Leitsatz (amtlich)

›Der die Abtretung eines Grundschuldrückgewähranspruchs betreffende formularmäßige Zustimmungsvorbehalt der Bank ist jedenfalls dann wirksam, wenn die Grundschuldsicherheit nicht von dem Grundstückseigentümer gegeben wurde.‹

 

Verfahrensgang

OLG Zweibrücken

LG Frankenthal (Pfalz)

 

Tatbestand

Die Beklagte gewährte ihrem Kunden L und seiner Ehefrau ein Darlehen über 430.000 DM. Als (zusätzliche) Sicherheit trat L eine ihm von seiner Mutter bestellte Grundschuld über 200.000 DM ab. Ziffer VIII Nr. 3 der vereinbarten Allgemeinen Darlehensbedingungen bestimmt, daß der Rückgewähranspruch nur mit Zustimmung der Beklagten abgetreten werden kann. L trat seinen Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld an M. K zur Sicherung einer ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeit ab. Eine Abschrift der Erklärung erhielt die Beklagte zur Kenntnis. K verkaufte seine Forderung gegen L an den Kläger und trat diesem auch den Rückgewähranspruch ab.

Nachdem die Forderung der Beklagten getilgt war, bewilligte diese die Löschung der Grundschuld. Anschließend verkaufte die Eigentümerin das Grundstück für 24.000 DM.

Der Kläger konnte seine Forderung gegen L in Höhe von 128.400 DM nicht realisieren. Er verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 24.000 DM und vertritt die Auffassung, daß die Beklagte die Löschung der Grundschuld nicht habe bewilligen dürfen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält die Beklagte zum Schadensersatz für verpflichtet, weil sie die Erfüllung des dem Kläger abgetretenen Grundschuldrückgewähranspruchs durch die Bewilligung der Grundschuldlöschung unmöglich gemacht habe. Der in den Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten enthaltene Zustimmungsvorbehalt für Abtretungen des Grundschuldrückgewähranspruchs sei gemäß § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz unwirksam.

Die hiergegen gerichtete Revision hat Erfolg und fuhrt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch schon deswegen nicht zu, weil der Sicherungsgeber L den Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld gemäß Ziffer VIII Nr. 3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen ohne die Zustimmung der Beklagten nicht abtreten konnte (§ 399 BGB).

1. Die Beklagte hat der Abtretungserklärung nicht zugestimmt. Die entsprechende Feststellung des Berufungsgerichts ist verfahrensfehlerfrei getroffen. Insbesondere ist es - entgegen der Rüge des Revisionsbeklagten - nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht über die von dem Kläger behauptete Äußerung des Bankdirektors M, die Beklagte halte die Grundschuld künftig treuhänderisch für K, den angebotenen Beweis nicht erhoben hat. Denn die Revisionserwiderung zeigt keinen Vortrag in den Tatsacheninstanzen auf, welcher der von dem Berufungsgericht vorgenommenen Würdigung dieses tatsächlichen Vorbringens seine Grundlage entziehen würde.

Die Beklagte hat der Abtretung auch nicht stillschweigend zugestimmt. Bloßes Schweigen ist keine Zustimmung. Etwas anderes hätte nur dann zu gelten, wenn die Beklagte nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte gehalten gewesen wäre, einen abweichenden Willen zu äußern. Dafür sind aber keine Umstände ersichtlich. Die Beklagte ist zur Erteilung der Zustimmung oder zur Abgabe einer Erklärung nicht aufgefordert worden. Sie war hierzu auch nicht allein wegen der Zusendung der Abtretungsanzeige durch einen Notar verpflichtet.

2. Der in den Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten enthaltene Zustimmungsvorbehalt ist wirksam.

Eine Vereinbarung, welche die Abtretbarkeit einer Forderung von der Zustimmung des Schuldners abhängig macht, ist ebenso wie ein Ausschluß der Abtretbarkeit nach § 399 BGB zu beurteilen (BGHZ 40, 156, 161). Eine solche Vereinbarung fügt der Forderung nicht ein ihrem Wesen fremdes Veräußerungsverbot hinzu, sondern läßt die Forderung von vornherein als ein unveräußerliches Recht entstehen mit der Folge, daß die Forderung nur mit Zustimmung des Gläubigers abgetreten werden kann. Eine ohne Zustimmung erfolgte Abtretung ist nicht nur dem Schuldner, sondern jedem Dritten gegenüber unwirksam ( st. Rspr. vgl. BGHZ 40, 156, 160; 102, 293, 300)

a) Eine Vereinbarung, wonach die Abtretung einer Forderung von der Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht wird, ist grundsätzlich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig (BGHZ 77, 274, 275; 102, 293, 300; BGH Urt. v. 11. Mai 1989, VII ZR 150/88, BGHR BGB § 399 - Abtretungsausschluß 1; Urt. v. 29. Juni 1989, VII ZR 211/88, BGHR BGB § 399 - Abtretungsausschluß 2). Eine solche Klausel ist jedoch nach § 9 AGBG unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Zustimmungsvorbehalt nicht besteht oder die berechtigten Belange des Kunden an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen (BGHZ 65, 364, 366; 82, 162, 171; BGH Urt. v. 15. Juni 1989, VII ZR 205/88, NJW 1989, 2750).

