Rn 18

Die Rspr des V., VII. und VIII. ZS des BGH hat die Arglisthaftung erheblich ausgebaut. Danach ist arglistiges Verschweigen gegeben, ›wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte‹ (V. ZS: BGH NJW 13, 2182 Rz 12; 12, 846 Rz 6, 10; WM 83, 990; ähnl: VII. ZS: NJW 02, 2776 [BGH 23.05.2002 - VII ZR 219/01]; NJW-RR 08, 258 [BGH 25.10.2007 - VII ZR 205/06] Rz 20; MDR 12, 517 [BGH 08.03.2012 - VII ZR 116/10] Rz 18; VIII. ZS: NJW 17, 3292 [BGH 26.04.2017 - VIII ZR 233/15] Rz 26; NJW-RR 98, 1406 [BGH 04.03.1998 - VIII ZR 378/96]; Brandbg NJW-RR 14, 335, 337 [OLG Brandenburg 20.06.2013 - 5 U 50/12]: Beschaffenheitsvereinbarung indiziert Abhängigkeit der Abschlussbereitschaft von Vorliegen der Beschaffenheit; BeckRS 15, 13777; München BeckRS 15, 18687; Ddorf NJW-RR 15, 1103 [OLG Düsseldorf 10.03.2015 - I-21 U 93/14]; Karlsr BeckRS 15, 10685 Rz 25; Kobl NJW-RR 15, 151 [OLG Koblenz 16.09.2014 - 3 U 438/14]; Frankf BeckRS 18, 8370). Diese Rspr wurde prinzipiell vom BVerfG gebilligt (BeckRS 15, 47767 Rz 12). Bezugspunkt der Arglist muss stets ein konkreter Mangel sein (BGH BeckRS 21, 24697 Rz 9). Der (Eventual-)Vorsatz kann aus den objektiven Umständen erschlossen werden (BGH NJW 13, 2182 [BGH 12.04.2013 - V ZR 266/11] Rz 22; Ddorf NJW-RR 14, 1462, 1464 [BGH 18.09.2014 - IX ZB 68/13]). Kenntnis des Verdachts von Mängeln kann reichen (BGH NJW 18, 389 [BGH 21.07.2017 - V ZR 250/15]; Brandbg MDR 13, 206 [OLG Brandenburg 21.06.2012 - 5 U 5/11]; s § 434 Rn 82). Leichtfertige/grob fahrlässige Unkenntnis, auch sich aufdrängender Mängel oder ein bewusstes Sichverschließen genügen nicht (BGH NJW 18, 389 Rz 17; ZIP 16, 1930 Rz 21; NJW 13, 2182 Rz 12 f gegen Vorinstanz Rostock NotBZ 12, 184, 186; NJW-RR 03, 989, 990; Kobl NJW-RR 17, 1366; Ddorf NJW-RR 14, 1462; Brandbg BeckRS 13, 20356: keine Kenntnis nicht sichtbarer Holzschäden trotz längerer Wohndauer in Fachwerkhaus; NJW-RR 14, 335, 336 [OLG Brandenburg 20.06.2013 - 5 U 50/12]). Entscheidend ist allein Kenntnis der mangelbegründenden Umstände, der Schluss auf den Mangel ist unerheblich (BGH NJW-RR 03, 989, 990 [BGH 07.03.2003 - V ZR 437/01]; NJW 13, 2182 [BGH 12.04.2013 - V ZR 266/11] Rz 14), daher ausreichend Kenntnis unzureichender Mangelbeseitigungsversuche (Brandbg BeckRS 13, 20357; Ddorf NJW-RR 14, 1462 [BGH 18.09.2014 - IX ZB 68/13]). Keine Arglist bei Sanierungsarbeiten durch Fachfirma (BGH NJW 16, 2315 [BGH 19.02.2016 - V ZR 216/14] Rz 19: auch ohne Erfolgskontrolle; Kobl NJW-RR 15, 151 [OLG Koblenz 16.09.2014 - 3 U 438/14] Rz 23), anders bei Kenntnis konkreter Umstände für mangelhaften Erfolg (BGH aaO Rz 20). Unerheblich ist, dass der Verkäufer den Mangel als unerheblich bewertete (Hamm v 28.11.22 – 22 U 28/22, juris Rz 65). 3 Fallgruppen sind anerkannt:

 

Rn 19

(1) Der Verkäufer muss Fragen des Käufers nach Eigenschaften oder Mängeln der Kaufsache richtig und vollständig beantworten (München BeckRS 15, 18687; zur aF BGHZ 74, 383, 392; vgl BAG NJW 94, 1363, 1364). Diese Pflicht ist auch verletzt, wenn der Verkäufer ›ins Blaue hinein‹ Angaben macht, dh Antworten gibt, obwohl er wusste/damit rechnete, ihm fehlen dafür die Kenntnisse, dies aber nicht offenlegt (BVerfG BeckRS 15, 47767 Rz 13; BGHZ 168, 64 Rz 13–15; BGH NJW 08, 644 [BGH 06.11.2007 - XI ZR 322/03] Rz 49; NJW-RR 12, 1078 [BGH 16.03.2012 - V ZR 18/11] Rz 28; Brandbg NJW-RR 2014, 335, 336 f [OLG Brandenburg 20.06.2013 - 5 U 50/12]; Hamm NJW-RR 17, 1013 [OLG Hamm 02.03.2017 - 22 U 82/16] Rz 39). Bsp: Erklärung der Unfallfreiheit ›nach Angabe des Vorbesitzers‹ ohne Rücksprache mit diesem (Naumbg NJW 14, 1113, 1114 [OLG Naumburg 24.10.2013 - 1 U 44/13]); Anbieten eines Kfz mit ›Umweltplakette 4 (Grün)‹ ohne Hinweis auf diesbezügliche Begrenztheit des eigenen Kenntnisstands (LG Nürnberg-Fürth NJW-RR 20, 304, 304); Anpreisung eines Gebäudes als ›Massivbauweise‹ ohne Kenntnis der verwendeten Materialien (LG Bonn v 31.1.22 – 17 O 331/21 juris Rz 18 f). Gleichermaßen bei Versicherung des Verkäufers, keine Kenntnis von Mängeln zu haben, obwohl er weiß, dass er hierfür nicht über die erforderlichen Informationen verfügt (München BeckRS 21, 24544 Rz 108). Bloß fahrlässig falsche Angaben begründen keine Arglist (BGH NJW-RR aaO: Unsicherheit über Ursache des Mangels; BGH NJW 14, 211 [BGH 19.06.2013 - VIII ZR 183/12] Rz 26–28 auch generell zur Zusicherung der Unfallfreiheit durch Händler; Köln BeckRS 12, 20572: ca. Angaben; Bremen NJW-RR 14, 791, 792 [OLG Bremen 21.11.2013 - 3 U 23/13]: gutgläubige Bestätigung versehentlich falscher Angaben im Maklerexposé; vgl auch BVerfG BeckRS 15, 46667 Rz 13).

 

Rn 20

(2) Eine Pflicht zur ungefragten Offenbarung besteht bei Vorliegen einer besonderen Vertrauensbeziehung (zu aF BGH MDR 78, 1009).

 

Rn 21

(3) Vor allem folgt sie aus der stRspr, dass der Verkäufer den ...

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