Gesetzestext

 

(1) 1Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist. 2In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.

(2) Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs nach den §§ 932 ff dient dem Verkehrsschutz. Sie erleichtert den allg Warenverkehr und entlastet den redlichen Erwerber von Vorsichtsmaßnahmen und Nachforschungen nach der jeweiligen Rechtslage. Damit wird das Vertrauen in die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften gestärkt. Legitimation des gutgläubigen Erwerbs bei beweglichen Sachen ist einerseits der Besitz (§ 1006) und andererseits das Prinzip der Freiwilligkeit der Weggabe (§ 935).

B. Systematik.

 

Rn 2

Der rechtsgeschäftliche Erwerb beweglicher Sachen vollzieht sich durch vier verschiedene Tatbestände (§§ 929 1, 929 2, 930, 931). Diesen vier Tatbeständen stehen ebenfalls vier parallele Gutglaubensvorschriften ggü (§§ 932 I 1, 932 I 2, 933, 934). Ebenso wie § 929 1 beim Erwerb des Eigentums an beweglichen Sachen vom Berechtigten den Grundtatbestand darstellt, so gibt § 932 I 1 beim gutgläubigen Erwerb diesen Grundtatbestand wieder, auf den sich jeweils alle weiteren Erwerbstatbestände beziehen. Zusätzlich regelt § 932 II für alle Gutglaubensvorschriften von beweglichen Sachen die Frage, was guter Glaube im Einzelnen bedeutet (s.u. Rn 8 ff).

C. Allgemeine Voraussetzungen.

 

Rn 3

Gutgläubiger Erwerb setzt den jeweiligen Grundtatbestand der Veräußerung vom Berechtigten voraus, also Einigung (s.o. § 929 Rn 4) und Übergabe (s.o. § 929 Rn 10) durch den Veräußerer (vgl Hamm MDR 15, 143). Vorausgesetzt wird ferner die Feststellung fehlender Berechtigung. Darüber hinaus setzt gutgläubiger Erwerb an beweglichen Sachen einige grundlegende Merkmale voraus, die für alle Normen des Gutglaubensschutzes gelten.

I. Rechtsgeschäft.

 

Rn 4

Gutgläubiger Erwerb beweglicher Sachen setzt zunächst eine rechtsgeschäftliche Verfügung voraus. Im Falle eines gesetzlichen Erwerbs (zB nach den §§ 937 ff, 946 ff, 952, 953 ff) sind die Normen der §§ 932 ff nicht anwendbar. Gutgläubiger Erwerb kommt ferner nicht in Betracht bei gesetzlicher Gesamtnachfolge (Erbfall, eheliche Gütergemeinschaft) und beim Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung. Ausnahmsweise lässt das Gesetz in § 366 III HGB den gutgläubigen Erwerb gesetzlicher Pfandrechte des Handelsrechts zu. Schließlich muss das jeweilige Rechtsgeschäft privatrechtlicher Natur sein.

II. Verkehrsgeschäft.

 

Rn 5

Das dem gutgläubigen Erwerb zu Grunde liegende Rechtsgeschäft muss ein sog Verkehrsgeschäft sein. Es darf also nicht auf Veräußerer- und Erwerberseite rechtlich oder wirtschaftlich dasselbe Rechtssubjekt stehen. Eine solche Personenidentität liegt nicht vor, wenn einer Personen- oder Kapitalgesellschaft Gegenstände von einem Mitgesellschafter übertragen werden oder umgekehrt. Auch bei einer noch im Gründungsstadium befindlichen Gesellschaft ist gutgläubiger Erwerb insoweit möglich (BGH MDR 03, 223). Hintergrund dieser teleologischen Reduktion des Normwortlauts auf das Verkehrsgeschäft ist der Zweck der Norm. Gutgläubiger Erwerb soll dem Verkehrsschutz dienen und das Vertrauen von Erwerbern schützen. Ein solcher Schutz muss bei Identität von Veräußerer und Erwerber ausscheiden. Ausgeschlossen ist gutgläubiger Erwerb mangels Verkehrsgeschäft also bei Übereignungen einer GmbH auf ihren Alleingesellschafter und umgekehrt, bei Übertragung von Erbschaftsgegenständen durch eine Erbengemeinschaft auf die einzelnen Miterben sowie eine Übertragung von beweglichen Sachen des Nachlasses von den Erben auf eine durch die Erben gebildete oHG.

III. Kein Fall des sog Rückerwerbs.

 

Rn 6

Grds ist das einmal gutgläubig erworbene Eigentum endgültig und voll wirksam (s.u. Rn 14). Daher ist die Übertragung des Eigentums von einem gutgläubigen Erwerber auf eine dritte Person selbst dann wirksam, wenn der Dritte im Hinblick auf den ursprünglichen Erwerbstatbestand bösgläubig war. Auch der unberechtigt Verfügende kann auf diesem Wege Eigentum erwerben (BGH ZIP 03, 30). Hat allerdings der Dritte den gutgläubigen Ersterwerber zum Erwerb vom Nichteigentümer veranlasst und diesen Weg gewählt, weil er bei einem unmittelbaren Erwerb vom Nichtberechtigten im Hinblick auf seinen eigenen bösen Glauben Eigentum nicht erwerben konnte, so ist ein Erwerb des Dritten abzulehnen. Das Gleiche gilt, wenn ein Nichtberechtigter eine Sache einem gutgläubigen Erwerber übereignet und dabei eine Rückübertragung dieses Eigentums an sich selbst veranlasst. Schließlich ist Eigentumserwerb zu verneinen, wenn der Nichtberechtigte das Eigentum an einen gutgläubigen Erwerber überträgt, die Sache aber später an den Veräußerer wegen Rücktritts oder Eintritts einer Bedingung durch Rückabwicklung zurückfällt (Prütting Rz 438).

IV. Kein Abhandenkommen.

 

Rn 7

Schließlich ist allg Voraussetz...

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