b) Soweit das Schrifttum Zustimmungsvorbehalte nicht grundsätzlich für unzulässig hält (so aber Wolf, AGB-Gesetz 2. Aufl. § 9 Rdn. 726; vgl. auch Brandner, AGB-Gesetz 6. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rdn. 2; Hadding/van Look, Vertraglicher Abtretungsausschluß, WM Sonderbeilage Nr. 7/1988 S. 11), werden Bedenken speziell für den Grundschuldrückgewähranspruch - soweit ersichtlich - bisher nicht geltend gemacht (vgl. Scholz/Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 6. Aufl. 1986, Rdn. 234, 751, 756; Clemente, Die Sicherungsgrundschuld in der Bankpraxis, 1985, Rdn. 170; Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschulden, 4. Aufl. 1984, S. 133 Nr. 10.34; S. 143 Nr. 11.13; Zeller/Stöber, ZVG 13. Aufl. 1989, § 114 Anm. 7.8 a; Erman/Räfle, BGB 8. Aufl. § 1191 Rdn. 29). Ob dies im Hinblick darauf, daß der Rückgewähranspruch in der Kreditsicherungspraxis vor allem als zusätzliche Sicherheit eines nachrangigen Grundpfandgläubigers (vgl. BGHZ 104, 26, 29; Senatsurt. v. 19. Januar 1990, V ZR 249/88 - für BGHZ vorgesehen; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Band II § 28 IV 2, S. 440; Staudinger/Scherübl, BGB 12. Aufl. § 1191 Rdn. 62) mittelbar auch für den Sicherungsgeber besondere Bedeutung erlangt hat, für alle denkbaren Vertrags- oder Fallgruppen gerechtfertigt ist, bedarf keiner Entscheidung.

Im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGB-Gesetz sind bei der gebotenen generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen (BGH Beschl. v. 8. Januar 1986, VIII ARZ 4/85, NJW 1986, 2102, 2103; Beschl. v. 1. Juli 1987, VIII ARZ 9/86, NJW 1987, 2575, 2576) und es ist zu prüfen, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts (vgl. § 17 Nr. 2 AGB-Gesetz) generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BGHZ 98, 303, 308). Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen für verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, so ist die Abwägung in den durch die am Sachgegenstand orientierte typische Interessenlage gebildeten Vertrags- oder Fallgruppen vorzunehmen und kann zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen (BGH Urt. v. 31. Oktober 1984, VIII ZR 226/83, WM 1985, 24, 31; Beschl. v. 8. Januar 1986 aaO und v. 1. Juli 1987 aaO; Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 6. Aufl. § 9 Rdn. 77). Darin liegt keine - unzulässige - "geltungserhaltende Reduktion". Das Verbot gilt nur für die Wirksamkeitsprüfung innerhalb einer Fallgruppe.

Bei dem Grundschuldrückgewähranspruch bestimmt sich die Interessenlage nach dem jeweiligen Sicherungsvertrag. Ist Sicherungsgeber nicht der Grundstückseigentümer, sondern ein Dritter, so erschöpft sich sein Interesse im wesentlichen an der Ausschöpfung des Grundpfandrechts als Kreditunterlage. Die Möglichkeit, den Rückgewähranspruch als zusätzliche Sicherheit nachrangiger Grundpfandgläubiger zur Verstärkung der bestehenden Sicherheit oder zur Erhöhung des Sicherungsumfangs im Interesse der Ausweitung des von diesen eingeräumten Kreditrahmens zu nutzen, ist ihm - anders als dem Grundstückseigentümer - in der Regel nicht eröffnet. Daher muß bei der Inhaltskontrolle jedenfalls danach unterschieden werden, wer die Sicherheit gegeben hat.

Wird die Grundschuld - wie hier - nicht vom Grundstückseigentümer, sondern von einem Dritten als Sicherheit gegeben, so benachteiligt der für die Abtretung des Grundschuldrückgewähranspruchs von der Bank ausbedungene Zustimmungsvorbehalt den Sicherungsgeber nicht unangemessen.

Eine solche Klausel schützt das Interesse der Bank, die Verwaltung der Sicherheiten zu vereinfachen und der bei freier Abtretbarkeit aus etwaigen Mehrfach- und Teilabtretungen folgenden Unübersichtlichkeit der Verhältnisse zu begegnen. Dieses Interesse an klarer und übersichtlicher Vertragsabwicklung hat der Bundesgerichtshof schon früher bei Kaufhäusern als Verwendern anerkannt, die vielfältige Geschäftsbeziehungen und zahlreiche Filialen unterhalten (BGHZ 77, 274, 275). Für eine im Filialsystem organisierte Hypothekenbank mit Großgruppengeschäften und komplexen Kreditabwicklungen kann insoweit nichts anderes gelten.

