neuer Einrichtungen, Anlagen oder Räume (bzw deren Entfernung). Bloß vorübergehende, nicht substanzielle Eingriffe (etwa: Anbringung einer Fahne, Aufstellung eines beweglichen Wäscheständers, von Biertischen, Bänken und Schirmen, die im Boden nicht fest verankert sind, eines nicht fest im Boden verankerten Pflanztrogs, mobile Terrasse, mobile Parabolantenne) unterfallen nicht § 20 (BayObLG ZMR 02, 688; ZMR 97, 374; LG München I ZMR 16, 61). Nach aA reicht hingegen die bloße Veränderung des Erscheinungsbildes des gemE ohne Substanzeingriff, die über die ordnungsgemäße Erhaltung des gemE hinausgeht (zB LG Hambg ZMR 16, 562).

II. Bauträger.

 

Rn 3

Eine bauliche Veränderung liegt nicht vor, wenn ein Wohnungseigentum vom Bauträger, wenn auch auf Verlangen des künftigen WEigtümers, abweichend von den Plänen erstellt wird (BGH ZMR 15, 320 Rz 14; aA LG Itzehoe ZMR 18, 628). In einem solchen Fall besteht ggf ein Anspruch auf Herstellung eines den Plänen entspr Zustandes (BGH ZMR 15, 320 Rz 20).

III. Nachbargrundstück.

 

Rn 4

§ 20 ist nicht anzuwenden, wenn zu klären ist, ob die WEigtümer bzw. die GdW der Bebauung eines Nachbargrundstücks zustimmen. Etwas anderes gilt, wenn mit den Maßnahmen zugleich eine substanzielle Veränderung des gemE verbunden ist (Köln FGPrax 95, 191 [OLG Köln 07.06.1995 - 16 Wx 56/95]). Ob § 20 I entspr anzuwenden ist, wenn es um eine Belastung des gemE geht, zB um eine Baulast, ist streitig (bejahend BGH NJW 10, 446 Rz 20; verneinend Hügel ZMR 11, 182; Elzer ZWE 11, 16, 19).

IV. Drittnutzer.

 

Rn 5

Will ein Drittnutzer am gemE Veränderungen vornehmen, erfahren die WEigtümer durch solche Maßnahmen idR eine Beeinträchtigung, die sich nicht anders auswirkt als eine bauliche Veränderung. Diese Fälle unterfallen dennoch nicht § 20 (aA BGH NJW 14, 1233 [BGH 24.01.2014 - V ZR 48/13] Rz 6), da es um keine bauliche Veränderung geht – soweit nicht ein WEigtümer um Gestattung bittet, zB der vermietende WEigtümer (dann ist § 20 unmittelbar anwendbar). Dass der Dritte Veränderungen vornimmt und in welchem Umfang, muss daher nach § 9a II Gegenstand eines Vertrags mit der GdW sein. Die Genehmigung dieses Vertrags unterfällt § 19 I.

C. Beschl nach § 20 I.

I. Überblick.

 

Rn 6

Die WEigtümer können nach § 20 I beschließen, dass die GdW eine bauliche Veränderung vornehmen soll (Vornahmebeschl). Sie können aber auch durch Beschl bestimmen, dass einem WEigtümer die (Eigen-)Vornahme einer baulichen Veränderung gestattet wird (Gestattungsbeschl). Die zweigliedrige gesetzliche Formulierung soll der Verdeutlichung dieser beiden Möglichkeiten dienen (BRDrs. 168/20, 68). Ein Gestattungsbeschl kann in bestimmten Fällen an Auflagen und Bedingungen geknüpft werden. Welchen Weg die WEigtümer wählen, ist eine Frage ordnungsmäßiger Verwaltung.

II. Vornahmebeschl.

 

Rn 7

Mit einem Vornahmebeschl wird bestimmt, dass die GdW die bauliche Veränderung durchführt. Die WEigtümer müssen dann festlegen, auf welche Art und Weise, durch wen, wann, a...

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