Gesetzestext

 

Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen ist.

A. Bedeutung.

 

Rn 1

§ 399 statuiert zwei Ausnahmen vom Grundsatz der Übertragbarkeit von Forderungen. Der Schuldner ist nach der Norm vor einem Gläubigerwechsel geschützt, wenn durch den Forderungsübergang sich der Inhalt der Leistungspflicht ändern würde (§ 399 Alt 1) oder er mit dem Gläubiger einen Abtretungsausschluss vereinbart hat (§ 399 Alt 2). Der Abtretungsausschluss wg Inhaltsänderung erfasst Ansprüche, deren Identität durch die Person des Gläubigers bestimmt werden (personenbezogene Ansprüche) sowie rechtlich unselbstständige Neben- u Hilfsrechte. Beruht die Unabtretbarkeit der Forderung auf einer besonderen Zweckbindung, so kann die Abtretung gleichwohl zulässig sein, wenn der Zessionar den Leistungserfolg (zB Unterhalt des Zedenten) im Ergebnis sicherstellt. Die Möglichkeit eines pactum de non cedendo dient dem Interesse des Schuldners an einer klaren u übersichtlichen Vertragsabwicklung. Außerdem kann ihm daran gelegen sein, über die § 399 Alt 1 unterfallenden Konstellationen hinaus, die von ihm geschuldete Leistung an einen bestimmten Gläubiger zu erbringen (krit Stamm JZ 22, 1093 ff).

 

Rn 2

§ 399 ist nicht abschließend. So ergibt sich ein Ausschluss etwa aus § 134 iVm Verbotsgesetzen wie § 203 StGB (§ 134 Rn 35, 40), § 3 RDG (BGH NJW 20, 208), §§ 400, 473, 711a nF BGB. Im Einzelfall kann sich die Unzulässigkeit der Abtretung aus § 242 ergeben, wenn der Schuldner durch die Zession unzumutbar belastet würde (vgl § 398 Rn 12).

 

Rn 3

Kraft der Verweisung des § 412 gilt § 399 auch für den gesetzlichen Forderungsübergang. Aus dem Zweck der die cessio legis anordnenden Vorschrift kann sich aber ergeben, dass sie auch unabtretbare Forderungen erfassen soll (BGHZ 141, 173, 176 f; BAG NJW 66, 1727; BFH NJW 05, 1308).

B. Abtretungsausschluss wegen Inhaltsänderung (§ 399 Alt 1).

I. Personenbezogene Ansprüche.

 

Rn 4

Als personenbezogene Ansprüche nicht abtretbar sind Ansprüche auf Ausführung eines Auftrags (§ 664 II), Auskunft nach § 15 Abs 1 DSGVO (BVerwG ZIP 20, 2585), Beihilfe (BVerwG NJW 97, 3256 f; Ausn: Abtretung an den Gläubiger der beihilfefähigen Forderung, BAG DB 70, 1327; BGH WM 08, 87, 88), Berufsunfähigkeitsrente (KG VersR 03, 490; Oldbg NJW-RR 94, 479), Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (BGH NJW 10, 1074, 1076 f), Corona-Soforthilfe (BGHZ 229, 94; BFH NJW 20, 2749), Dienstleistung (§ 613 2), Entschädigung nach Art 41 EMRK (BGHZ 189, 65) u wg sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich (BGH NJW-RR 14, 1009), Erschließungsbeiträge (Hamm NJW-RR 92, 22), Flutopferhilfe (Ahrens NZI 21, 801), Freistellung von einer Verbindlichkeit – anders bei Abtretung an den Gläubiger der geschuldeten Leistung, in dessen Hand sich der Befreiungsanspruch dann in einen Zahlungsanspruch verwandelt (BGHZ 12, 136, 141; 23, 17, 22; 41, 203, 205; NJW 11, 2351), Gebrauchsüberlassung (BGH NJW 72, 2036; 03, 2987), Mietkaution (BGH NJW 12, 3032, 3033 [BGH 25.07.2012 - XII ZR 22/11]), Rückzahlung überzahlter Miete bei Verstoß gg die sog ›Mietpreisbremse‹ (BGH NJW-RR 20, 779 [BGH 08.04.2020 - VIII ZR 130/19]), Prozesskostenvorschuss gem § 1360a IV – Ausn: Abtretung an Anwalt oder Gerichtskasse (BGHZ 94, 316, 322), Rückzahlung wg Bedürftigkeit des Schenkers (Köln NJW 00, 295) – anders, wenn der Zessionar dem Zedent eine gleichwertige Leistung zur Unterhaltssicherung gewährt (BGHZ 127, 354, 357), Schenkung, Unterhalt in Natur zB durch Wart- u Pflegeleistungen, soweit nicht ohnehin § 400 eingreift (BGH NJW-RR 10, 1235, 1236 [BGH 04.12.2009 - V ZR 9/09]), Urlaub (BAG AP § 611 (Urlaubsrecht) Nr 7, 17, 42), vermögenswirksame Leistung (LAG Hamm DB 82, 1523, 1524), Versorgungsausgleich (BGH NJW-RR 07, 1553, 1554 [BGH 24.05.2007 - IX ZR 142/05]), Vertragsschluss aus einem Vorvertrag, zweckgebundene Leistung des Treugebers an Treuhänder (BGH NJW 91, 2906 [BGH 10.06.1991 - II ZR 247/90]).

 

Rn 5

Für abtretbar erklärt wurden Ansprüche auf Geldzahlungen aus einem Altenteil, selbst wenn dieses auch höchst persönliche Leistungsansprüche gewährt (BGH NJW-RR 10, 1235, 1236 [BGH 04.12.2009 - V ZR 9/09]), Arbeitnehmersparzulage (BAG DB 76, 2116, 2117 [BAG 23.07.1976 - 5 AZR 474/75]), Auslagenersatz des Beschuldigten im Strafverfahren (Kobl AnwBl 75, 100), Belegung von Wohnungen aus einem Werkförderungsvertrag jedenfalls an den Geschäftsnachfolger (BGH NJW 72, 2036 [BGH 25.09.1972 - VIII ZR 102/71]), Darlehensvalutierung (RGZ 38, 308, 311; 77, 407, 408) – anders aber bei Zweckbindung (BGH NJW 01, 1938), Entschädigung nach § 15 II AGG (BGH ZIP 20, 1565); Freistellung gg D&O-Versicherung (BGH NJW 16, 2184), Eigentumsverschaffung (BGH NJW 94, 2947, 2948 [BGH 17.06.1994 - V ZR 204/92]), Ausgleich nach Art 7 FluggastrechteVO (AG Hannover RRa 12, 129), Zahlung aus einer Garantie (BGHZ 90, 287, 291), Rückzahlung einer zur Außervollzugsetzung eines Haftbefehls geleisteten Kaution (BGH NJW 16, 1451), Mie...

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