Der Zustimmungsvorbehalt verfolgt außerdem den Zweck, den angesichts der modernen Arbeitsteilung und des Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung durch die Bestimmungen der §§ 407, 408 BGB nur unzureichend gewährleisteten Schuldnerschutz zu stärken. Da dieser Schutz bei Kenntnis von der Abtretung versagt, laufen große Kreditinstitute bei freier Abtretbarkeit von Grundschuldrückgewähransprüchen Gefahr, daß ihnen die Kenntnis eines mit der Sache sonst nicht befaßten Angestellten über eine Abtretung zugerechnet wird (vgl. BGH Urt. v. 1. März 1984, IX ZR 34/83, NJW 1984, 1953; Urt. v. 1. Juni 1989, III ZR 277/87, WM 1989, 1368) und sie deswegen doppelt in Anspruch genommen werden. Auch dieses organisations- und geschäftstypische Risiko durch einen Zustimmungsvorbehalt aufzufangen, ist als ein legitimes Interesse der Beklagten zu berücksichtigen (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht 2. Bearb. 1981, Rdn. 1704; Hadding/van Look, Vertraglicher Abtretungsausschluß, WM Sonderbeilage 7/1988 S. 9).

Demgegenüber wiegt das Interesse des Sicherungsgebers, den Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld als Kreditunterlage wirtschaftlich zu nutzen, weniger schwer. Vor Tilgung der gesicherten Forderung kommt der Abtretung an einen Kreditgeber, der nicht durch ein nachrangiges Grundpfandrecht gesichert ist, nur ein geringer Sicherungswert zu. Abgesehen davon, daß der Anspruch auf Rückgewähr überhaupt ins Leere fiele, wenn auf die Grundschuld geleistet wird und so eine Eigentümergrundschuld entsteht, bleibt auch sonst unsicher, ob der Zessionar den Anspruch realisieren kann. Dies hängt zum einen von der Zahlungsfähigkeit des Sicherungsgebers, zum anderen davon ab, ob und inwieweit die Grundschuld zur Sicherung anderen Verbindlichkeiten des Sicherungsgebers revalutiert werden kann. Solange dies möglich ist, hat der Rückgewähranspruch nur begrenzten Wert (Erman/Räfle, BGB 8. Aufl. § 1191 Rdn. 26; Serick aaO § 28 IV 2, S. 439; Clemente, Die Sicherungsgrundschuld in der Bankpraxis 1985 Rdn. 177; Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschulden 4. Aufl. S. 147 Nr. 11.31; Staudinger/Scherübl, BGB 12. Aufl. § 1191 Rdn. 60). Erst nach Erledigung des Sicherungszwecks kann der Anspruch zur Sicherung eines neuen Kredits herangezogen werden. Da der neue Gläubiger den Kredit aber in der Regel nur nach Abtretung der Grundschuld gewähren wird, ist in Wahrheit die Grundschuld das Sicherungsmittel und nicht der Rückgewähranspruch. Der abgetretene Rückgewähranspruch vereinfacht und beschleunigt allerdings die Übertragung der Grundschuld (Serick aaO S. 440; Staudinger/Scherübl aaO). Dies gilt auch für den Fall der Teilerledigung des Sicherungszwecks, sofern eine endgültige Übersicherung eingetreten ist und der Sicherungsgeber die Rückgewähr eines entsprechenden Teils der Grundschuld verlangen kann (Senatsurt. v. 10. Juni 1983, V ZR 252/80, NJW 1984, 169, 171 und v. 8. Dezember 1989, V ZR 53/88 - zur Veröffentl. bestimmt). Das Interesse, die Übertragung der Grundschuld zu beschleunigen und zu vereinfachen, wiegt aber nicht schwerer als das Interesse der Beklagten. Ist Rückgewährreife eingetreten, ist der Sicherungsgeber durch die Vorschriften über den Verzug vor einer verzögerlichen Abwicklung ausreichend geschützt.

3. Da die Klage nach alledem schon wegen Wirksamkeit des hinsichtlich einer Abtretung des Rückgewähranspruchs in den Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten enthaltenen Zustimmungsvorbehalts unbegründet ist, kommt es auf die anderen von der Revision aufgeworfenen Fragen nicht an. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993018

BGHZ 110, 241

BGHZ, 241

BB 1990, 588

NJW 1990, 1601

BGHR AGBG § 9 Abs. 1 Abtretungsausschluß 1

BGHR AGBG § 9 Abs. 1 Typisierung 1

BGHR BGB § 1191 Rückgewähranspruch 9

BGHR BGB § 399 Abtretungsausschluß 3

DRsp I(120)173d

KTS 1990, 474

WM 1990, 464

ZIP 1990, 439

DNotZ 1990, 561

MDR 1990, 608

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