Rn 29

Nach § 310 I 1 bildet im unternehmerischen Geschäftsverkehr und ggü Unternehmen und juristischen Personen des Öffentlichen Rechts § 307 die alleinige Grundlage der Inhaltskontrolle. IRd auch hier gebotenen überindividuellen Betrachtungsweise (s Rn 9, 23) ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber generell von einer erhöhten Selbstverantwortung des Unternehmers für seine geschäftlichen Angelegenheiten ausgeht. Unternehmern wird grds die Fähigkeit zur privatautonomen Gestaltung ihrer Rechtsverhältnisse unterstellt (Handelsgeschäfte-Hdb/Pfeiffer § 1 Rz 8; vgl auch zum EU-Recht Lehne ZEuP 07, 3). Dies ist auch iRv § 307 zu berücksichtigen (BGH NJW 03, 886 [BGH 17.12.2002 - X ZR 220/01]).

 

Rn 30

Der unternehmerische Kunde verdient daher nicht im gleichen Maße Schutz durch den Gesetzgeber, wie dies im b2c-Verkehr der Fall ist (Wackerbarth AcP 200, 82 ff; Wolf 50 Jahre BGH, I, 120 ff). § 310 I 2 Hs 2 verlangt zudem, dass Handelsbräuche ebenso wie unternehmerische Interessen und Bedürfnisse bei der Inhaltskontrolle angemessen berücksichtigt werden. Dies gilt auch für die Interessenabwägung iRv § 308, dessen Katalog auf die Wertung iRv § 307 ausstrahlt (U/B/H/Ulmer/Schäfer § 310 Rz 31). Nach stRspr liefert ein Verstoß gegen § 309 ein Indiz für die Unangemessenheit nach § 307 (BGHZ 228, 353 Rz 48; 174, 5; 103, 328; NJW 03, 886). Eine Klausel kann aber im b2c-Verkehr als unangemessen, im b2b-Verkehr dagegen als angemessen gelten (Grüneberg/Grüneberg § 307 Rz 39 aE; BRHP/H. Schmidt § 307 Rz 98, 100). Innerhalb des b2b-Verkehrs ist danach zu unterscheiden, ob die Gegenseite einer Kundengruppe mit typischerweise dem Verbraucher vergleichbarer Schutzbedürftigkeit angehört oder einer Kundengruppe zuzuordnen ist, die typischerweise zur Selbstvorsorge in der Lage ist, so dass eine AGB-typische Gefährdungslage nicht vorliegt (Berger/Kleine BB 07, 2139; vgl auch BGH NJW 90, 1602 [BGH 09.02.1990 - V ZR 200/88]). S.a. zum Transparenzgebot Rn 15; zum Aushandeln § 305 Rn 13; zur Indizwirkung der Handelsüblichkeit einer nicht unter §§ 308f fallenden Klausel § 310 Rn 3. Zu Haftungsfreizeichnungen § 309 Rn 47.

 

Rn 31

Die Leitbildfunktion der Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff) kann nicht auf den unternehmerischen Verkehr übertragen werden (s Vor §§ 433 ff Rn 9–11 aE; Stoffels Rz 65; Dauner-Lieb NJW 04, 1432; Westermann JZ 01, 535). Zu Haftungsbegrenzungsklauseln Arnold ZGS 04, 16.

 

Rn 32

All dies gilt jedenfalls dann, wenn zwischen den Parteien kein erhebliches Machtungleichgewicht besteht. Bei den früheren Minderkaufleuten oder Kleinstgewerbetreibenden (Pfeiffer NJW 99, 169) ebenso wie in extremen Machtungleichgewichtslagen (Industrieproduzent-Zulieferer) kann dagegen durchaus eine dem b2c-Geschäft vergleichbare Interessenlage bestehen.

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