Rn 18

Nach dem Wortlaut ist § 543 II Nr 3 auch bei in längeren (BGH NJW-RR 09, 21 [BGH 17.09.2008 - XII ZR 61/07]) oder kürzeren als einem Monat bemessenen Zeitabschnitten für die Mietzahlungen anwendbar. Zur Miete gehören alle laufenden Nebenkosten (BGH NJW 12, 3089), zB Heiz- und Wasserkostenvorauszahlungen; nicht jedoch Einmalleistungen wie die Mietkaution (Schmidt-Futterer/Streyl § 543 Rz 163; MüKo/Bieber § 543 Rz 46) oder die Betriebskostennachzahlung (Grüneberg/Weidenkaff § 543 Rz 23). Bei einseitiger Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen gem § 560 IV ist trotz § 569 III Nr 3 keine Zahlungsklage des Mieters vor einer Kündigung gem § 543 II Nr 3 erforderlich (BGH NJW 12, 3089 [BGH 18.07.2012 - VIII ZR 1/11]). Die Mietrückstände dürfen nicht bereits verjährt sein (LG Berlin MDR 83, 843) bzw aus einer rückwirkend erhöhten Miete resultieren (LG Köln WuM 93, 191). Bei Gewerberaummiete ist eine ›Rechtzeitigkeitsklausel‹ zulässig, wonach entgegen § 270 der Mieteingang auf dem Vermieterkonto maßgeblich ist. Bei Wohnraummiete ist die Zulässigkeit einer solchen Klausel str (dafür LG Berlin NJW-RR 93, 144; vgl aber LG Hamburg NZM 99, 1041 [LG Hamburg 21.01.1997 - 316 S 230/96]), aber nach dem vom EuGH bejahten Verstoß des § 270 gegen die Zahlungsverzugsrichtlinie (NJW 08, 1935) wohl anzunehmen. Die Zahlung unter Vorbehalt führt zur Erfüllung, so dass kein Mietrückstand besteht (LG Frankfurt WuM 87, 318 [LG Frankfurt am Main 07.07.1987 - 2/11 S 32/87]). Zum Kündigungsausschluss durch das COVID-19-Abmilderungsgesetz (›CORONA-Gesetz‹) wegen Nichtzahlung der Mieten im Zeitraum 1.4.–30.6.20 s Rn 28a.

a) Für zwei aufeinander folgende Termine.

 

Rn 19

Wegen des eindeutigen Gesetzeswortlauts genügt ein einmaliger Mietrückstand auch dann nicht, wenn der Mieter erklärt, er könne künftig nicht mehr zahlen (aA Ddorf NJW-RR 91, 1353). Bei Wohnraumiete ist nach § 569 III Nr 1 ein Rückstand von mehr als einer Monatsmiete erheblich, bei Mietverhältnissen über andere Räume gilt dies erst Recht (BGH NJW 15, 2417: im Ausnahmefall genügt auch eine Monatsmiete oder weniger). Maßgeblich ist die vertragliche Gesamtmiete und nicht die (berechtigterweise) geminderte Miete (BGH IMR 17, 476). Nach dem Gesetzeswortlaut in II Nr 3a müssen die Termine im Unterschied zu II Nr 3b aufeinander folgen, ohne dass zB ein Monat mit geringerem Mietrückstand dazwischen liegt (BGH ZMR 09, 19). Übersteigt der Mietrückstand insg eine Monatsmiete, ist für eine gesonderte Bewertung der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu jew einer Monatsmiete kein Raum (BGH NJW 22, 1014 [BGH 08.12.2021 - VIII ZR 32/20]).

 

Rn 20

Erforderlich ist Verzug (§ 286). Die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320) beseitigt den Verzug ohne weiteres (BGH NJW-RR 07, 1021 [BGH 18.04.2007 - XII ZR 139/05]). Zurückbehaltungsrechte (§ 273) müssen geltend gemacht werden (BGH WM 71, 1020), ebenso die Aufrechnung. Hinsichtlich des Verschuldens kann sich der Mieter entlasten (§ 286 IV) – zB bei Unklarheit über den Zahlungsempfänger (BGH ZMR 06, 26). Zahlungsunfähigkeit ist stets unbeachtlich (Garantiehaftung für Geldschulden gem § 276) – daher entlastet eine verspätete Zahlung durch Jobcenter den Mieter nicht (BGH NJW 16, 2805 [BGH 29.06.2016 - VIII ZR 173/15]; NJW 15, 1296 [BGH 04.02.2015 - VIII ZR 175/14]); ebenso der fahrlässige Irrtum, zur Minderung berechtigt zu sein (BGH NJW 15, 2417 [BGH 15.04.2015 - VIII ZR 281/13]; NJW 12, 2882 [BGH 11.07.2012 - VIII ZR 138/11]). Auch andere Rechtsirrtümer beseitigen die Fahrlässigkeit nicht (vgl BGH ZMR 87, 289, 291; s aber Brandbg IMR 20, 241 bei unklarem Übergang des PachtV auf Käufer). Für das Verschulden von Erfüllungsgehilfen gilt § 278; Erfüllungsgehilfe ist auch der Rechtsanwalt des Mieters (Köln ZMR 98, 763) oder der Mieterschutzverein (BGH NJW 07, 428). Eine Mahnung ist entbehrlich, da die Fälligkeit der Miete kalendermäßig iSd § 286 II Nr 1 bestimmt ist.

 

Rn 21

Bei Insolvenz des Mieters ist ab dem Insolvenzantrag die Kündigung wegen voriger Mietrückstände gem § 112 InsO ausgeschlossen. Die Kündigung bleibt aber möglich wegen eines Rückstandes, der erst nach dem Insolvenzantrag entsteht.

b) In einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt.

 

Rn 22

Dieser Kündigungsgrund ist gegeben, sobald der Gesamtmietrückstand zwei volle Mieten erreicht. Die Dauer des Rückstandes ist unbeachtlich, dieser muss also nicht etwa mehr als zwei Termine in Höhe von zwei Mieten bestehen. Der anderslautende Wortlaut (›über mehr als zwei Termine‹) hat keine Bedeutung, da II Nr 3b die Umgehung von II Nr 3a (durch Zahlung jeder zweiten Miete) verhindern soll (Schmidt-Futterer/Streyl § 543 Rz 172). II Nr 3b ist daher auch erfüllt, wenn der Mieter die Miete monatlich nur um einen geringen Teilbetrag kürzt, der Zahlungsrückstand sich in der Folgezeit aber zu einem Betrag von zwei Monatsmieten summiert (vgl BGH NJW 05, 2775). Gleiches gilt bei entsprechend hohem Verzug mit Betriebskostenvorauszahlungen (BGH NJW 07, 428).

c) Heilung nach § 543 II 2 und 3.

 

Rn 23

Gem II 2 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vor Zugang der Kündigungserklärung vollständig befriedigt wird. Tei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge