Gesetzestext

 

(1) 1Der Eigentümer eines Grundstücks kann, wenn das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden. 2Die Besitzzeit wird in gleicher Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. 3Ist der Eigentümer im Grundbuch eingetragen, so ist das Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er gestorben oder verschollen ist und eine Eintragung in das Grundbuch, die der Zustimmung des Eigentümers bedurfte, seit 30 Jahren nicht erfolgt ist.

(2) Derjenige, welcher den Ausschließungsbeschluss erwirkt hat, erlangt das Eigentum dadurch, dass er sich als Eigentümer in das Grundbuch eintragen lässt.

(3) Ist vor dem Erlass des Ausschließungsbeschlusses ein Dritter als Eigentümer oder wegen des Eigentums eines Dritten ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen worden, so wirkt der Ausschließungsbeschluss nicht gegen den Dritten.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Nach § 900 kann ein als Eigentümer eingetragener Eigenbesitzer das Eigentum am Grundstück durch Ersitzung erwerben. § 927 ermöglicht daneben den Eigentumserwerb des Eigenbesitzers eines Grundstücks unabhängig davon, ob der Eigenbesitzer im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist (vgl BGH WM 78, 194; Saenger MDR 01, 134; Böhringer NotBZ 01, 197) oder das Grundstück gebucht ist (LG Mönchengladbach RNotZ 08, 30, str mwN). § 927 gilt für Allein- und Miteigentum an Grundstücken, Wohnungs- und Teileigentum sowie realen Grundstücksteilen (Staud/Pfeifer Rz 4), nicht aber für den einzelnen Anteil an einer Gesamthandsgemeinschaft (hM LG Aurich NJW-RR 94, 1170 [LG Aurich 03.09.1993 - 5 T 183/92]; Grüneberg/Herrler Rz 1; aA MüKo/Ruhwinkel Rz 3) und nach Art 233 § 4 I 1 EGBGB nicht für das Gebäudeeigentum. Auf den Ausschluss einer Gesamthand insgesamt ist § 927 dagegen anwendbar (Bambg NJW 66, 1414 [OLG Bamberg 14.02.1966 - 1 W 6/65]; Soergel/Stürner Rz 1).

B. Eigenbesitz.

 

Rn 2

Der Erwerber muss unmittelbarer oder mittelbarer Eigenbesitzer (§ 872) des Grundstücks sein. Die Bösgläubigkeit des Eigenbesitzers schadet nicht (BRHP/Grün Rz 2; anders § 937 II). Der Eigenbesitz muss 30 Jahre bestanden haben, wobei die Frist nach §§ 939 ff berechnet wird. Bei Rechtsnachfolge gilt § 943.

C. Aufgebotsverfahren.

 

Rn 3

Alle Eigenbesitzer zusammen (§ 434 FamFG) müssen das Aufgebotsverfahren nach §§ 442 FamFG beantragen, wobei der Antragsteller die Voraussetzungen glaubhaft machen muss (§ 444 FamFG). Antragsteller kann auch der wahre Eigentümer sein. Das Antragsrecht kann gepfändet werden (RGZ 76, 357). Ist zum Zeitpunkt der Antragstellung (RG JW 36, 2399) der wahre Eigentümer im Grundbuch als Eigentümer eingetragen, so ist weitere Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der Eigentümer verstorben oder verschollen (VerschG) ist und in den letzten 30 Jahren keine Eintragung im Grundbuch erfolgt ist, zu der der Eigentümer hätte zustimmen müssen. Entspr muss eine juristische Person aufgelöst (BGH MDR 03, 924) oder deren Organe nicht zu ermitteln sein (insoweit offen BGH aaO). Es ist nicht Voraussetzung, dass die Erben bzw Erbeserben unbekannt oder nicht feststellbar sind (LG Köln MittRhNotK 85, 215; Soergel/Stürner Rz 2). Die weitere Voraussetzung gilt nicht, wenn kein Eigentümer oder nur ein Nichteigentümer im Grundbuch eingetragen ist (BGH WM 78, 194). Ist eine durch den Eigentümer zustimmungsbedürftige Eintragung im Grundbuch erfolgt, ist unerheblich, ob die Zustimmung des Eigentümers tatsächlich vorgelegen hat oder ob die Eintragung ohne die Zustimmung überhaupt erfolgen durfte (MüKo/Ruhwinkel Rz 4; Staud/Pfeifer Rz 11). Die Eintragung aufgrund einer Erklärung eines Bevollmächtigten nach dem Tod des Eigentümers (LG Flensburg SchlHA 62, 246; aA MüKo/Ruhwinkel Rz 4) oder eines Abwesenheitspflegers unterbricht die Frist nicht (AG Berlin-Schöneberg MittBayNot 75, 22; MüKo/Ruhwinkel Rz 4), da keine Erklärung vorliegt, die die Eintragung bestätigt.

D. Beschluss und Eigentumserwerb.

I. Beschluss.

 

Rn 4

Mit Rechtskraft des Ausschließungsbeschlusses (vgl § 439 FamFG) verliert der wahre Eigentümer sein Eigentumsrecht und das Grundstück wird herrenlos (RGZ 76, 359) und es erlöschen die das Eigentum betr Verfügungsbeschränkungen (Staud/Pfeifer Rz 15). Dies gilt nicht für im Beschl nach § 440 FamFG vorbehaltene Rechte (BGHZ 76, 171).

II. Eigentumserwerb.

 

Rn 5

Der rechtskräftige Ausschließungsbeschluss bewirkt nur dann unmittelbar einen Eigentumserwerb des Antragstellers, wenn der Antragsteller bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (BGH WM 78, 194; MüKo/Ruhwinkel Rz 7 mwN). Andernfalls gibt der rechtskräftige Ausschließungsbeschluss lediglich ein nach § 925 – ohne Eintragung – übertragbares, pfändbares und verpfändbares Aneignungsrecht (MüKo/Ruhwinkel Rz 8). Der Berechtigte erwirbt unbeschränktes und originäres (RGZ 76, 359) Eigentum dann erst mit seiner Eintragung als Eigentümer (II; RG JW 13, 204). Dazu genügt ein formloser Antrag des Aneignungsberechtigten, in dem der Aneignungswille zum Ausdruck kommt, und Vorlage einer Ausfertigung des Ausschließungsbeschlusses mit Rechtskraftzeugnis (zum alten Recht Oldbg NdsRpfl 05...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge