Gesetzestext

 

(1) Der Vermieter kann die Ausübung des Wegnahmerechts (§ 539 Abs. 2) durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, wenn nicht der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat.

(2) Eine Vereinbarung, durch die das Wegnahmerecht ausgeschlossen wird, ist nur wirksam, wenn ein angemessener Ausgleich vorgesehen ist.

A. Grundsätzliches.

I. Entstehungsgeschichte, Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Norm übernimmt die besonderen Regelungen für das Wegnahmerecht des Mieters aus § 547a II und III aF (BTDrs 14/4553, 49). Lediglich § 552 I gilt über § 578 II auch für gewerbliche Räume (vgl Horst MDR 07, 477); iÜ gilt § 552 nur für Wohnraum (inkl solchem gem § 549 II u III).

II. Normzweck.

 

Rn 2

§ 552 soll § 539 II (Recht des Mieters, Einrichtungen wegzunehmen, mit denen er die Mietsache versehen hat) ergänzen und stellt eine Sonderregelung zB für die Abwicklung des Mietverhältnisses dar (vgl Schickedanz ZMR 11, 699 und Schmid WuM 10, 831).

III. Regelungsgegenstand.

 

Rn 3

Es besteht keine gesetzliche Anzeigepflicht des Mieters hinsichtlich eingebrachter Sachen und der späteren Wegnahmeabsicht. Der Vermieter muss durch Besichtigung (vgl Herrlein ZMR 07, 247) oder gesonderte Vertragsvereinbarung zur Kenntnis über Mietereinbauten gelangen. Eine über die Anzeigepflicht hinausgehende Anbietpflicht des Mieters kann nicht vereinbart werden (arg Art 14 III GG, vgl Lammel § 552 Rz 6). Für Fernwärmenetze gilt § 552 nicht analog (LG Stuttgart CuR 19, 50 Rz 163 ff)

B. Regelungsgehalt.

I. Tatbestandsvoraussetzungen des Abwendungsrechts.

1. Vom Mieter in die Räume eingebrachte Einrichtung.

 

Rn 4

Dies sind bewegliche Sachen (Schmid MDR 15, 9) zB Einbauküchen (vgl Heinz ZMR 15, 440, Mummenhoff WuM 17, 515; LG Bonn ZMR 17, 245), Waschbecken, Badewannen, Kücheneinrichtungen, Beleuchtungsanlagen, Wandschränke, Rollläden, Anpflanzungen im Garten, Steckdosenschalter und Antennen, Wallbox (Horst NZM 22, 313), die der Mieter mit dem Mietobjekt idR ›zu einem vorübergehenden Zweck‹ verbunden hat und die ihrem wirtschaftlichen Zweck dienen sollen. Solche Einrichtungen werden Scheinbestandteile (vgl Woitkewitsch ZMR 04, 649) iSd § 95 II. Zur Herstellung eines erstmaligen vertragsgemäßen Zustandes notwendige Veränderungen der Mietsache gehören nicht zu den Einrichtungen (Naumbg ZMR 18, 748). Ein Anspruch des Wegeeigentümers auf Übereignung der Fernwärmeversorgungsanlagen nach Vertragsende ergibt sich nicht aus § 552 I analog (Stuttg CuR 20, 73).

2. Zahlung einer angemessenen Entschädigung.

 

Rn 5

Analog § 951 wird oft auf den objektiven Verkehrswert abgestellt (BGH ZMR 99, 340, AG Köln WuM 98, 345). Die hL geht vom Zeitwert (bzw Wert, den die Sachen für den Vermieter haben) aus, berücksichtigt auch die Kosten des Mieters für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands (str, Krug AnwZert MietR 9/18, 1 ff: Staud/Emmerich § 552 Rz 6 mwN, Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter § 552 Rz 15).

3. Ausübung des Abwendungsrechts.

 

Rn 6

Nach dem Gesetzeswortlaut ist das Abwendungsrecht ›durch Zahlung‹ auszuüben, auch das tatsächliche Angebot der Zahlung wird als ausreichend angesehen (KG GE 01, 850; Bruns AnwZertOnline 12/2016 Anm 2). Befriedigung des Mieters durch Aufrechnung ist denkbar. Wenn keine Vereinbarung über die Höhe des von dem Vermieter zu erstattenden Wertes der Einrichtung bei Beendigung des Mietverhältnisses getroffen wurde, steht dem Mieter das gerichtlich überprüfbare Leistungsbestimmungsrecht zu (AG/LG Köln WuM 98, 345). Der Vermieter schuldet selbst dann eine Entschädigung, wenn er ohne Angebot einer Entschädigung vom Mieter verlangt, die Einrichtung zurückzulassen. Der Mieter seinerseits kann durch Nichtannahme der Entschädigung das Abwendungsrecht des Vermieters nicht vereiteln (§ 242). Die Ausübung eines Vermieterpfandrechts an einer wegnehmbaren Einrichtung des Mieters beinhaltet nicht die Erklärung, dass der Vermieter die Wegnahme gg Entschädigungszahlung abwenden will (KG ZMR 16, 862).

4. Kein berechtigtes Mieterinteresse an der Wegnahme.

 

Rn 7

Das Abwendungsrecht des Vermieters entfällt, wenn der Mieter nicht nur ein beliebiges, sondern ein berechtigtes Interesse (vernünftige und sachliche Gründe, Bsp: Unikat, Erbstück) an der Wegnahme seiner Einbauten (Horst DWW 16, 125 ff) hat (§ 552 I Hs 2). Ein beabsichtigter Verkauf der Einrichtungen an den Nachfolgemieter genügt nicht.

5. Abdingbarkeit des Wegnahmerechts, II.

 

Rn 8

Wie § 547a III aF sieht § 552 II – unabdingbar – nur für die Wohnraummiete (zur Gewerbemiete vgl LG Braunschweig ZMR 08, 453; Weidt ZMR 21, 636 zu Gestaltungsmöglichkeiten) vor, dass eine Vereinbarung, die das Wegnahmerecht des Mieters ausschließt, einen angemessen Ausgleich (idR Geldzahlung, aber uU auch Verzicht auf Schlussrenovierung, vorzeitige Entlassung aus einem langfristigen Mietvertrag, Verzicht auf Staffelmieterhöhung, Genehmigung der Hundehaltung, Gestattung der Untervermietung etc) vorsehen muss. IdR setzt Angemessenheit des Ausgleichs voraus, dass nach dem ›Preisargument‹ das Entgegenkommen des Vermieters andernfalls ›erkauft‹ hätte werden müssen. Formularklauseln, die das Wegnahmerecht des Mieters bei der Kündigung des Vertrages durch ihn als verfallen erklären, sind unwirksam, weil sie gegen § 309 Nr 6 verstoßen (BGH WuM 68, 796). Zum Ausgleich von Mieterinvestitionen vgl Schmid WPM 10, 831.

II. Rechtsfolgen der Ausübung des Abwendungsrechts.

 

Rn 9

Die Mietereinbauten/Mietereinrichtungen werden oder bleiben endgültig Vermietereigentum bei gleichzeitigem ...

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